Die YOU-Messe steht mal wieder an. Stets mit prollig mainstreamigen Musikacts werbend, schaffen es die Veranstalter immer wieder aufs Neue für etwas anzulocken, was gar nicht so einfach zu definieren ist. Eine Messe für die Jugend? Wofür wird da die Werbetrommel gerührt?
Diese Frage stellt sich spätestens, wenn man um kurz vor Mitternacht vor der großen Bühne der Halle 18 steht. IAMX sollen für die „Young & Restless“ Party einheizen. Doch nur um die 200 Leute wollen überhaupt heiß gemacht werden. Überschaubar im Gegensatz zu dem sonst so riesig grau anmutenden Messeklotz. Jugendlich frisch sieht anders aus.
Die Band, deren Konstante Sänger Chris Corner darstellt, ist weit entfernt von den eigenen Teenie-Tagen. Falten zeichnen jedes der vier ernsten Gesichter, den Weg fürs Leben haben sie alle schon gefunden. Aber wen stört schon das Label eines Abends? Die schwarzen Blazer wurden akkurat wie eine Uniform über die dünnen, weißen Körper gestreift und das Licht gedimmt. Nun darf getanzt werden. Die altbekannten Klänge sollten dafür genügen. Schwarz verzierte Menschen, knuddelnde Pärchen und Bewegungskläuse geben sich die Ehre zu Stücken aus den Jahren 2004 bis gestern. Vier Alben, wie sie in Theatralik, Elektro-Gebratze und erotisierenden Liebesgeflüster nicht unterschiedlicher sein könnten. Auf der Bühne lassen sich Songs wie „Tear Garden“, „The Alternative“ oder auch „Kiss + Swallow“ gekonnt durch die im Bauch wohlig wummernden Bässe und der Akrobatik von Corner und Gespielin Janine Gezang miteinander verbinden. Hinzu hypnotisiert die LED-Anzeige mit unscharfen Bildern. Man sieht Menschen mit einem X auf dem Gesicht, Stiere, zwinkernde Augen und immer wieder den Protagonisten der Show, der fast wie ein junger Michael Jackson anzusehen ist. Irgendwie animalisch, introvertiert und dann wieder nur zu deutlich verwurzelt mit alldem.
Diese einstündige Showeinlage ist, nach einem Gig vor einigen Tagen in Schweden, die erste nach langen Monaten ohne das ganze IAMX-Live-Chaos. Die Explosion war also vorprogrammiert, die Nähe ersehnt. Nur zu wenige Menschen waren willig sie ausführlich mit zu erleben. Ob es daran lag, dass sich vor allem die vermeintliche Jugend in diesem Rahmen angesprochen fühlen sollte und nur nichts davon wusste? Der Begriff ist gedehnt, die Leere letztendlich aber doch zu groß.
Foto (2011) und Bericht: Hella Wittenberg