Marcell Brell gehört zu den Musikern, die ständig unterwegs sind. Allein vor der Veröffentlichung seines Debütalbums „Alles gut, solang man tut“ war er sieben Mal auf Tour und auch aktuell ist er wieder On The Road. Er stand bereits als Vorband für Alin Coen, Elif, Suzanne Vega, Sharon Corr und Dota Kehr auf der Bühne und spielte zahlreiche eigene Shows. Und was macht man als Musiker, wenn man so viel unterwegs ist? Bestimmt eine Menge Musik hören, um die langen Fahrten gut zu überstehen. Und deswegen haben wir uns gedacht (und direkt auch laut gefragt): Was hört Marcel Brell denn so privat? Die Liste gibt einen guten Einblick in das geschmackliche Universum des umtriebigen Singer/Songwriters. Wir sagen danke, Marcel!
1. Cäthe – So oder so
Cäthe bin ich zum ersten Mai bei einem gemeinsamen Auftritt beim NDR in Hamburg begegnet. Als wir danach gemeinsam durch ein paar Flaschen Rotwein schwommen, erzählte sie mir, dass ihr neues Album komplett live eingespielt sein würde. Damals hab ich mich gefragt, wie das wohl klingt. Seit ich „Vagabund“ das erste Mal gehört habe, ist mein Fantum unkontrollierbar eskaliert.
2. Korn – Falling Away From Me
Episch, einfach episch. Erinnert mich an meine Jugend und an den Versuch, dazu zu gehören. Um mich herum hörten alle dieses „Metal“, ich fragte mich, ob man dann auch „Holz“ oder „Stein“ hören kann, wenn man „Metall“ hören kann. Ich komm halt aus der Klassik. Da hält man ein fett komprimiertes Becken eben für weißes Rauschen. Die Korn-Platte liebe ich inzwischen. So schön herrlich kitschiger Old-School-Metal.
3. Sido feat. Doreen – Nein! (MTV Unplugged)
Doreeeeen! Als ich noch Produzent war hab ich mal eine Single für Doreen geschrieben und produziert. Die hieß „Wie konntest du nur“ und hat relativ hohen Druck auf die Tränendrüsen ausgeübt. Doreen hat das damals bei mir im Studio ganz toll gesungen, daran erinnere ich mich noch. Ich bin einfach Sido-Fan und mag seine direkten unverkopften Texte. Außerdem schreibt er immer auch Songs, die die Kids zum Nachdenken bringen, und in denen er in einfacher Sprache auf die Zustände in der Welt aufmerksam macht.
4. Taylor Swift – Out Of The Woods
Ich liebe Taylor. Für mich verkörpert sie alles, was moderner Teenie-Pop sein sollte: Lupenreines Entertainment. Und eine spiegelglatte Projektionsfläche. Ich hab Taylor Swift auf ihrer 1989-Welttournee live in Köln erlebt und habe mich einfach 2 Stunden in eine andere Welt beamen lassen. Dort gibt es nur Gitter, Bass, Love, Friends und forever. Persönlich hätte ich mir etwas mehr Live-Bandsound gewünscht und etwas weniger Konserve, aber irgendwas is ja immer.
5. Tori Amos – Marianne
Mit Tori Amos bin ich nie so richtig warm geworden. Ich hör mir immer mal wieder ihre Musik an, weil ich denke, es gehört sich einfach sie toll zu finden. Aber irgendwie. Ich weiß nicht. Sie singt schon toll. Und sie spielt schon toll Klavier. Aber ach. Es ist einfach auch so weinerlich. Ich liebe ja ruhige Musik. Aber zum Beispiel Agnes Obel holt mich da viel mehr ab. Wahrscheinlich liegt es an mir. Sorry Tori, du bist toll. Aber ich glaube ich bin einfach noch nicht reif für dich.
6. Juliane Werding – Das Würfelspiel
Großes Kino. Großes deutsches Kino! Juliane Werding ist eine der interessantesten Schlager-Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts. Die Texte in ihren Liedern sind einfach immer profund, nie dumm, und ich liebe die Melancholie die ihre Lieder versprühen. Alle die „Das Würfelspiel“ nicht kennen, weil sie zu jung, zu hip oder zu sehr einen Stock im Arsch haben hören sich das Lied bitte an. Eine hinreißende kleine Geschichte zum Thema Schicksal.
7. Marcel Brell & Alin Coen – Wo die Liebe hinfällt
Schon eitel, sein eigenes Album auf dem Player zu haben, oder? Ich kann es aber immer professionell wegargumentieren und sagen, najaaaaa – ich muss doch wissen, wie das als mp3 über die Kopfhörer klingt etc. Davon abgesehen: Immer noch ein schönes Lied, wie ich finde. Alins Stimme ist einfach zum dahinschmelzen. Das Video zu dem Song hab ich selber gedreht. Da war ich gerade mit Alin bei einem Schreibseminar, ich hab sie mir geschnappt und wir sind in der Mittagspause runter in diesen kleinen Saal, wo ein Flügel stand. War übrigens ganz schön kalt in dem Raum. Sieht man uns aber natürlich nicht an. Sind ja Profis.
8. N.W.A – Something Like That
Ich war neulich in diesem Hip Hop-Film „Straight out of..ähm Dings“, vergessen. Da wird die Geschichte der größten Hip Hop-Legenden erzählt. Dr. Dre, Ice Cube, Eazy E, Snoop Dogg, etc. Zu dem Song kann ich nicht so viel sagen, ich hab mir einfach nach dem Film den Soundtrack angehört, weil ich die Musik so gut fand. Auf diesem Album ist aber natürlich auch der legendäre Song „F*** the police“. Immer wieder einfach schön, privat und geschäftlich, unter der Dusche oder bei Familienfeiern. Emotionalisiert jedenfalls total, wie ich finde. Ich als Pop-Musikant ziehe mir ne Kapuze über den Kopf und fühl mich ziemlich real, wenn ich mit dem Album auf den Kopfhörern durch Neukölln laufe. Übrigens: N.W.A. hatten auch ein ziemlich respektables politisches Anliegen. Müsst ihr mal Wikipedia.
9. Cro – Bad Chick
Aus meiner Sicht eher einer der blöderen Cro-Songs. Grundsätzlich mag ich das Album total gerne. Gute Produktion, gute Grundhaltung des Protagonisten, die sich in etwa mit: „Ich bin jung, is mir egal“ zusammenfassen lässt. Ich bin eher ein sehr genauer, sezierender Texter. Ich liebe das zwar, finde mich selbst aber auch oft anstrengend dabei. Cro hör ich so gerne, weil der einfach so unprätentiös und rumpelig los rappt und er mir das Gefühl gibt, es ist okay, wenn nicht alle Reime phonetisch rein sind. Seelenfrieden.
10. Claire Waldoff – Wegen Emil seine unanständige Lust
Meine Schwester arbeitet bei „Pink Stinks“, einem Format das sich für ein zeitgemäßes, weniger sexualisiertes Frauenbild stark macht. Claire Waldoffs Lied sollte die offizielle Feminismus-Hymne werden, wie ich finde. In dem Lied sagt sie, dass sie unter gar keinen Umständen vor hat, sich einer Schönheitsoperation zu unterziehen, nur weil ihr Mann, Emil, sich eine Frau mit einer schöneren Nase oder größeren Brüsten wünscht. Bravo! Und da diese einzig richtige Einstellung selbst heute noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, ist dieser Klassiker relevant wie eh und je. Bitte teilen.
Marcel Brell ist (natürlich) aktuell auf Tour: