Interview mit Daniel Weetman von The Black Seeds, Teil 1

Und was zu gewinnen gibt es am Ende auch noch!

Seit Sage und Schreibe 14 Jahren existieren The Black Seeds nun schon. Und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Gerade erst veröffentlichte die Kombo ihr langersehntes 6. Studioalbum “Dust and Dirt“, erstmalig über ihr eigenes Label Proville Records, im Vertrieb von Indigo. Aufgenommen und produziert haben sie alles in Eigenregie in ihrem Studio, das sich in einem Abrissgebäude in Wellington/Neuseeland befindet. Unterstützt wurden sie auch dieses Mal wieder Black Seeds Gitarrist und Produzent Mike Fabulous. Auch dieses Mal sind sie ihrem Stilmix aus Reggae mit Einflüssen aus Funk, Soul und Dub treu geblieben, denn das ist es, wo man sich musikalisch am meisten zu Hause fühlt. Höchste Zeit, sich mit Sänger, Songwriter und Percussionist Daniel Weetman zu treffen, und sich einige Fragen zum aktuellen Album, über das Tourleben und den Zukunftsplänen der Band beantworten zu lassen.

Zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast, das ist fantastisch! Genießt Du es, in Berlin zu sein, und gibt es etwas, das Dir besonders an Berlin gefällt?

Daniel: Oh ja, das tue ich. Ich bin heute Morgen um 7 Uhr in Amsterdam ins Taxi gestiegen und zum Flughafen gefahren. Im Flugzeug konnte ich noch etwas schlafen und ich habe kleine Zettel bekommen, auf denen ganz genau drauf stand, welchen Zug ich nehmen muss und wie ich genau, wo hin komme. Es war also wirklich easy, sich zurecht zu finden. Ich finde es grundsätzlich immer toll, wenn ich mich mit Leuten treffe, die sich für unser Album interessieren und mit mir darüber sprechen wollen. An Berlin mag ich die Street Art wirklich sehr. Du findest in jedem Bezirk ganz unterschiedliche Dinge. Es können alte Häuser sein, die aussehen, als wenn sie jeden Moment zusammen fallen, oder einfach alte Mauern und Hauswände, die dann verschieden besprüht oder bemalt sind, wodurch alles irgendwie aufgewertet wird. Es ist wirklich fantastisch.

Ich habe gelesen, dass Du es Dir vorstellen kannst, nach Berlin zu ziehen. Ist das mittlerweile ein konkreter Plan geworden?

Daniel: Nein. Es war nur so eine Idee. Aber die meisten von uns haben Familie, es geht also nicht einfach nur noch um die Band. Wenn wir auf Tour sind, ist es ja fast so, als würden wir für sechs Monate oder ein Jahr wo anders leben. Und dann müssen wir zu unseren Familien schon sagen, wenn sie uns bitten, nach einem Auftritt nach Hause zu kommen, dass es nicht geht und dass wir uns bald wieder sehen. Neuseeland ist eben sehr weit weg. Das ist manchmal sehr schwierig für uns. Aber das passiert halt, wenn man so weit weg wohnt.

Was kannst Du mir über die Musik-Szene in Neuseeland erzählen? Gibt es eine enge Verbindung zwischen den Musikern in Neuseeland?

Daniel: Auf jeden Fall. Ich meine, Wellington ist ein sehr kleiner Ort. Wenn Du durch die Straßen läufst, ist es sehr wahrscheinlich, dass Du auf jemanden triffst, der in einer Band spielt, die Du kennst, und manchmal verabredet man sich dann spontan zum jammen und so weiter. Es gibt lediglich vier Hauptstraßen dort. Es ist also wirklich sehr klein. Ich mag das aber sehr. Neuseeland ist insgesamt recht klein. Es gibt gerade dadurch sehr viele Kooperationen mit anderen Musikern. Ich glaube, dass es gesund ist und Dich geistig fit hält. Es ist also eine sehr tolle Sache.

In welcher Hinsicht beeinflusst die Musik-Szene in Neuseeland die Musik der Black Seeds?

Daniel: Wir werden definitiv von anderen Bands beeinflusst. Es ist immer aufregend zu sehen, was andere neuseeländische Band so machen und wie sie sich entwickeln. Es gibt eine wirklich tolle Band namens Kora. Sie haben bereits ein Album veröffentlicht und das nächste wird bald erscheinen. Aber es gibt auch viele andere Bands, die uns ein Stück weit beeinflussen. Wir sehen eine Menge Bands live und sie beeinflussen uns mit ihrer Präsenz auf der Bühne und wie sie miteinander interagieren. Du bekommst das Gefühl, dass Du Dich stets weiter entwickeln musst. Durch andere Liveauftritte bekommen wir Inspiration und möchten dadurch natürlich gerne deren Standard erreichen. Schließlich spielt man Shows ja auch für die Zuschauer, die dafür bezahlen und dann auch etwas von Dir erwarten. Wir werden also definitiv von neuseeländischen Bands beeinflusst. Aber genauso werden wir von Musik aus anderen Ländern wie zum Beispiel Amerika oder England inspiriert. Wir hören alle ganz unterschiedliche Musik. Es ist wahrscheinlich auch nicht einfach nur die Musik in Neuseeland, die uns beeinflusst, sondern auch die ganze Umgebung, in der wir uns aufhalten. Wie ich schon gesagt habe, Wellington ist sehr klein. Jeder kennt sich, oder Du kennst jemanden, der jemanden kennt, und jeder hilft sich gegenseitig. Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir mittlerweile unser eigenes Studio in Wellington haben. Jetzt können wir andere Bands unterstützen, wenn sie zum Beispiel einen Ort zum Proben brauchen oder wenn sie was aufnehmen wollen. Sie können dann unseren Raum nutzen. Vorher waren auch wir auf die Hilfe befreundeter Bands angewiesen.

Wie seid ihr auf dieses Gebäude, in dem euer Studio ist, aufmerksam geworden? Es sollte ja eigentlich abgerissen werden, oder?

Daniel: Wir sind durch unser Management darauf gekommen. Der Ort heißt Production Village. Es gibt insgesamt 15 verschiedene Räume, zwei davon sind frei geworden und wir haben diese dann gemietet und komplett mit allem, was wir brauchen, ausgestattet. Es gibt zudem eine Küche und große Türen zu einem Innenhof mit einer kleinen Rasenfläche. Eigentlich wollten sie das ganze Gebäude abreißen, weil es ziemlich alt ist, und dann wollten sie Appartements dort hin bauen. Ich hoffe, dass sie das nicht in naher Zukunft noch vorhaben. Ja, unser Management hat uns also erzählt, dass dort Räume verfügbar sind. Die Miete ist günstig und das war schließlich einfach perfekt für uns. Im Grunde genommen war es das dann. Es war unglaublich, wie gut das geklappt hat, aber wir haben auch wirklich dringend was gesucht. Vor allem auch die Tatsache, dass wir zentral in Wellington was gefunden haben, ist wirklich fantastisch. Es ist nicht einfach, dort was Passendes zu finden. Jetzt können wir auch tagsüber gemeinsam Musik machen, eigentlich wann immer wir wollen. Wir können uns also wirklich glücklich schätzen.

Lass uns ein wenig über euer neues Album sprechen! Wie oft hast Du diese Frage heute schon gehört?

Daniel: (lacht) Ja, ein paar mal. Wir sind, wenn man so will, eine Art Alternative-Reggae-Band. Viele Leute bezeichnen uns einfach nur als Reggae-Band, aber ich wage zu behaupten, dass wir mehr als nur das sind. Ich würde sagen, dass dieses Album mehr Seiten an uns als eine Band zeigt, und alles in einem gewissen Gleichgewicht zueinander steht. In unserem eigenen Studio hatten wir die Zeit, zu proben und aufzunehmen, wann immer wir wollten. Wir konnten auch unabhängig von einander an Songs arbeiten und diese Ideen dann zusammen fließen lassen. Das war genau das, was dieses Album gebraucht hat. Der eine kam mit einer Melodie und jemand anderes hat dann Gesang drauf gepackt. Wenn uns die Ideen dann gefallen haben, haben wir diese gemeinsam weiter entwickelt. Das Album enthält zudem auch viele Einflüsse aus unseren Liveauftritten. Wir sind sehr zufrieden mit dem Album. Manchmal magst Du einen Song nach seiner Fertigstellung schon nicht mehr wirklich hören und er bedeutet Dir schon nicht mehr wirklich was. Ich mag das Album aber noch immer gerne hören und ich interpretiere das als ein gutes Zeichen. Das empfinden wir als Band ganz genauso und das ist wirklich cool. Ich bin überzeugt von dem Album. In Neuseeland war es auf Platz 1, und das macht uns natürlich sehr glücklich, gerade weil wir so stolz auf dieses Album sind. Aber auch, wenn niemand dieses Album mögen würde, ich wäre trotzdem äußerst zufrieden damit.


The Black Seeds – Pippy Pip (Official Music Video) from The Black Seeds on Vimeo.


Ihr seid eine achtköpfige Band. Wie schwer ist es tatsächlich, Kompromisse zu finden?

Daniel: Manchmal sind wir uns sofort einig und an anderen Tagen dann wieder nicht. Manchmal nimmst Du Sachen auch einfach hin. Ich glaube aber, ich spreche für uns alle, wenn ich behaupte, wir haben alle die Fähigkeit, musikalisch betrachtet, eine Idee wachsen zu lassen und dann zu sehen, wo es hinführt. Es ist cool, wenn Nigel und ich zum Beispiel eine Idee für einen Song haben, und dann kommt Tim dazu und bringt die Idee für eine Bridge mit ein. Wenn wir uns dann einig darüber sind, kommen die anderen Jungs dazu und wir fangen dann an, gemeinsam daran zu arbeiten, ändern hier ein bisschen was, ändern dort ein wenig was. Ich glaube, das hat am Ende einfach was mit erwachsen sein zu tun. Wenn Du eine Idee nicht magst, dann sag es einfach. Wahrscheinlich machen wir den Job aber schon lange genug, um respektvoll mit einander umgehen zu können. Wir hören uns gegenseitig zu und respektieren die Meinung des anderen. Es dauert immer eine Weile bis man zu diesem Punkt kommt, aber es ist gut, dass wir da angekommen sind. Die Band besteht momentan aus sechs festen Musikern. Und ich glaube, andere Leute sind bei Meetings immer recht erstaunt darüber, wie organisiert wir sind. Es ist nicht so, dass wir keinen Spielraum für Ideen lassen. Aber ich würde schon sagen, dass wir sehr organisiert sind. Und ich glaube auch, dass es wichtig für eine Band ist. Es sind so viele unterschiedlicher Persönlichkeiten, die aufeinander treffen. Manchmal sind sich eben alle einig und manchmal denkt man, dass die eigene Idee die bessere Entscheidung gewesen wäre. Und das tritt natürlich in den verschiedensten Situationen ein, ob beim Songwriting oder vielleicht beim T-Shirt-Design. Dann trittst Du eben bei der Entscheidung mal zur Seite und fokussierst Dich eben auf was anderes. Beim nächsten Mal kannst Du dann die Idee vielleicht noch mal mit einbringen. Man sollte sich in einer Band aber nicht darüber streiten, dass die eigene Idee die bessere gewesen wäre.

Ihr habt Material für zwei Alben zusammen bekommen, aber lediglich 13 Songs auf “Dust and Dirt” veröffentlicht. Was war der Grund dafür, und was ist mit den anderen Songs passiert oder was wird vielleicht sogar noch damit passieren?

Daniel: Du weißt eigentlich ziemlich schnell, welcher Song am besten funktioniert. Du bekommst ein bestimmtes Gefühl, an welchen Songs Du mehr arbeiten möchtest. Bei anderen Songs ist man sich als Band nicht einig drüber und wieder andere Songs werden erst mal ganz beiseite gelegt und nur als Demos behalten, da überlegen wir dann später, ob wir diese weiter entwickeln wollen. Natürlich könnten wir mit den anderen Songs ein weiteres Album veröffentlichen. Aber ich würde lieber an neuen Sachen arbeiten. Sie sind mittlerweile irgendwie etwas alt für mich persönlich geworden. Vielleicht veröffentlichen wir manche davon als Bonus-Tracks, aber ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Vielleicht hat jemand von uns eine andere Meinung darüber und kann Dir eine andere Perspektive darüber geben. Über manche Ideen denke ich vielleicht, dass wir es dabei belassen sollten, während jemand anderes meint, wir sollten daran weiter arbeiten. Da sind wirklich schöne Ideen dabei. Und einige haben wir auch vor zwei Jahren während unserer US-Tour gespielt. Unser Management hat uns dann gefragt, warum die Songs nicht auf dem Album sind. Ich finde es aber aufregender, an neuen Sachen zu arbeiten. Ich weiß es nicht, was genau mit den Songs passieren wird. Das lassen wir ein bisschen offen. Gerade weil da ein paar wirklich coole Ideen dabei sind.

Werdet ihr einige von den Songs, die es nicht auf das Album geschafft haben, auch live performen?

Daniel: Nein. Manche von den Songs sind für uns persönlich noch nicht vollständig entwickelt. Die meisten Songs sind lediglich Ideen. Aber nein, wir würden die Songs nicht live spielen. Wir haben ja auch eine begrenzte Zeit, die wir spielen können, und so viele Songs. Wir diskutieren ja so schon, welche Songs es auf die Setlist schaffen. Das Set sollte ja auch aus einer Reise Deines musikalischen Weges bestehen und nicht nur neue Songs enthalten. Du kommst schnell in die Bedrängnis, dass Du entweder zu viele Songs oder zu wenig spielst.

Die Fertigstellung des Albums hat bis zur Veröffentlichung vier Jahre gedauert. Würdest Du sagen, dass es genau der Zeit bedarf, um ein Album zu produzieren, mit dem ihr alle voll zufrieden seid? Oder habt ihr zwischendurch an anderen Projekten gearbeitet?

Daniel: Manche von uns haben noch andere Projekte, weswegen wir die Aufnahmen zwischen durch unterbrechen mussten. Aber es waren trotzdem alle an der Entwicklung des Albums mitbeteiligt. Die meiste Zeit ist tatsächlich durch’s Touren drauf gegangen. Ich meine, wenn wir nicht touren, verdienen wir kein Geld, um unsere Rechnungen zu bezahlen. Ich glaube, wir waren zwei Jahre immer wieder auf Tour. Wir waren zwar immer mal einen Monat zu Hause, aber in der Zeit arbeitest Du nicht effektiv an einem Album. Das hat ein bisschen Überhand genommen, das ganze Touren, aber letzten Endes brauchst Du auch ein Einkommen, gerade wenn Du ein Album aufnehmen willst. Wir mussten dann ja auch noch ein Studio finden. So hat es schließlich die Zeit gebraucht, um das Album zu produzieren.

Ihr habt das erste Mal ein Album über euer eigenes Label Proville Records veröffentlicht. Welche Idee steckte dahinter, ein eigenes Label zu gründen? Wessen Idee war das?

Daniel: Das ist etwas, was wir alle schon immer wollten. Wir haben nur auf die richtige Zeit, auf die richtige Gelegenheit gewartet.

Werdet ihr auch Platten anderer Künstler und Bands über dieses Label veröffentlichen oder ist das ein reines Black-Seeds-Ding?

Daniel: Das wär cool. Aber ich glaube, es wäre ein bisschen früh, um über solche Dinge zu sprechen. Dafür haben wir gerade wohl auch zu viel mit unseren Sachen zu tun. Aber grundsätzlich wäre es toll, auch andere Sachen zu veröffentlichen. Das wird mit Sicherheit auch nicht in der nahen Zukunft passieren, ganz einfach, weil wir das Label gerade erst gegründet haben und zudem einfach wenig Zeit haben, durch das Touren, Interviews (lacht), Familie und so weiter. Und wenn wir nicht irgendwas davon machen, dann spielen die meisten von uns noch in anderen Bands und versuchen, diese weiter voran zu bringen. Aber ich weiß es nicht. Wir haben gerade erst unser Album darüber veröffentlicht. Aber es ist auf jeden Fall eine sehr gute Idee.

Was gefällt Dir mehr: Die Arbeit im Studio oder das Tourleben?

Daniel: Ich wollte eigentlich gerade sagen, dass ich lieber auf Tour bin, aber seitdem wir unser neues Studio haben, fühle ich mich auch richtig wohl dort. Es sind zwei völlig verschiedene Dinge, aber ich glaube, ich mag beides mittlerweile gleich viel.


Fortstetzung folgt…


Im zweiten Teil unseres Interviews wird uns Daniel etwas mehr über das Tourleben berichten. Das könnt ihr ab dem 24. August 2012 bei uns lesen. Gespannt darf man in jedem Fall aber jetzt schon sein!

Wer sich nun also um der Livequalitäten von den Black Seeds selbst überzeugen will, dem seien folgende Tourdaten ans Herz gelegt. Das sollte man sich in keinem Fall entgehen lassen. Und wir helfen dabei! Denn wir haben Tickets für das Konzert im Berliner Yaam sowie für die Show in Frankfurt, wo neben den Black Seeds auch noch Electric Wire Hustle auftreten werden. Das ganze findet im Rahmen der Frankfurter Buchmesse statt, und weil Neuseeland in diesem Jahr Gastland ist, organisiert die Newzealand Music Commission als musikalischen Auftakt ein Konzert dieser beiden angesagtesten neuseeländischen Bands.

Wir verlosen 2 x 2 Tickets pro Stadt. Um an dem Gewinnspiel teil zu nehmen, schreibt uns einfach eine Email mit dem Betreff „The Black Seeds“ und der Stadt, in der ihr gerne dabei sein möchtet, an gewinnen@fastforward-magazine.de. Der Einsendeschluss ist der 13. August 2012. Wir wünschen euch viel Glück!

The Black Seeds auf Tour
15.08. Hannover – Maschsee Festival
16.08. Berlin – Yaam
17.08. Beerfelden – Sound Of The Forest Festival
21.08. Winterthur – Musikfestwochen
23.08. Frankfurt – Batschkapp


Von Jessi Franke