Gesehen: „Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht – Teil 2“ von Bill Condon

Kaum ein anderer Film spaltet so sehr die Gemüter wie jeder einzelne Teil der „Twilight“-Saga. Doch wenn man sich auch über die Stumpfheit auf der einen Seite und die eventuelle Vielschichtigkeit auf der anderen Seite die Köpfe heiß diskutiert, so muss festgehalten werden, dass es eine solch vorbehaltlose Fan-Base kein zweites Mal gibt. Bereits ab 22 Uhr am Vorabend des 16. November harrten junge wie alte Menschen scharenweise rund um das Sony Center am Potsdamer Platz aus. Um den Hauptdarstellern Robert Pattinson („Cosmopolis“), Kristen Stewart („The Runaways“) und Taylor Lautner („Valentinstag“) so nah wie möglich zu sein, trotzten sie den Minusgraden und mitleidigen Blicken seitens Unbeteiligter. Und Gott segne diejenigen, die von „Twilight“ so sehr tangiert werden wie von dem nächsten Dschungelkönig. Denn wie sich bei der Befragung von Moderator Steven Gätjen am Premierenabend herausstellt, schwänzten viele die Schule und verheimlichten ihren Eltern, wo sie sich tatsächlich aufhalten würden. Na Halleluja!

Worum es in dem letzten und finalen Part der Romanverfilmung von Stephenie Meyer geht? Nun, das ist schnell erzählt. Bella (Kristen Stewart) ist endlich ein Vampir und zudem auch Mutter. Doch die neue Glückseligkeit kann sie nicht lange genießen. Aufgrund falscher Behauptungen sind die Volturi, mit Aro (Michael Sheen, „Midnight in Paris“) als Anführer, auf dem Weg zu den Cullens, um den Tod der kleinen Renesmee (Mackenzie Foy) einzufordern. Mithilfe des Zusammensammelns anderer Vampir-Clans will sich die Großfamilie, zu der auch Werwolf Jacob (Taylor Lautner) immer mehr gehört, gegen die Volturi wehren. Eine große Schlacht steht bevor.

So weit, so klar. In den 115 Minuten Fantasy-Streifen werden einige Köpfe rollen müssen. Doch die Horror-Ästhetik der ersten Hälfte des vierten Teils „Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht“ kann Regisseur Bill Condon („Gods and Monsters“) – außer in den einleitenden Panoramaeinstellungen – nicht einhalten. Ein Großteil des Films entstand am Computer und sieht dementsprechend kalt und lieblos aus. Die zentrale Kampfszene, die Wölfe oder auch Renesmee als Baby sehen unlebendig und schlichtweg lumpig gemacht aus. Kein Augenschmaus, keine Möglichkeit der Überzeugung von Nicht-Fans. Als die drei Hauptdarsteller, Bill Condon sowie der Produzent Wyck Godfrey zur Pressekonferenz im Berliner Hotel de Rome laden, wirken sie mindestens genauso leblos und ohne Elan. Auch das Einverleiben von Kaffee und Tee will da wenig nützen. Pattinson erzählt lasch von seiner Zuneigung zu der eigenen spanischen Synchronstimme, Lautner berichtet von seinem Faible fürs Bowlen in Berlin und Stewart wuschelt sich müde durch die Haare während sie erklärt, dass man sich in all den Jahren nie am Set gelangweilt oder Stagnation gefühlt habe. Doch auf echte Insides wartet man hier vergebens. Auch auf dem Roten Teppich soll es später schnell gehen. Schließlich ist es kalt. So wird sich nur kurz für die Fotografen in Pose gestellt, gelächelt nur bei absoluter Notwendigkeit. Aber die Fans kreischen, weinen, lachen hysterisch und fühlen sich dem Himmel ein Stückchen näher. So einfach kann Glück sein. Davon sollte man sich wirklich eine Scheibe abschneiden. 

VÖ: 22. November 2012

Gesehen von: Hella Wittenberg