„TV En Français“ stellt das nunmehr vierte Album von We Are Scientists in 13 gemeinsamen Arbeitsjahren dar. Darauf enthalten sind zehn Songs, von denen Keith Murray und Chris Cain hoffen, dass sie ihnen im besten Fall zum Platz 1 in den deutschen Album-Jahrescharts verhelfen werden. Und ihre guten Absichten kann man nur unterstützen. Denn so humorvoll, sympathisch und wortgewandt wie sich die zwei Herren beim Interview in Berlin zeigen, so sehr ist all ihr Charisma und Witz auch auf Albumlänge in reinster Form zu hören. Deshalb benötigen We Are Scientists dieses Mal nicht einmal süße Katzen, schicke Anzüge oder gar ein bedrohliches Schwert auf dem Albumcover zur Verstärkung. Die Musik kann ganz für sich stehen.
War Geduld eine Tugend, auf welche ihr bei der Arbeit an „TV En Français“ zurückgreifen musstet?
Keith Murray: Die Arbeit am Album lief ziemlich schnell und reibungslos. Aber als wir im Januar des letzten Jahres damit fertig waren, mussten wir ganz schön viel Geduld aufbringen. Um uns bis zur Veröffentlichung bei Laune halten zu können, haben wir währenddessen eine EP und eine 7inch herausgebracht.
Welche Atmosphäre wollt ihr mit eurer Band kreieren?
Chris Cain: Live sollen die Leute einfach nur Spaß haben. Wir fühlen uns am wohlsten, wenn mitgesungen und –getanzt wird. Wir sind keine Band, die nur mit der Profundität eines Songs entzücken kann. Bei unseren Konzerten wird auch nicht geweint. Aber wir könnten das hinbekommen, wenn wir wollten. (lacht)
Keith Murray: Ich wüsste nicht wie wir damit umgehen sollten, wenn wir eine dieser Bands wären, die das Publikum nur in stille Entzückung versetzt. Ich würde mich noch öfter fragen, ob die Leute gelangweilt sind und über etwas ganz anderes nachdenken.
Wenn ihr einmal über etwas abseits eurer Musik nachdenkt – welchen Umstand würdet ihr gern ändern können?
Keith Murray: Es fängt damit an, dass ich J.J. Abrams nicht bei „Star Trek“ und „Star Wars“ Regie führen lassen würde. Es sollten nicht alle Sci-Fi-Franchises gleich aussehen. Das ist wie mit Bruno Mars – wieso ist er allein für alle guten Pop-Songs zuständig?
Chris Cain: Die Veränderung müsste also sein, dass Individualität mehr wertgeschätzt wird. Mehr als Sicherheit. Denn da jeder immer nur auf der sicheren Seite sein will, klingt alles gleich und sieht gleich aus.
Ihr geht mit eurer Musik nicht auf Nummer sicher?
Keith Murray: Nun ja… Ich möchte erreichen, dass man unsere Musik genießt. Dieser Ansatz kann schon sicher wirken.
Chris Cain: Wir machen nur Sachen, die wir großartig finden. Das ist doch auch zulässig. Wir wollen nicht, dass sich die Menschen durch unsere Musik unwohl fühlen oder dass sie dadurch an ihre Sorgen erinnert werden. Schließlich ist Sorge auch nicht in unseren Prozess des Musik machens involviert. Aber ich habe das Gefühl, dass Radiohead so eine Band sind, die sagen würden, dass dies ein Teil ihres Arbeitsprozesses ist. (lacht)
Wie ist die Homogenität von „TV En Français“ zustande gekommen?
Chris Cain: Viel davon kommt von unserem Produzenten Chris Coady und seiner Coadyness. Ich würde sagen, dass es unser homogenstes Album überhaupt ist. Auch lyrisch gesehen. Die Songs sind so mit einander verbunden, wie wir das zuvor noch nie gehabt haben. Unser erstes Album war dagegen eher eine Anreihung von Einzelstücken und das zweite nahm viele komische Wendungen und war irgendwie verrückt und groß zugleich.
Stellen vergangene Fehler noch eine Bürde für euch dar?
Chris Cain: Wann machen wir schon Fehler? (lacht) Es ist leider so, dass ich bis jetzt so gar keinen rückblickenden Instinkt entwickelt habe. Meine Freundin ist deshalb auch sehr genervt.
Keith Murray: Die Dinge, die ich mal als Fehler betrachtet habe, haben mich rückblickend gesehen nur nach vorne gebracht und im Guten verändert. Aber unfehlbar sind wir nicht. Ich glaube, wir fühlen uns beide oft wie Idioten. Aber aufmerksame Idioten.
Welcher Song erinnert euch an eure Kindheit?
Chris Cain: Irgendetwas von Jackson Five…
Keith Murray: Glenn Frey mit „You Belong To The City“. Ein toller Song! Wenn ich den höre, muss ich sofort an das Auto von meiner Mutter denken – einen 1970er Dogde Dart. Es hat immer sehr nach Leder gerochen. An welchen Geschmack musst du eigentlich bei Jackson Five denken?
Chris Cain: Ehrlich gesagt, habe ich Jackson Five nicht mal in meiner Kindheit gehört. Ich musste nur an singende Kinder denken… (lacht) Viel eher würde eigentlich Foreigner passen. Im Radio lief ständig „I Wanna Know What Love Is“. Geschmacklich muss ich komischerweise an ein deutsches Restaurant denken, in das ich mit der Familie alle zwei Wochen gegangen bin. Es war nämlich das einzig anständige Restaurant in Aughton, Utah, wo ich aufgewachsen bin. Da habe ich immer das Gleiche bestellt: Wiener Schnitzel Zigeunerart. Seitdem bin ich auf der Suche nach einem Restaurant, das dieses Gericht auch auf der Karte hat. Und ich habe es noch nicht gefunden. Noch nicht einmal in Deutschland!
Interview und Fotos: Hella Wittenberg
„TV En Français“ erscheint am 07. März 2014