The Devil Makes Three sind eine der besten und tightesten Livebands, die ich kenne. Seit ihrem Konzert vor drei Jahren im BiNuu bin ich ein großer Fan des Folk/Americana Trios aus Santa Cruz, USA. Lucia Turino, Pete Bernhard und Cooper McBean sind lieber auf der Bühne als im Studio und touren von daher unermüdlich in den USA und Europa. Vor ihrem Konzert im Berliner Lido nahm sich Gitarrist Pete Bernhard Zeit um mir ein paar Fragen zum neuen Coveralbum „Redemption & Ruin“ zu beantworten. Und die schlechte Nachricht zuerst: Ein Album mit neuen eigenen Songs dürfte noch etwas dauern, aber sie haben es geschafft, die Songs von Muddy Water, Robert Johnson und dergleichen sich so sehr zu eigen zu machen, dass es auch ihre sein könnten. Was ihr sonst noch über die Band und das neue Album wissen müsst, erfahrt ihr in unserem Interview.
Ich war überrascht, dass ihr mit „Redemption & Ruin“ ein Album voller Coversongs veröffentlicht habt. Es ist schon ziemlich lange her, dass ihr ein eigenes Album veröffentlicht habt.
Pete: Normalerweise veröffentlichen wir alle vier Jahre ein Album. Ich glaube, es sind zweieinhalb Jahre seit dem letzten „I’m A Stranger Here“. Wir veröffentlichen nicht so viele Alben. Für andere Bands wäre es vielleicht eine lange Zeit, aber für uns ist es normal. Wir haben noch nie jedes Jahr ein Album veröffentlicht. Es waren immer mindestens drei Jahre zwischen jedem Album.
Ich hatte nur gedacht, dass es mal wieder Zeit für was Neues wäre – allerdings habe ich auch gelesen, dass ich nicht auf Tour schreibt und ihr seid praktisch permanent auf Tour.
Ja, das macht es schwer für uns Alben zu schreiben. Und wir brauchen auch eine Auszeit bevor wir ein neues Album schreiben können. Dieses Album haben wir zwischen zwei Touren aufgenommen und da es die Lieder anderer Menschen sind, war es auch viel einfacher. Auch wenn wir dieses Album nicht herausgebracht hätten, hätte es noch eine Weile gedauert bis wir ein neues Album veröffentlicht hätten – vermutlich ein Jahr oder sogar mehr. Wir haben einfach nicht das Material. Wir brauchen einfach sehr lange.
Außerdem habe ich auch gelesen, dass ihr die Zeit im Studio nicht so genossen habt, bis ihr herausgefunden habt, dass es so etwas wie Liveaufnahmen gibt.
Ja, das haben wir mit dem vorletzten und letzten Album gemacht. Jetzt genießen wir es sozusagen. Wir haben jetzt herausgefunden wie wir aufnehmen wollen und so haben wir das letzte Album aufgenommen. Davor war es nicht so. Wir mögen es live zu spielen. Wir sind eher eine Liveband als eine Studioband. Wir haben auch unsere gesamte letzte US Tour aufgenommen und werden das am Ende auch irgendwann auf unseren eigenem Label veröffentlichen. Wir veröffentlichen ständig Liveaufnahmen. Wir versuchen mit diesen Sachen einen guten Katalog aufzubauen. Wir mögen das Studio immer noch nicht allzu sehr und deswegen veröffentlichen wir nicht so viel. Wir spielen mehr live. Das macht mehr Spaß.
War es schwer loszugehen und sich Song von Muddy Waters, Willie Nelson und dergleichen vorzunehmen und sich zu eigen zu machen?
Manchmal was es schwer, aber manche Songs haben wir dann am Ende auch nicht genommen. Andere Songs haben sehr gut funktioniert. Wir haben uns Songs rausgesucht, die wir schon mögen und deswegen war es nicht so schwer. Wir sind ungefähr 50 Songs durchgegangen und haben die rausgesucht, die am besten klangen. Wir haben Demos aufgenommen und uns dann geeinigt. Wir haben Songs rausgesucht bei denen wir dachten, dass sie mit unserer Band funktionieren könnte. Aber es war immer eine Herausforderung sicherzugehen, dass man den Songs auch gerecht wird. Man will keine Version herausbringen, die schlechter oder nicht so interessant ist. Die meisten Songs klingen nicht mehr wie das Original. Das war unsere Intention. Wir haben es ganz anders gemacht, weil jeder, den wir gecovert haben sowieso schon so großartig ist. Man muss da seinen eigenen Weg gehen.
Ich denke, wenn ich so etwas machen müsste, würde ich vermutlich erst einmal in eine Starre verfallen, weil mein Respekt vor den Künstlern so groß wäre.
Wir haben sie ja stark verändert und das hat viel Spaß gemacht. Alles andere hätte für uns keinen Sinn gemacht. Die Künstler hatten auch einen großen Einfluss auf unsere Musik. Wir werden oft gefragt was unsere Einflüsse sind. Eine Idee hinter dem Album war es zu zeigen was wir mögen. Wenn du dich fragst, was wir mögen und wieso wir die Band sind, die wir sind, dann hör dir dieses Album an. Außerdem haben wir so ganz viel neues Material für unser Liveset. Es sind auch Künstler, die wir respektieren. Wir schreiben gerne unsere eigenen Songs, aber Cover zu spielen macht wirklich Spaß. Wir haben schon immer Cover von Robert Johnson, Charlie Monroe, Doc Watson und Hank Williams in unserem Set gespielt. Wir dachten es wäre ein guter Weg den Menschen mitzuteilen worum es in unserem Sound geht.
Dadurch dass das Album so zweigeteilt ist, dachte ich zuerst, dass es für Vinyl gemacht wurde. Und ich fand auch die Strukturierung innerhalb der beiden Seiten faszinierend. Ihr startet mit den schnellen, tanzbaren Nummern und entlasst den Hörer mit wirklich langsamen und düsteren Songs zurück. War das Absicht?
Ja, das war es, aber thematisch und textlich ist es nicht traurig. Naja, irgendwie schon. Die Idee war, dass die erste Seite davon handelt wie man Mist baut und die zweite davon, dass man versucht es wieder zu reparieren und über Tod und Religion. Wir haben den Song ans Ende gesetzt, weil er da am besten hinpasst. Wir haben die Reihenfolge sehr oft verändert und das war der perfekte Ort. Es ist schon eine traurige Art das Album zu verlassen, aber anders ging es nicht. Es ist eine sehr nette Schlussnotiz. Der Song ist sehr schwer zu spielen, weil er so down ist, aber auch sehr schön.
Und das ist auf beiden Seiten so und mit jedem Song wird es langsamer, als ob ihr den Hörer auf das Ende vorbereiten wollt.
Ja, absolut. Das kommt. Ich bin sehr aufgeregt, es auf Vinyl zu kriegen. Das war die ganze Idee dahinter. Wir hoffen, dass es die Leute auf Vinyl kaufen, damit die ganze A und B Seiten Idee funktioniert. Das klappt auch als CD, ich habe mir alles angehört, aber ich denke es wäre cooler und man versteht es einfacher.
Bis ich mich auf dieses Interview vorbereitet habe, war es für mich immer nebensächlich, dass es bei euch keinen Schlagzeuger gibt. Wenn ich euch live gesehen habe, habe ich ihn auf der Bühne nie vermisst. Auf „Redemption & Ruin“ habt ihr einen bei den Aufnahmen dabei gehabt.
Wir hatten vorher schon einen Schlagzeuger. Ehrlich gesagt konnten wir es uns lange Zeit nicht leisten, unsere Band zu erweitern. Als wir mit der Band angefangen haben, auf dem ersten Album, da hatten wir noch einen Schlagzeuger, aber er war Vollzeit in der Schule und wir haben kein Geld verdient und so hat er gekündigt. Da haben wir Jahren ohne einen Schlagzeuger weitergemacht, ein paar ausprobiert und seit kurzem haben wir wieder einen in den Staaten. Wir nehmen ihn nicht immer mit, aber wir mögen es sehr mit ihm zu spielen. Er ändert den Sound der Band auch nicht zu sehr. Er ist kein Rock-Schlagzeuger.
Das würde auch nicht zu eurer Musik passen.
Er hat die richtige Herangehensweise. Er spielt Snare, Kickdrum, Becken und eine Hi-Hat. Es ist ein sehr kleines Set. Er stärkt uns den Rücken und das ist sehr nett. Nachdem wir so lange ohne gespielt haben ist es sehr entspannend, mit einem Schlagzeuger zu spielen.
Wieso?
Er hält den Beat und wir brauchen uns darum nicht zu kümmern. Wir machen es natürlich trotzdem, aber nicht mehr mit so viel Nachdruck. Das hängt auch vom Song ab. Nicht bei jedem Song auf „Redemption & Ruin“ ist ein Schlagzeuger dabei. Wenn es nicht notwendig ist, dann kommt er auch nicht drauf. Wenn doch, dann kommt der Schlagzeuger dazu.
Wie habt ihr die ganzen Gastmusiker für das Album gefunden? Das sind ja einige.
Wir haben in Nashville mit einem Typen namens David Ferguson aufgenommen und all diese Leute sind seine Freunde. Sie haben alle vorher schon in dem gleichen Studio wie wir aufgenommen. Das Studio ist sehr relaxt und lässig. Es ist nur ein Zimmer. Es ist kein schickes Studio. Es hatte gutes Equipment, aber es ist nur ein Zimmer. Sie sind einfach vorbeigekommen. Er hat sie einfach eingeladen und jeden Tag war jemand anderes im Studio dabei, mit der wir einen Song spielten. Der Co-Besitzer war John Prine, schon Johnny Cash hat dort aufgenommen. Er hat einfach eine lange Liste von Musikern, die er anrufen hat und gefragt hat, ob sie vorbeikommen und auf dem Album spielen würden. Er hat sie für einen Tag engagiert. Das hat Spaß gemacht und war auch sehr einfach. Die sind alle großartige Musiker. Meistens sind wir alle in den gleichen Raum gegangen, haben runtergezählt und den Song gespielt. Sie haben live mit uns zusammen gespielt und dann haben wir noch den Gesang hinzugefügt und das war’s. Wir haben direkt vor den Aufnahmen noch viel die Arrangements verändert und geschrieben. Das war sehr cool. Wir haben für den Moment Sachen geändert, sie aufgenommen und das war der Track.
Ihr habt also den Moment eingefangen wie ein paar Leute zusammen spielen?
Genau. Wir haben höchstens mal vier oder fünf Takes gemacht. Normalerweise hatten wir dann etwas Gutes und wir sind weitergezogen. Wir wollen nicht perfekt sein. Darum geht es nicht. So eine Band sind wir einfach nicht. Ich mag diese Art von Alben sowieso nicht. Alle meine Lieblingsalben wie auch die Leute, die wir gecovert haben, machen Fehler, weil es damals keinen anderen Weg gab Musik aufzunehmen. Das höchste der Technologie war ein Mikrofon und alle sammelten sich darum. Wenn sie einen Fehler machten, dann war es eben so und das ist auch unser Ansatz. Normalerweise haben alle zugestimmt. Man hat es durchgespielt und jeder meinte „das ist gut“ und wenn der Toningenieur auch zustimmte, dann ist es gut und man geht weiter. Und hoffentlich war es dann auch gut. [lacht]
Wie schreibt ihr eigentlich Songs? Du schreibst die Songs, die du dann auch singst, und Cooper McBean schreibt und singt seine Songs?
Normalerweise fange ich mit den Basisakkorden und dem Text an und wir arrangieren alles andere. Als Band schreiben wir die Musik überwiegend zusammen.
Fängst du mit den Worten an?
Ich schreibe irgendwie Akkorde und Texte gleichzeitig. Während ich mir Worte ausdenke, überlege ich mir auch die Akkorde. Und dann bringe ich die Idee zu ihnen und wir schreiben Bass und Banjo oder Gitarre, arrangieren Harmonien und schreiben Solos. Das machen wir alle zusammen. Und mit dem neuen Album haben wir das auch mit den anderen Musikern so gemacht. Für Tim O’Brien, Jerry Douglas und so hatten wir nicht zwangsläufig einen Teil geschrieben. Wir haben einfach gefragt, was wollt ihr machen? Was klingt für euch gut? Und haben uns dann was ausgedacht.
Ihr habt auch mit großartigen Musikern zusammengearbeitet – würde es sich da nicht auch komisch anfühlen ihnen zu sagen was sie spielen sollen?
Das wollte ich nicht tun. Sie haben einfach ein paar Teile geändert und den einen oder anderen Vorschlag gemacht. Es hat Spaß gemacht einfach einen Teil zu ändern und im Break das zu machen, was sie wollten. Sie hatten großen Einfluss auf die Arrangements und das machen wir normalerweise zusammen als Band. Musikalisch ist es ein gemeinschaftlicher Prozess. Ich bringe nur die Texte und die Grundstruktur eines Songs.
Wieso singst du keinen Song von Cooper und umgekehrt?
Ehrlich gesagt schreibt er nicht sehr viele Songs. Ich will keinen seiner Songs singen, weil ich will, dass er sie singt. Es ist auch auf dem Album und beim Konzert interessanter, wenn er den Hauptpart singt, weil ich sonst alles singe. Wenn ich auch noch seine Songs singen würde, wäre es vielleicht so als ob es ein weiterer meiner Songs wäre. Er gibt dem ganzen eine Vielfalt. Und wenn er keinen geschrieben hat, dann hat er mindestens ein Cover oder ein Cover und einen seiner eigenen Songs auf einem Album, einfach weil es schöner ist, wenn man verschiedene Stimmen hört. Ich habe noch nie drüber nachgedacht ihm einen Song zu geben, aber hauptsächlich weil wir sehr verschieden schreiben und ich es nicht einfach finde die richtigen Worte zu fingen.
Ich hab auch erst jetzt drüber nachgedacht, weil ihr ein Album veröffentlicht, das voll von Liedern ist, deren Worte aus der Feder eines anderen stammen.
Wir haben es versucht, aber es hat nicht geklickt. Was ich aber gerne machen würde ist einen Song für Lucia zu schreiben. Ihr Gesang wird immer stärker und sie schreibt überhaupt nicht. Sie will dass ich einen Song für sie schreibe, in dem sie den Sologesang übernimmt. Wäre das nicht großartig? Sie wird heute Abend bei ein paar Covern den Gesang übernehmen. Sie wird selbstsicherer. Ich muss mir nur noch einen Song für sie ausdenken. Das wäre etwas, das ich gerne machen würde.
Und ich würde den liebend gerne hören! Unsere Zeit ist leider um. Vielen Dank für das Interview, Pete.
Das Album „Redemption & Ruin“ ist seit dem 26. August 2016 bei uns erhältlich.
Interview: Dörte Heilewelt
Foto: Giles Clement