Mit Diana Boccara und Leo Longo Around The World In 80 Music Videos

Man hat gut situierte Jobs in einer Filmproduktion und ein schönes Leben in Brasilien. Man hat aber auch einen Traum. Und eines Tages werden die Koffer packt und alles verkauft, um in die Welt zu ziehen und diesen Traum zu verwirklichen. Genau das haben die zwei super sympathischen Brasilianer Diana Boccara und Leo Longo gemacht. Berlin ist dabei nur eine von vielen Stationen, die die Beiden im Auftrag der Musik bereisen. In jeder Stadt suchen sie sich über airbnb oder Empfehlungen eine Bleibe und so sind sie letzten Sommer in Berlin zufällig bei unserer Chefredakteurin gelandet. Zweieinhalb Wochen waren sie in der Hauptstadt um Musikvideos mit Max Prosa, Dear Reader und Alin Coen zu drehen, bevor sie sich weiter auf den Weg nach London gemacht haben. Natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen, ein Interview mit den Weltenbummlern zu machen und ein bisschen genauer nachzufragen, was es mit dem Projekt „Around the world in 80 Music Videos” auf sich hat und wie es zu der Idee kam. Heute sind die beiden auf den Tag genau ein Jahr auf ihrem Weg rund um die Welt, sodass wir Euch das spannende Gespräch nicht länger vorenthalten wollen.

Erklärt doch mal ein bisschen Euer Projekt.

Diana: Es ist ein unabhängiges Projekt, das wir ins Leben gerufen haben und heißt „Around the world in 80 Music Videos”. Wir reisen dazu um die ganze Welt und drehen Videos, vornehmlich aus dem Bereich Rock oder damit verwandten Genres. Man findet überall Bands die Rock ‘n Roll machen. Die Musikvideos posten wir dann auf unserer Seite. Wir haben 80 Web-Serien und jede Serie besteht im Kern aus einem Video. Dazu haben wir dann die Infos zu unserem Trip, der Stadt in der wir gerade sind und ein Making Of, von unserem Leben zeigen wir also auch ganz schön viel. Man könnte sagen es ist die erste unabhängige weltweite Serie über Musikvideos. Das besondere an den Videos ist, dass sie alle in einer Einstellung gedreht sind, das heißt völlig ohne Schnitte. Das ist das kreative Element, das alle Videos miteinander verbindet.

Wie seid ihr auf diese Idee gekommen? Ist das nicht sehr einschränkend?

Leo: Eigentlich ganz einfach. Wir haben nicht die Zeit aufwändigere Produktionen zu machen, mit vielen Szenenwechseln, Editing etc.

Ist das nicht manchmal unglaublich schwierig, wenn der Shot nicht hinhaut? Dann muss man doch alles immer wieder von vorne machen?

Diana: Manchmal ist es wirklich schwer. Wenn man nur einen kleinen Fehler macht, kann man nichts raus schneiden. Aber es kommt drauf an, manchmal machen wir auch einfach weiter, wenn es nicht so schlimm ist. Für uns hat die Zeitersparnis, die man bei einem One-Shot hat, wirklich einen großen Vorteil.

Leo: Die Bands haben häufig nicht so viel Zeit und mit dem One-Shot sind wir einfach viel schneller, im Vergleich zu anderen Formaten. Wir brauchen nur eine coole Location, eine coole Idee, die Band und einen Tag. Das ist alles.

Das Video mit Alin Coen, das ich hier in Berlin gemacht habt, stelle ich mir zum Beispiel total schwierig vor. Mit der ganzen Farbe hat man ja wirklich nur einen einzigen Versuch.

Diana: Oh ja, wir waren auch alle unglaublich nervös, inklusive Alin. Das war eines der schwierigsten Videos, die wir bisher gemacht haben. Wenn das nicht beim ersten Anlauf funktioniert hätte, hätten wir nichts in den Händen gehabt. Aber das ist ja auch gerade das Spannende, bei 80 Videos und 80 coolen Songs braucht man immer wieder neue Herausforderungen und muss sich manchmal auch selbst ein bisschen an die Grenzen bringen. Wir fragen uns jedes Mal, wie bekommen wir das noch cooler und besser hin.

 Alin Coen über das Projekt:

„Die Größe des Projektes ist einem beim Drehen des Videos gar nicht so bewusst. Man konzentriert sich ja auf das eine Video was man gerade macht, aber ich muss sagen, dass es schon das war, was mich am Anfang so neugierig gemacht hat, dass zwei Leute sich so ein tolles (und großes) Vorhaben ausdenken und dann auch tatsächlich umsetzen. Da wollte ich gerne mitmachen. Es war super entspannt mit Diana und Leo zusammenzuarbeiten, weil die zwei einfach sehr kooperativ und kreativ sind. Noch dazu lässig, unheimlich positiv und super gut organisiert. Sie sagen gerne mal „awsome!“. Diese Positivität macht, dass man sich sehr wohl fühlt und sich traut, Ideen vorzuschlagen, die man sich mit anderen Teams nicht trauen würde.“

Wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen, dieses Projekt zu machen?

Diana: Leo ist ursprünglich ein TV-Producer und ich bin ein TV-Writer, wir haben beide in sehr großen Produktionen gearbeitet. Allerdings hatten wir da immer das Gefühl was wir machen ist fremdbestimmt. Wie das halt so ist in großen Firmen.

Leo: Wir waren trotzdem happy, mit dem was wir gemacht haben. Wir hatten wirklich tolle Jobs. Allerdings hatten wir irgendwann das Gefühl wir brauchen etwas Neues.

Diana: Es hat uns sehr interessiert etwas Digitales zu machen, da es aus unserer Sicht das beste Medium ist, etwas mit der ganzen Welt zu teilen, was man gemacht hat.

Warum habt ihr dabei das Thema Musik gewählt?

Leo: Weil Musik etwas ist, das wir beide sehr lieben.

Diana: Wir hatten ein bisschen Zeit vor zwei Jahren, da sind wir nach Nashville gefahren. Das hat uns so inspiriert, dass wir danach einen Monat lang einen Road Trip gemacht haben durch alle Musikstädte im Süden Amerikas. Als wir zurück kamen, hatten wir das Gefühl wir möchten gerne weiter auf Reisen gehen und etwas mit Musik machen. Es wird wie eine Sucht. Wir haben dann überlegt, was wir aus diesem Gefühl machen können – aus dem Reisen und aus der Musik.

Leo: Wir kennen uns mit Musik ganz gut aus. Porjekte in Form von Kollaborationen umzusetzen entspricht unserem Lebensstil. Wir waren schon immer gute Networker und haben Dinge gerne im Team umgesetzt. Das macht uns Spaß und bereichert doch wahnsinnig das Leben, wenn man mit anderen Menschen zusammenarbeitet. Es ist für uns eine neue Herangehensweise unseren Job zu machen. Die Bands zahlen uns nichts, wir zahlen den Bands nichts. Wir haben keine großen Budgets, es geht also nicht um Geld bei der Umsetzung, sondern um die Zusammenarbeit und die kreativen Ideen. Wir wollen den Menschen zeigen, wenn ihr Euch zusammen tut, könnt ihr gemeinsam etwas bewegen und entstehen lassen.

Am Ende geht es doch um eine gute Idee. Wie überzeugt ihr die Künstler davon?

Diana: Wir erklären unser Herangehen den Musikern, manchmal kommt die Idee von ihnen und manchmal von uns und oft entwickeln wir eine Idee auch zusammen. Das ist total unterschiedlich. Natürlich ist das auch nicht immer leicht, da wir das kreative Format des One-Shot gewählt haben.

Ihr habt gerade erzählt bevor wie wir uns verabredet haben, dass ihr gerade ein Skript fertig gemacht habt. Schickt ihr das dann an die Künstler zur Freigabe?

Leo: Ja genau.

Diana: Wir haben mittlerweile einen richtigen Workflow entwickelt. Wir schicken ihnen zuerst ein Konzept wie wir arbeiten und dann entwickeln wir das zusammen. Es ist von Anfang an eine Kollaboration.

Sind es dann auch Freunde der Musiker, die Euch bei der Umsetzung helfen?

Diana: Ja, bei Alin Coen haben ihre ganzen Freunde bei der Umsetzung geholfen. Das sind zum größten Teil auch alles Musiker. Es war total großartig. Oft machen wir in der jeweiligen Stadt auch einen Facebook Aufruf um Menschen zu finden, die uns bei der Umsetzung unterstützen.

Wie geht ihr bei Eurer Auswahl vor?

Diana: Wir fragen Bands an, die uns gut gefallen oder die wir empfohlen bekommen. Meistens suchen wir nach einem Song, von dem wir glauben, dass er zum Projekt passt und fragen an. Bei Alin zum Beispiel hat uns der Manager vier Songs geschickt, aus denen wir aussuchen konnten. Das funktioniert eigentlich auch am besten, wenn wir eine Auswahl haben. Voraussetzung für jeden Song ist, dass es noch kein Video dazu gibt. Die Bands können das Video dann auch ganz offiziell zur Veröffentlichung nutzen.

Leo: Wir versuchen uns dann in die Musik rein zu hören und mit der Band zu sprechen um daraus etwas zu entwickeln, was am besten passt. Sowohl zu dem Song als auch von der Umsetzung bzw. Machbarkeit.

Diana: Bei Alin haben wir den Song gehört und dann war es die Geschichte dahinter, die uns auf die Idee zum Video gebracht hat. Sie hat uns erzählt wann sie den Song geschrieben hat und unter welchen Umständen und was sie dabei fühlt. Das hat uns dann inspiriert.

Leo: Das ist aber nicht die Regel. Manchmal hörst Du einen Song und denkst: Straße, Auto, Nacht. Das ist es!

Ist das nicht unheimlich anstrengend sich in so einem schnellen Rhythmus dauernd eine neues Video auszudenken?

Leo: Ich denke eigentlich über kaum etwas anderes nach. Jeden Abend, jeden Morgen. Jeden Tag. Diana macht die ganze Organisation: alle Anfragen, die Planung und ich versuche neue Ideen zu entwickeln.

Wie finanziert ihr euch? Das kostet ja trotzdem alles Geld, ihr müsst irgendwo wohnen, ihr braucht manchmal Requisiten.

Leo: Hauptsächlich brauchen wir Geld zum Essen, Schlafen und um uns fortzubewegen. Wir haben über die letzten zwei Jahre Geld gespart. Ich habe mein Apartment, mein Auto und mein Motorrad verkauft um das alles zu realisieren. Wir versuchen aber auch Partner zu bekommen. Die Swiss zum Beispiel sponsert uns die ganzen Flüge in Europa. Wir haben angefragt, sie haben gesagt sie lieben das Projekt und jetzt bekommen wir die Tickets.

Das heißt ihr macht Partnerschaften mit Firmen wo es passt, ihr habt aber keinen größeren Sponser, der das ganze Projekt finanziert?

Leo: Nein, so ein Sponsership haben wir bewusst nicht gemacht. Wir wollen nicht, dass das Projekt einen kommerziellen Eindruck bekommt. Die Bands könnten sonst denken „oh die wollen nur Geld machen“, dann geht der kreative Aspekt verloren und viele wollen das dann nicht machen.

Ihr wollt Euch also die völlige Freiheit erhalten?

Diana: Ja, wir gehen wirklich nur Partnerschaften ein, für Dinge die wir gut brauchen können und die uns bei der Reise helfen, oder vor Ort bei der Übernachtung.

Wie ist Eure Erfahrung vor Ort? Lernt ihr viele Leute kennen?

Diana: Ja, es ist Wahnsinn. Wir treffen so tolle Menschen. Unsere Hosts bei denen wir übernachten, meistens airbnb, sind oft großartig. Sie geben uns Tipps, connecten uns mit Leuten, die uns vor Ort auch wieder helfen oder die wir treffen, so wie dich jetzt. Die Leute, bei denen wir in Portugal gewohnt haben, haben uns zu Freunden zum Essen eingeladen. Die mochten uns dann gleich so sehr, dass wir dort umsonst wohnen durften. Das war Wahnsinn. Es passieren ganz tolle Sachen und wir lernen ganz wunderbare Menschen kennen.

Hat euch auch schon mal ein Musiker eingeladen, dass ihr bei ihm bleiben könnt?

Diana: Ja, in Brasilien ist uns das passiert. Da haben uns zwei Bands eingeladen bei ihnen zu wohnen. Bei der einen Band hat uns die Mutter bekocht, das war total süß. Es entstehen wirklich so tolle Kontakte auf der ganzen Welt und zum Teil werden auch Freundschaften draus.

Leo: Daher ist es auch so wichtig, dass Projekt nicht nur von der Seite des Videomachens zu erzählen. Es geht auch um all die großartigen Leute, die wir kennen lernen, die Zusammenarbeit, die Partnerschaften. Ohne die ganzen tollen Menschen würde es nicht funktionieren. Das macht es einfach aus, es geht um die Leidenschaft und was daraus entsteht.

Nach so einem Erlebnis kann man doch nicht mehr zurück zum normalen Job, oder?

Leo: Nein, das geht auf keinen Fall. Wir können nicht zurück zu unserem normalen Leben gehen. Wir haben hiermit etwas Neues geschaffen und neue Türen göffnet.

Was macht ihr wenn ihr Eure Weltreise beendet habt? Gibt es dafür schon Pläne?

Leo: Ja, wir überlegen schon. Wir würden gerne ein Haus irgendwo außerhalb von Sao Paulo mieten um dort mit brasilianischen Musikern zu arbeiten.

Diana: In der Musikbranche geht es viel um Kollaborationen, das wollen wir fördern und ein Teil davon sein.

Leo: Das ganze Leben dreht sich um Kollaborationen.

Diana: Eigentlich können dort auch alle hin kommen, nicht nur Brasilianer. Es soll ein Ort zum Wohnen und zusammen arbeiten werden. Wir denken an Jam Sessions, die wir dann aufnehmen und im Web publizieren.

Das klingt alles so unglaublich spannend. Ich wünsche Euch noch ganz tolle Erlebnisse auf Eurer Reise. Vielleicht sehen wir uns ja, wenn ihr in Nashville seid. Da möchte ich auch so wahnsinnig gerne hin mit Eurer Berliner Gastgeberin.

Diana: Oh ja, kommt uns besuchen. Das wäre so schön, wenn wir uns wieder sehen.

Die Videos und den großartigen Trip könnt ihr auf folgenden Kanälen verfolgen:

https://www.youtube.com/channel/UCOdFrnyUAKy92KvyuKN0aqQ

https://www.facebook.com/atw80musicvideos/

instagram.com/atw80musicvideos/

Interview: Kate Rock