Als ich Speech Debelle das erste Mal hörte erinnerte sie mich sofort ein wenig an TLC. Das soll nichts Schlechtes heißen, ganz im Gegenteil. TLC, Missy Elliott und natürlich Queen Latifah gehören zu den unvergesslichen Musikerinnen meiner Jugend und heute noch greife ich gerne auf ihre Alben und Musik zurück. Umso schöner wenn es wieder eine Musikerin gibt, die es ihnen gleich tut und uns mit frechen, bewegenden sowie tiefgreifenden Raps aus dem Leben bereichert.
Manches können wir allzu sehr nachvollziehen, und auf der anderen Seite wird uns auch aufzeigt, wie gut es uns manchmal geht. Glück gehabt wenn wir nicht in ein Land hinein geboren wurden in dem Diktatur und politische Verfolgung auf uns warten, oder wir nicht tagtäglich dem Kampf der Straße ausgeliefert sind in dem Korruption, Missbrauch, Gewalt und Drogenhandel an der Tagesordnung stehen. Der große Rapper Tupac Shakur ist einer von ihnen, der aus diesem Leben erzählte, das für die meisten von uns doch glücklicherweise eher abseits geschieht. Bezahlt hat er mit dem Leben. Aber egal ob auf der Straße oder anderswo, jeder von uns hat ja meist irgendeinen Kampf auszufechten und muss sich durchkämpfen. Und auch andere sind mittendrin, was uns besonders eindringlich durch den Hip-Hop aufgezeigt und nahe gebracht wird. So auch durch die junge Britin Speech Debelle, die jamaikanischer Abstammung ist und das Leben von sämtliche Seiten kennengelernt hat.
Ihre Eltern lebten getrennt, sie verließ die Schule ohne Abschluss und nach heftigen Streitereien mit ihrer Mutter auch das Elternhaus. Sie hatte jahrelang kein Zuhause und schlug sich durch. Schon in frühster Kindheit schrieb sie Gedichte, welche mit den Jahren an Rhythmus und Melodie gewannen und sich in Sprechgesang verwandelten. Mit 23 versuchte sie aus ihrem Können Geld zu machen und vor allem ihre Sicht der Dinge einem größerem Publikum zu unterbreiten. Sie bewarb sich bei verschiedenen Labels, letztendlich nahm sie Big Dada Recordings unter Vertrag und sie brachte 2009 ihr Debütalbum „Speech Therapy“ heraus. Schon kurz darauf gewann das Album den begehrten Mercury Price und wanderte in die UK Charts. Ihre Musik ist hart und ehrlich, lässt die Ironie aber nicht außen vor und ruft gerne mal zur Revolution auf. So auch ihr vor kurzem erst veröffentlichtes Album „Freedom of Speech“. Der Name ist Programm und findet seinen Ursprung in den Aufständen in London, welche die Musikerin hautnah miterlebt hat. Sie ist die Stimme einer Stadt in Aufruhr. Aber nicht nur Krawalle und Ausschreitungen vor der Haustür, auch weltweite Probleme wie Öl-Katastrophen und Zerstörung finden ihren Platz. Genauso wie der unerbittliche Kampf um die Liebe.
Um in diesem harten Geschäft nicht unter zu gehen, bedarf es einer großen Portion an Ehrgeiz und Selbstbewusstsein, welches sich in ihren Stücken widerspiegelt und von dem einen oder anderen Missgönner gerne als Arroganz dargestellt wird. Davon lässt sich die 28-Jährige Corynne Elliot aber wenig beeindrucken, kann so etwas nur belächeln und verpackt das Ganze lieber in ihre Werke. Eine Coverversion ihres Songs “Spinnin“, performt und umgebastelt von Tinchy Stryder und Dionne Bromfield, wurde zum offiziellen Song der Olympischen Spiele 2012 gewählt und zeigt auf, dass ihre Musik nach und nach immer mehr Gehör erreicht und auch für andere eine bereichernde Inspiration darstellt. Untermalt wird Speech Debelles Sprachkunst nicht nur durch Drum-Beats und Bass, auch Soul und Pop finden melodisch ihren Platz. So entsteht ein Gesamtpaket voller Energie und Ansagen, welches sich hören lassen kann und wirklich gehört werden sollte.
Gemocht von: Lynn Lauterbach