Er baut Gitarren aus Waschbrettern und alten Ölkannen. Er hat den Blues mit Löffeln gefressen und verteilt mit seinen 75 Jahren immer noch höchst lässig weiche Knie an seine weibliche Hörerschaft. Seasick Steve ist gestern Abend für ein kurzes, exklusives Showcase im Grünen Salon in Berlin eingekehrt, wo er eine Stunde lang Songs aus seinem im März 2015 erscheinenden neuen Album „Sonic Soul Surfer“ spielte, seine umfangreiche Gitarrensammlung präsentierte und charmante Geschichten aus seinem offensichtlich bewegten Leben zum Besten gab.
Gleich zu Anfang zeigte Steve Wold (der sein erstes Album übrigens mit über 60 Jahren aufnahm) sich von seiner charmanten Seite und bat das in den ersten Reihen überwiegend männliche Publikum, doch ein wenig Platz für die Damen aus den hinteren Reihen zu machen. Leider ließ dieses hingegen an ebenbürtigem Charme missen und ignorierte gepflegt die Aufforderung, sodass Seasick Steve dann doch mit dem Anblick der Herren der Schöpfung Vorlieb nehmen musste.
Aber, ein Kerl wie Seasick Steve weiß sich zu helfen, und so begab er sich irgendwann selbst in die hinteren Reihen um sich eine Dame zu angeln, die auf der Bühne neben ihm Platz nehmen sollte. „I’ll just sing you a song, it’s an easy job,“ erklärte er ihr auf ihre schüchterne Frage hin, was denn nun ihre Aufgabe wäre. Und wie es nunmal so ist mit dem Blues, die Schüchternheit war schnell vergessen und eine Hand landete vertraulich auf Steves Knie.
Wenn Seasick Steve in die Saiten haut, geht einem das in Mark und Bein. Seiner Musik wäre eigentlich ein Publikum würdig, das wild tanzend die schwitzenden Laiber lasziv aneinander reibt. Dazu kam es an diesem Abend leider nicht, die Begeisterung zeigte sich eher in ausgelassenem Grölen. Zwischendurch konnte man auch die leiseren Töne genießen, bei denen noch einmal deutlich wird, dass Seasick Steve nicht nur ein großartiger Gitarrist, sondern auch ein toller Sänger ist.
Hoffentlich kommt Seasick Steve bald wieder zu uns. Auf jeden Fall, vor allem wenn es Barbecue gibt, versicherte er.
War dabei: Gabi Rudolph
Fotos: Lynn Lauterbach