Nach dem 2007er Zeichentrickfilm „Persepolis“ kommen der Franzose Vincent Paronnaud und die in Frankreich lebende Iranerin Marjane Satrapi als Regiegespann ein weiteres Mal zusammen. In dem Drama „Huhn mit Pflaumen“ wird sich mutig auf neue Erzählwege gewagt und dabei nur partiell auf Comic-Elemente zurückgegriffen. In 93 Minuten dreht sich alles um die besondere Lebens- bzw. Liebesgeschichte eines genialen Mannes namens Nasser Ali Khan, der sein Leiden gekonnt in Szene zu setzen weiß.
Im Leben des Geigenvirtuosen Nasser Ali Khan (Mathieu Amalric, „Schmetterling und Taucherglocke“) gibt es nur zwei Dinge, die ihm wirklich am Herzen liegen: die Liebe zu der schönen Irâne (Golshifteh Farahani, „Der Mann, der niemals lebte“) und seine Geige. Doch beides wird ihm abrupt genommen. Der strenge Vater von Irâne möchte seine Tochter nicht in die Hände eines umtriebigen Musikers geben und so verliert er sie viel zu schnell aus den Augen. Doch aus dem Sinn will sie Nasser Ali Khan partout nicht gehen. Lediglich das Geigenspiel kann den Trauernden über den langen Tag mit der unerfüllten Liebe stetig im Hinterkopf hinwegtrösten. Sein Musiklehrer redete ihm in sein Gewissen:
„Du leidest. Das ist der Grund, warum du so gut spielst.“
Seine Kreativität hat er somit für immer beflügelt. Nur wird sein geliebtes Instrument in einem ausartenden Streit von seiner Ehefrau Faringuisse (Maria de Medeiros, „Pulp Fiction“) zerstört. Der Kummer geht sogar so weit, dass er sich in sein Bett verkriecht und kompromisslos auf den Tod warten will. Doch bis dieser sich zeigt, lässt der im Sterben liegende sein ganzes Leben im Teheran der 50er Jahre noch einmal Stück für Stück an sich vorbeiziehen.
Der auf einem Graphic Novel von Marjane Satrapi basierende Film ist nicht Fisch und nicht Fleisch. In dem zweiten gemeinsamen Kinofilm der Regisseure Paronnaud und Satrapi möchte man viel zu viel in zu kurzer Zeit auf Gedeih und Verderb unterbringen. Dabei wird Schicht um Schicht von äußerst emotional aufgeladenen Rückblenden und verschnörkelten Inszenierungen kleiner Anekdötchen aufgelegt, bis kaum mehr etwas von Nasser Ali Khan übrig bleibt. Die grundlegende Todessehnsucht des Protagonisten erhält dabei kaum die Möglichkeit zur wirklichen Herausarbeitung durch die erdrückend wirkende Poetik, die dem Dramas aufgezwungen wurde. So gleitet man gar in die Banalität ab, wobei die Comic-Elemente dafür wenig zuträglich sind. Somit stellt sich „Huhn mit Pflaumen“ als ein nur leidlich unterhaltsames Werk voller ästhetischer Raffinesse dar, das aber unter der Oberfläche etwas zu seelenlos und überspannt daherkommt.
VÖ: 05. Januar 2012
Gesehen von: Hella Wittenberg