Archive, 24.03.2015, Columbiahalle, Berlin

Das erste Mal habe ich Archive 2006 im Postbahnhof gesehen, ohne ihre Musik vorher zu kennen. Damals hat mich die Intensität ihres Konzertes schier aus den Socken gehauen. Seit diesem Tag sind fast neun Jahre vergangen, unzählige ihrer Konzerte hab ich im In- und Ausland gesehen und ich finde mich in der Columbiahalle wieder. Während man nach dem Konzert viele Stimmen der Begeisterung vernehmen kann frage ich mich, wo diese Intensität, die mich so begeistert, dieses Mal geblieben ist.

Für mich war es das schwächste Archive Konzert, das ich bisher gesehen habe und schon während des Konzertes konnte ich es nicht glauben. Wie kann es sein, dass mich meine liebste Lieblingsband nicht in totale Verzückung versetzt? Der Sound war sehr gut. Die Licht-/Videoshow zur Untermalung war auch gut, wobei man sich manchmal gefragt hat, warum kleine Actionkameras auf die beiden Sänger und Gitarristen Dave Pen und Pollard Berrier gerichtet waren, um bei einigen Songs ihr Konterfei auf den Videoleinwänden im Hintergrund zu zeigen. Schöne Idee, aber das visuelle Ergebnis war so lala.

Es war auch das erste Konzert von Archive, bei dem ich nicht in der ersten Reihe stand. Statt einer Vorband zeigten sie ihren Film „Axiom“, der im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde. Sie wollten ihn einer breiteren Öffentlichkeit zeigen, wie Dave Pen mir erklärte. Kann ich schlechte Vorbands durchaus ignorieren, geht es bei dem Film nicht. Zweimal gesehen und zweimal Albträume bekommen, inklusive mit klopfendem Herzen mitten in der Nacht aufwachen. Ich könne ja an der Bar warten, lachte Dave als ich ihm das erzählte. Ich kam einfach viel später zum Konzert und fand mich am Ende zwischen quatschenden Bahnhofskonzertgängern wieder. Wieso fangen manche eigentlich immer dann an zu reden, wenn ein ruhigeres Stück kommt und gehen gefühlt zwanzigmal zur Bar? Aber selbst solche Leute kann ich vergessen, wenn ich von der Musik weggetragen werde. Diesmal nicht.

Die – ich kann es nicht anders sagen – Enttäuschung machte sich erst im Laufe des Konzertes breit. Den Anfang bildeten „Feel It“ und „Kid Corner“ aus ihrem aktuellen Album „Restriction“ – zwei äußerst tanzbare Nummern, die Videoprojektionen lehnten sich an die dazugehörigen Musikvideos an. Ab Lied Nummer Drei fing es dann an. Holly Martin, seit zwei, drei Jahren Mitglied im Kollektiv, sang „You Make Me Feel“, aus dem Album „Take My Head“ (1999). Es war irgendwie flach. Vielleicht ist es ein Problem, wenn man eine Band so oft gesehen hat und auch verschiedene Sänger miterlebt hat. Ich habe sehr, sehr viel bessere Versionen dieses Songs live erlebt. Ich erinnere mich sehr genau daran, wie ich ihn zum ersten Mal live gehört habe. Damals von der zweite Sängerin, Maria Q, die mittlerweile leider selten bei den Tourneen dabei ist. Sie ließ mich fühlen, alles. Zwar ist Holly keine schlechte Sängerin, aber sie kann Maria noch nicht das Wasser reichen. Vielleicht liegt es auch einfach nur an den verschiedenen Timbres ihrer Stimmen. In ihren eigenen Songs wie „Violently“ ist Holly stimmlich einfach besser aufgehoben.

An und für sich war die Setliste großartig – immerhin umfasste sie das gesamte Werk: Mit „Nothing Else“ von ihrem ersten Album „Londinium“ (1996) bis heute. Die komplette Bandbreite, aber teilweise zu ruhig für mich. Auch im Publikum wurde es teilweise sehr ruhig, wenn mal ein ganz alter oder brandneuer Song kam. Aber abgesehen davon herrschte Begeisterung, es gab Applaus und Jubel ohne Ende bis hin zur Zugabe.

Diese hat mich dann auch ein bisschen versöhnt: Sie spielten „Lights“ aus dem gleichnamigen Album. Das 18 minütige Stück baut sich langsam auf, erst kamen nur die beiden Bandgründer Darius Keeler und Danny Griffiths zusammen mit Dave Pen auf die Bühne und fingen an, langsam die sphärischen Melodien aufzubauen. Nach und nach kamen die anderen zurück auf die Bühne und stiegen mit ein. Es ist immer wieder faszinieren das zu beobachten und so war es wenigstens ein wunderbarer Abschluss für mich. Nachdem Konzert hörte ich viele begeisterte Worte. Vielleicht liegt es einfach an mir, dass sie mich diesmal nicht so gepackt haben wie sonst.

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Worte: Dörte Heilewelt, Fotos: Markus Werner