Am Samstag trafen sich in Berlin Liebhaber des Surfens beim Straend Festival, das Musik, Kunst und Filme rund ums Thema Surfen zeigt. Was hat Berlin mit Surfen zu tun? Außer Windsurfen und Stand Up Paddeling habe ich hier noch nicht viel gesehen. Und auch Surferlegende und Musiker Tom Curren scherzte auf der Bühne, dass er bisher nur Leute gesehen hat, die stehend auf einem Brett mit einem langen Paddel die Spree entlang paddeln. Mit einem Grinsen im Gesicht meinte er, das sei ja auch Surfen. Ich weiß nicht so genau, ob ich ihm da zustimmen würde. Aber er ist der Profi, ich bin nur zufällig da – wegen der Musik, dem Sand und weil meine Kollegin krank geworden ist.
Den musikalischen Anfang machen Heartbeast. Das Duo war für meinen Geschmack etwas zu düster-soulig und so wenig sonnig. Wenigstens war zu dem Zeitpunkt die Sonne noch da. Und genügend Liegestühle. Und noch während sie ihren letzten Song spielten, musste man zum Glashaus eilen, um den Anfang des ersten Surf Films nicht zu verpassen. „The More Things Change“, ein Film über Gerry Lopez, den balinesischen Surfspot Uluwatu und wie sich dieser verändert hat. Der Geruch von Popcorn erfüllte den ganzen Raum und nach dem Film erfüllte mich der Wunsch nach einem Tag am Ozean.
Auf dem Rückweg zur Strandbühne um Hein Cooper zu sehen, fiel dann ein intensiverer Blick auf die Kunst und Fotos, die auf dem Weg lagen. Wie das Screening Tent der VHS Crew, vor dem ein Brett mit den Worten „Catch Waves Not Pokemon“ lag. Sogar als Nicht-Surfer scheint mir das sinnvoller. Am Eingang zum Glashaus begeisterten mich noch Fotos der vierten Edition der Nixon Surf Challenge mit ihren verschiedenen Türkistönen, die ebenfalls Lust auf Meer machen. Und draußen lag etwas, das aussah wie ein Haufen Müll – da weiß ich nicht, ob das Kunst oder ein Haufen Bretter und anderes Zeug war, die da jemand abgelegt hatte. War es Teil der „Shades of Trash“ Installation von Angelo Schmitt? Jedenfalls war es abgesperrt und einen Hinweis habe ich nicht gesehen. Schade eigentlich. So schade wie der zeitliche Ablauf. Entweder man guckte ganze Filme oder ganze Sets – beides ging nicht so richtig oder wäre in Stress ausgeartet und die Hälfte hätte man verpasst. Und Surfen und Stress passt auch nicht zusammen.
Aber so konnte ich zwischendurch auch mal über den Surfer- und Skatermarkt vor den Toren des Festivals reinschnuppern und ein paar Skatern auf der Minihalfpipe zugucken. Bevor als nächstes Betty The Shark aus Biarritz, Frankreich, mit Tom Curren am Schlagzeug die Bühne betraten. Diese Band macht wirklich eine Menge Spaß und war auch die erste Band, bei der man das Gefühl hatte, dass sie schon mal einen Strand gesehen haben. Und am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte getanzt, aber vor lauter Menschen die in ihren Liegestühlen rumlungerten, wollte ich es dann doch nicht.
In der Wartezeit zur nächsten Band machte sich genau eine Frage in meinem Kopf breit: „Wer fängt zuerst an – der Regen oder die Graveltones?“ Die Sonne versteckte sich zu dem Zeitpunkt bereits hinter dicken grauen Wolken. Beide finden gleichzeitig an. Tat der Stimmung im Publikum keinen Abbruch. Schuhe aus und Barfuß im nassen Sand zum Heavy Blues Rock des Duos tanzen. Und kurze Pausen, um das Equipment etwas weiter unter das Dach der Bühne zu schieben taten dem Ganzen keinen Abbruch. Pedals, E-Gitarre und dergleichen vertragen sich nicht so gut mit Wasser. Einmal sang Gitarrist und Vocalist Jimmy O auch ohne jegliche Verstärkung zu den Beats von Schlagzeuger Mikey Sorbello, während sein Equipment getrocknet wurde.
Kurz nach Ende ihres Auftritts hörte es dann auch wieder aus zu regnen und Tom Curren konnte doch noch draußen auftreten. Mit dabei hatte er eine Dame für das Keyboard und etwas Hintergrundgesang. Seine Musik ist einfach nur zum sich verlieren schön. Seine Stimme ersetzte die Sonne.
Etwas durchnässt und leicht frierend war das Glashaus eine willkommene Oase der Wärme und eines weiteren Films für mich – das filmische Programm hatte ich ja bis dahin überwiegend verpasst. „Chasing Zero“ mit musikalischer Untermalung einer Liveband stand auf dem Zettel. So ganz konnte ich den Soundtrack nicht mit dem gezeigten in Einklang bringen, aber abgefahren waren die Bilder des englischen Regisseurs und Fotograf Chris McClean schon. Anschließend wurden sämtliche Stühle entfernt, weil zur letzten Band des Abends Sticky Fingers brauchte man Platz. Schweißtreibendes Tanzen war in den ersten Reihen angesagt. Für mich war es zu krachig. Der Sound zu wenig definiert und alles verschmierte zu einem einzigen Haufen Krach. Aber amüsant waren die Herren trotzdem.
Danach konnte man sich im strömenden Regen im Open Air Kino noch mehr Filme von Orten mit mehr Wellen und schönerem Wetter angucken. Die Besucher verzogen sich in die letzten trockenen Ecken des Badeschiff Areals und träumten vermutlich vom Sommer. So wie ich jetzt. Und von diesem wunderbaren Festival mit seinen kleinen Ecken und Kanten. Ein paar Eindrücke habe ich euch auch mitgebracht:
Fotos & Worte: Dörte Heilewelt