Wir mögen: Blood Orange

Blood Orange Main credit Adam BainbridgeEs gibt diese Tage, Momente, wo ich in musikalischer Unzufriedenheit zu ersaufen drohe. Da geht dann nichts voran, alles ist ausgelutscht, tausendmal gehört und entfacht höchstens Langeweile und Emotionslosigkeit.

Wieder so ein Tag. Ich stöbere durch die Blogwelt umher und (doppelte Freude) entdecke, dass die zweite Staffel von „How To Make It In America“ in den Startlöchern steckt, dazu gibt’s – clevere Promotion – ein Mixtape der zweiten Season. Musikalisch am absoluten Tiefpunkt angelangt, klickt man eben drauf und ergibt sich der Berieselung. Kid Cudi eröffnet in seinem angekifften, halb singenden, halb rappenden Tonfall das Tape,  die Tracks dudeln nett vor sich hin. Bis auf einmal ein herrlich souliges, reduziertes – natürlich 80er Retro-Pop-Synthi – Lied mein Trommelfell in Entzücken und die rechte Hand zum ewigen Replay-Button-Drücken versetzt. Ist das der Prince der 00er Jahre?

Eine Basedrum stampft stoisch drauf los, die Gitarre spielt in ewiger Reduktion – das minimalistische Grooveverständnis eines Mr. Frusciantes? „Sutphin Bouleveard“ der Name des Tracks. Der Künstler Blood Orange. Bei dem Mann dahinter handelt sich um den Neu-New Yorker Devonté Hynes. Der ist ja kein unbeschriebenes Blatt, mehr ein ewiges musikalisches Chameleon. Songwriter, Produzent, Komponist oder Autor. Hynes beherrscht so einiges und zeichnet für Songs von Florence and the Machine oder dem Grammy-Award prämierten Album „We Are The Night“ der Chemical Brothers verantwortlich. Die Entdeckung liegt mittlerweile zwei Wochen zurück. Seitdem habe ich sämtliche Youtube-Videos verschlungen und Soundcloud-Tracks verhört.

Man erkennt die Zuneigung zur britischen Musik-Invasion der 80er Jahre wie Duran Duran, Billy Idol oder ähnlichem. Gefüllt mit sexy Synthesizern, Electro-Disco-Sounds und Hynes drückend schwüler Stimme. Das ist nicht einzigartig, aber auch nicht so ätzend und geschmacklos wie es nun ausschauen mag. Und mit weitaus mehr Witz, Charme und Raffinesse versehen als die Kompostionen der Indie-Konkurrenz. Die läutenden Gitarren-Töne, die abgehackten staccato-Baselines und die aufgeblasenen Drums geben Luft zum Atmen. Nun hat es den Britten nach New York verschlagen. Neues Zuhause, neue Eindrücke, bedeutet in Hynes Fall Stimulans der eigenen Produktivität. In bester Bedroom-Indie-Manier sind seine Lieder zuhause erfrickelt und produziert. Dann auf den eigenen Youtube-Channel hochgeladen und größtenteils visuell mit nettem 80er-Film-Footage unterlegt.

„Coastal Grooves“, der Titel seines Debüts, wurde Anfang August in den internationalen Mainstream-Poll geworfen und hat bereits ein paar Wellen erzeugt. Am Ende steht da eine technisch simple Ansammlung von Liedern (so auch seine Live-Performances, wo der Allrounder lediglich mit Gitarre und Laptop bewaffnet auf der Bühne steht), die Heynes Geschichten von Liebe und Einsamkeit  einen mysteriösen und bedrohlichen Schwung verleihen. Eine offene Launenhaftigkeit, nicht gänzlich versteckt. Den neuen Nachbarn wird es wohl gefallen.

Gemocht von: Sebastian Schelly.

https://bloodorangeforever.tumblr.com/