Viel, fast schon zu viel, ist bereits gesagt worden über die diesjährige Ausgabe des Lollapalooza Festivals in Berlin. Oder, um genau zu sein, bei Berlin. Weil Hoppegarten, dit is nich mehr Berlin! Ja, es gab massives Chaos bei der An- und Abreise nach Hoppegarten. Und ja, die Rennbahn Hoppegarten mag ein charmanter Ort sein, letztendlich aber wahrscheinlich nicht der geeignetste für ein Festival dieser Größenordnung. Eines muss aber an dieser Stelle unbedingt gesagt werden: die Foo Fighters haben mit ihrem Auftritt am Sonntag Abend rausgerissen, was man nur rausreißen kann. Wenn Dave Grohl die Mähne schüttelt und Taylor Hawkins das Schlagzeug traktiert, da geht einem einfach das Rock’n Roll Herz über. Man vergisst vor ganz grundsätzlicher Begeisterung auch manchmal regelrecht, wieviele gute Songs die Foo Fighters in all den Jahren angesammelt haben. Da kommt man aus der Freude über so viel geballten Rock’n Roll gar nicht mehr raus. Und so nett wirken die Herren! Wenn jemand das Allüren-freie Rock-Star-Tum für sich gepachtet hat, dann definitiv Dave Grohl und Konsorten.
Gefühlt hat diese fulminante Rock Show wahrscheinlich nur noch ein Teil der Lollapalooza Wochenendgäste mitbekommen. Während das Gelände am Freitag zeitweise am Rande seiner Kapazität wirkte und es hier und da zu ungemütlichen Drängeleien kam, wirkte es am Sonntag selbst abends noch eher übersichtlich entspannt. Der ein oder andere schien aufgrund des Chaos am Vortag nicht mehr die Energie aufgebracht zu haben, die Odyssee noch einmal auf sich zu nehmen. Im Gegensatz zum wechselhaften Wetter am Samstag gab es am Sonntag aber nochmal eine ordentliche Portion Sonnenschein. Dazu die Mitglieder von Metronomy in strahlendem weiß auf der Bühne – das war schon Balsam für die Seele.
Man konnte durchaus den Eindruck bekommen, das ganze Drumherum habe vielen Konzertzuschauern die Laune verhagelt. Für die Künstler schien es zum Teil nicht so leicht, Stimmung in die Massen vor der Bühne zu bringen, zumindest nicht bis hin die hinteren Reihen. Mit den größten Erfolg hatten diesbezüglich die Beatsteaks. Die rumpeln jegliche Form von schlecht gelauntem Widerstand einfach nieder, da wird selbst der hartnäckigste Armeverschränker weich. Ebenso Cro, der wahrscheinlich das jüngste und prozentual weiblichste Publikum in den vorderen Reihen vereinen konnte. Auch wenn man das Gefühl nicht abgeschüttelt kriegt, dass diese Pandamaskennummer doch langsam vorbei sein müsste, muss man doch würdigen, dass der Superstar mit Kuscheltiercharme auf komplette Bandbegleitung statt Beats vom Band setzte. Das Publikum feierte ihn auf jeden Fall „derbe ab“, wie die Zielgruppengeneration es wohl ausdrücken würde. Schnell weg, bevor man anfängt sich alt zu fühlen.
Wanda hingegen hatten es, trotz gewohnt schnodderiger Attitüde, speckiger Lederjacke und trotzdem nicht zu verleugnendem Sexappeal, etwas schwerer, ihr Publikum mitzureißen. Aber da grätschte das Wetter auch gerade besonders böse rein. Schee war’s trotzdem, Amore kann man schließlich nie genug haben.
Es war keine so ganz runde Sache, dieses Festival. Die Sound Überschneidungen waren zum Teil heftig. Wenn jemand, wie etwa die Foo Fighters, laut genug war, fiel das nur zwischen den Songs auf, was Dave Grohl auch zum Anlass für Späßchen nahm. Ruhigere Töne, wie zum Beispiel von Soulbarde Michael Kiwanuka, hatten es dagegen deprimierend schwer. Das Gelände ist groß, für vier Bühnen am Ende aber dann doch nicht weitläufig genug. Die Toilettensituation war leider auch am zweiten Tag immer noch eine Katastrophe. Es gab immer mal wieder Situationen, in denen man geflissentlich die Zähne zusammen beißen musste. Aber zum Glück, um es noch einmal zu sagen, gibt es ja die Foo Fighters. Und nächstes Jahr soll die Party dann in den Olympiapark ziehen – dort hat man wenigstens Erfahrung mit Veranstaltungen dieser Größenordnung. Es bleibt weiter spannend, ob es nach dem ebenfalls etwas rumpeligen Auftakt am Flughafen Tempelhof, dem vergleichsweise entspannten aber heiß diskutierten Intermezzo im Treptower Park und dem diesjährigen Anreisechaos im vierten Anlauf ein Happy End für Berlin und dieses schöne, traditionsreiche Festival Franchise gibt.
War dabei: Gabi Rudolph
Fotos: Hella Wittenberg