Hinter dem Pseudonym Bibio verbirgt sich der englische Musiker und Naturliebhaber Stephen Wilkinson. Bibios eigene musikalische Identität definiert sich durch das Verschmelzen verschiedenster Klänge aus Genres wie Electro, Rock, Pop oder Folk mit aus der Natur stammenden Geräuschen. So verbringt der Künstler aus Wolverhampton Stunden im Wald, um dort (s)eine passende Soundcollage zu finden, die er dann mit Gitarren-Loops und Beats unterlegt. Am 1. April erscheint sein nunmehr fünftes Album „Mind Bokeh“ – Bokeh stammt aus dem japanischen, bedeutet „verschwommen“ und wird in der Fotografie für den Teil eines Bildes verwendet, der unscharf geblieben ist. Wir trafen den Solo-Künstler letzte Woche zum Interview.
Name: Stephen Wilkinson aka Bibio • Aus Wolverhampton, England • Lieblingsphrase: Textur
Wie geht es dir und wie war dein Frühstück?
Mir geht es gut. Die Sonne scheint. Das ist nett. Zum Frühstück hatte ich eine Banane.
Eine Banane?
Ja. Eine ganze (lacht).
Wie ist das für dich, dein mittlerweile fünftes Album zu veröffentlichen?
Ich bin bei dem was ich mache sehr ehrgeizig.Ich schreibe die Sachen erst für mich und suche dann diejenigen aus, die ich mit der Welt teilen möchte. Also ist die Musik, die ich veröffentliche, sehr persönlich. Es ist immer eine etwas stressige Zeit, denn du lässt etwas von dir gehen und zeigst es der Öffentlichkeit. Aber ich genieße es auch. Vor allem, wenn es den Leuten gefällt. Wenn jemand deine Musik beschreibt und es sich so anfühlt, als ob du demjenigen eine Nachricht geschickt hast und durch deine Musik kommunizieren kannst.
Viele beschreiben deine Musik als Folk, was ich nicht besonders treffend finde. Stört dich das?
Wenn ich denke, dass eine Beschreibung passt, dann stört es mich nicht wirklich. Aber wenn es Leute sind, von denen ich denke da gibt es keine Ähnlichkeit, stört mich das schon. Folk hat mich nicht wirklich beeinflusst. Außer eine schottische Band – für mich Geschichtenerzähler – die sehr experimentelle, fremde, psychedelische Musik gemacht haben.
Warum waren die so wichtig für dich?
Von Menschenhand gemachte Dinge sind sehr quadratisch und geometrisch, die Natur ist dagegen gebrochen. Deren Musik war mehr davon beeinflusst…(Überlegt) Und Nick Drake war sehr wichtig für mich. Der ist aber nicht wirklich folkloristisch. Ich denke viele Leute hören eine Akustik-Gitarre und denken an Folk. Dabei ist das eher traditionelle Musik, ortsgebunden. Vielleicht hat mein älteres Zeug ein wenig mit Folk zu tun, aber das neue hat damit nichts am Hut. Da gibt es mehr Funk als Folk.
Wie würdest du deine Musik beschreiben?
Ich kann mein Musik nicht wirklich beschreiben, denn sie ist sehr unterschiedlich. Ich könnte einen einzelnen Track beschreiben. Die Textur ist für mich sehr wichtig. Die Art und Weise wie es klingt. Die Melodie und der Rhythmus. Wenn ich ein Lied beschreibe, wäre die Beschreibung des nächsten wieder ganz anders.
Welcher Track gefällt dir denn am besten?
Das Lied, das ich am meisten gehört habe, ist „Pretentious“. Aber das wechselt oft.
Warum machst du denn überhaupt Musik?
Für mich geht es um die Erforschung. Ich erkundschafte Klänge, wie sie auf das Bewusstsein wirken. Das hat mich schon als Kind fasziniert. Man kann das nicht erklären. Das sind kraftvolle Emotionen, ausgelöst durch…(überlegt) wenn du zum Beispiel einen Moll- oder Dur-Akkord spielst, da änderst du nur eine Note. Aber es klingt so verschieden. Das ist sehr sonderbar.
Und wie kam es dazu, dass du Solo-Künstler geworden bist?
Es ist schwierig, die richtige zwischenmenschliche Chemie zu finden. Ich genieße es, mit anderen Menschen zu spielen und wenn es passiert, dann kann ich auch etwas daraus ziehen. Aber ich habe sehr starke Ideen und bringe alleine einfach mehr zustande. Denn es ist keiner zum übereinstimmen oder nicht übereinstimmen da. Also ist es einfach, alleine zu arbeiten.
Und als nächste Entwicklungsstufe, würdest du in einer Band spielen?
Vielleicht. Ich habe des öfteren darüber nachgedacht, Bibio als Band auf einer Bühne, aber das wäre nicht selbstverständlich für mich. Ich genieße einfach die Studio-Atmosphäre, dort Lieder zu schreiben. Die Kreativität setzt für mich dort ein.
Du fängst viele klänge in der Natur ein. Warum?
Ich mag das Aufnehmen in der Natur. Ich besitze eine ziemlich große Sound-Sammlung und benutze die auch in meiner Musik, um ihr mehr Textur zu verleihen. Ich liebe Musik, die an Bilder oder Szenen erinnert und diese „Field-Recordings“ können dabei helfen. Wenn du einen Piano-Loop nimmst und da eine Aufnahmen von draußen dazu gibst, dann erhält das einen Raum, einen Ort, einen Hintergrund. Es ist wie eine Filmszene.
Du bist augenscheinlich viel in der Natur. Letzte Frage: Wärst du lieber ein Gebirge oder das Meer?
Ich liebe Täler. Wie in Wales. Mit einem Fluss, sehr grün und saftig. Das inspiriert mich am meisten. Aber auch Strände sind sehr schön, wenn niemand da ist, nur das Rauschen des Meeres. Das ist gut für die Seele. Aber ich bin eher ein Gebirge.
Interview: Sebastian Schelly.
„Mind Bokeh“ erscheint am 1. April.