Er hat den Soul mit Löffeln gefressen. Vor wenigen Monaten noch als Geheimtipp gehandelt, erfreut sich Ben L’Oncle Soul seit Erscheinen seines Debutalbums einer stetig wachsenden Fangemeinde. Im Dezember bringt er seine überaus unterhaltsame Live-Show wieder nach Deutschland. Gemeinsam mit seiner Band und seinen synchron schnippenden und das Tanzbein schwingenden Background-Sängern, wirkt Ben dabei wie eins zu eins aus den Sechziger Jahren herüber gebeamt.
Der Sound und der Look der Sechziger sind seine Welt. Der 26 jährige Franzose wuchs mit dem Motown Sound auf – heute hat er in seiner Heimat einen Vertrag mit Motown France. Als wir uns während der Berlin Music Week, kurz vor seinem Live-Autritt treffen, erzählt Ben mir, wie es zu der Erfüllung dieses Kindheitstraumes kam: „Ich habe in Tours, dort wo ich herkomme, die Kunsthochschule besucht. Parallel fing ich an, erste Songs zu schreiben, die ich auf Myspace veröffentlicht habe. Mein Manager hat mir dann Auftritte als Vorband von India Arie, Raphael Saadiq und Musiq Soulchild besorgt, und bei meinem ersten Auftritt in Paris waren Leute von Motown im Publikum. Was soll ich sagen, es hat ihnen gefallen.“ Er lacht. Das war’s. So einfach kann es gehen.
Ein anderer Musikstil kam für Ben nie in Frage. Soul sollte es sein, das war von Anfang an klar. „Ich höre auch andere Musik, Rock, Reggae und Hip Hop. Aber meine Mutter hat zu Hause immer nur Soul gehört. Ich bin mit Otis Redding aufgewachsen, er ist sozusagen mein Vater. Als sie mit mir schwanger war, hat sie sich das ‚Blue‘ Album von Otis Redding gekauft und es die ganzen neun Monate lang gehört. Mit 18 hat sie mich gefragt, was mein Lieblingssong von Otis Redding ist. Ich habe gesagt, dass ich das ‚Blue‘ Album liebe und mein Lieblingssong ‚A Change Is Gonna Come‘ ist. Es kam raus, dass das auch ihr Lieblingsstück ist, das sie immer gehört hat, als sie schwanger war.“
Seinen ersten durchschlagenden Erfolg hatte Ben hierzulande mit seiner Version von „Seven Nation Army“. Darüber, wieviele Cover des White Stripes Hits es inzwischen gibt, hat er sich im Vorfeld keine Gedanken gemacht. „Das sollte nur ein Spaß sein“, sagt er. „Ich hatte keine Ahnung, wie viele Aufnahmen es davon schon gibt, da ich nie Radio höre. Als ich die White Stripes das erste Mal gehört habe, fand ich, sie klingen wie die neuen Rolling Stones. Otis Redding hat damals ‚Satisfaction‘ gecovert, da dachte ich, wenn die White Stripes die neuen Rolling Stones sind und ich sie covere, bin ich vielleicht der neue Otis Redding!“
Ob der Plan aufgeht? Zu wünschen wäre es ihm, denn damit hätte sich ein weiterer Kindheitstraum erfüllt. Und das Potential zum großen Soul-Star hat Ben L’Oncle Soul allemal, sowohl stimmlich als in Bezug auf seine Bühnenpräsenz. Die aufgeregte Frauenwelt packt bereits extra Unterwäsche ein, um das französische Energiebündel bei seinen Deutschland Auftritten im Dezember gebührend zu empfangen. Das wird ein Spaß. Hingehen ausdrücklich empfohlen!
Ben L’Oncle Soul Live:
14.12.2010 Köln, Stadtgarten
15.12.2010 Hamburg, Gruenspan
17.12.2010 Frankfurt am Main, Batschkapp
18.12.2010 München, Muffathalle
19.12.2010 Berlin, Festsaal Kreuzberg
Interview: Gabi Rudolph
Fotos (c) Lynn Lauterbach