Mit 62 Jahren ein Solo Debüt-Album veröffentlichen und den Alleingang antreten? Warum eigentlich nicht. Rock’n’Roll hält ja bekanntermaßen jung. Und Chrissie Hynde hat eine Biografie, die sich sehen lassen kann.
Als Frontfrau der 80er Jahre Band Pretenders hat sie sich mit Songs wie „Don’t Get Me Wrong“ und einer Reihe an variablen Hits einen Platz in der Hall of Fame des Rock’n’Roll erspielt, sie schrieb Songs für Chris Spedding und Johnny Tunders, heiratete erst The Kinks Leadsänger Ray Davies und dann Simple Minds Sänger Jim Kerr und nahm ein Duett mit UB40 auf. Diese musikalische Referenzliste lässt sich noch endlos weiterschreiben, aber zurück zum Hier und Jetzt.
Mit dem Soloalbum „Stockholm“ bringt die Rocklegende nun am 6. Juni ihre erste eigene Scheibe auf den Markt. Es soll eine Mischung aus ABBA und John Lennon sein, bei der man gerne auch das Tanzbein schwingen kann, sagt sie.
Die Platte heißt demnach nicht zufällig „Stockholm“. Chrissie Hynde reiste über den großen Teich und holte sich Erfolgs-Produzent Bjorn Yttling an Bord, der unter anderem schon mit Franz Ferdinand gearbeitet hat, sowie Joakim Ahlund von den Caesars. Weitere schwedische Studio-Musiker sind ebenso verantwortlich, dass die ABBA Power-Pop Einflüsse die Platte dominieren. Diese hört man auch direkt bei der ersten Singleauskopplung „Dark Sunglasses“ und dem Track „You Or No One“ heraus. Mit dem Godfather of Grunge Neil Young als Gastmusiker gibt sie dem Sound allerdings den erwarteten John Lennon Spirit. Der kanadische Rockmusiker sorgt mit den passenden Gitarrenriffs bei dem Track „Down The Wrong Way“ für einen Richtungswechsel. Es folgt der Song „A Plan Too Far“, bei dem Chrissie Hynde vom Ex-Tennisspieler John McEnroe unterstützt wird, der sein Debüt als Gitarrist auf dieser Platte feiern darf. Es finden sich noch weitere erwähnenswerte Songs wie „You’re The One“ oder „Sweet Nuthin’“ auf der Scheibe, die das Zeug für einen typischen Radiosong hätten. Mit Tracks wie „Adding The Blue“ oder „Tourniquet“ kommt die Rock Musikerin dann auch mal runter und überzeugt mit leisen Tönen. Aber es muss ja auch nicht immer laut zur Sache gehen.
Ihr Plan scheint aufzugehen. „Stockholm“ ist ein authentisches Pop-Album, auf dem sie zeitgenössischen Sound mit ihrer immer noch hervorragenden Stimme kombiniert. Ein wohliges Album, das einem zwar nicht die Socken auszieht, aber einen angenehmen Gesamteindruck hinterlässt.
VÖ: 06.06.2014
Gehört von: Anne Schubert