Ein weiteres Relikt aus vermeintlich besseren Zeiten macht sich also auf, sich wieder ein größeres Stück vom musikalischen Kuchen zu sichern. Die Herren Andy Bell und Mastermind Vince Clark (Depeche Mode, Yazoo) waren von Mitte der 80er bis in die frühen 90er aus den deutschen Top10 nicht wegzudenken, landeten zahlreiche Hits („Oh L’amour“, „Sometimes“, „Blue Savannah“) und hatten mit ihrer ABBAesque EP 1992 einen nicht unerheblichen Anteil am Revival der erfolgreichsten Schweden seit Gustav Adolf.
Dann wurde es ruhiger um die beiden Briten. Viele Bands der 80er quittierten ihren Dienst. Doch neben den Pet Shop Boys hielten die beiden die Fahne des Synthiepops auch dann noch hoch, als der Zeitgeist eher nach EuroDance, Grunge oder Hip Hop schrie.
Nun sind die 80er wieder salonfähig und Erasure melden sich mit ihrem mittlerweile 14. Studioalbum „Tomorrow’s World“ zurück. Erste Single wird das etwas getragenere “When I Start To (Break It All Down)”. Unverkennbar Erasure – oder nicht!?!
Kompositorisch durchaus ein typisches Vince Clark – Werk, angereichert um die Möglichkeiten, die die heutigen Klangwelten so bieten und damit schon recht “up to date”. Andy Bell setzt seine sonst ins Falsett gehende Stimme hier eine Tonlage tiefer an, das ganze wirkt dann noch leicht verfremdet und erst im Refrain erschließt sich der volle Umfang des Songs. Dann bleibt er im Ohr hängen, kommt wieder und wieder …. oder stößt bei den musikalischen Geschmacksnerven auf Ablehnung wegen Überzuckerung!
Im schwarz-weißen Video feiern sich Erasure ein bisschen selbst und geben Eindrücke ihrer letzten durchaus erfolgreichen Tour wieder. Doch bei aller Sympathie: man sieht den beiden Protagonisten auf ein wenig erschreckende Art und Weise den unerbittlichen Lauf der Zeit an. Erschreckend vielleicht auch, weil man sich wieder einmal über den eigenen fortschreitenden Zellverfall bewusst wird.
Wie auch immer – durchaus nicht das schlechteste Stück Musik und sicher wieder konkurrenzfähig!
„Tomorrow’s World“ erscheint am 30.09. auf MUTE.
Gehört von: Thomas Matthes
Tourdaten:
08.11.2011 Offenbach – Stadthalle
11.11.2011 – Stuttgart – Liederhalle
12.11.2011 – Köln – E Werk
14.11.2011 – Dresden – Alter Schlachthof