Es scheint fast als hätte ich im Laufe der Jahre zwei verschiedene Nathaniel Rateliffs kennengelernt – der eine stand als Singer-Songwriter alleine mit seiner Gitarre auf der Bühne und verbreitete etwas Melancholie, der andere Nathaniel macht mit einer sechsköpfigen Band, den Night Sweats, Oldschool Soul der allerbesten Sorte und bringt einen Konzertsaal schon bei den ersten Tönen des Intros zum Kochen. Letzteres hat er bei seinem Konzert im Berliner Heimathafen mal wieder bewiesen. Erst kamen die Night Sweats auf die Bühne um das Publikum schon mal musikalisch auf den Meister einzustimmen und nach wenigen Minuten betrat Rateliff die Bühne und tanzte sich warm. Ab da zog das Konzert an mir viel zu schnell vorbei – es wurde viel getanzt, mitgesungen, geklatscht und unendlich viel Freude und Spaß versprüht.
Nach gefühlt einem Wimpernschlag waren wir auch schon beim letzten Song „S.O.B.“ angekommen. Das Publikum gab nochmal alles, sang lautstark mit. Nach „S.O.B.“ verließen die sieben Herren die Bühne – wohl wissend, dass sie auch wieder den Weg zurück antreten würden. Statt der obligatorischen Zugaberufe sang die Menge einfach weiter bis sich die Band wieder auf der Bühne versammelt hatte. Als Zugabe spielten sie „The State I’m In“, ein Cover von The Band und traditionell ein Song den Rateliff und Freunde bei Konzerten mit „S.O.B.“ zu einer Nummer verschmelzen. Glückselig und verschwitzt entließen Nathaniel Rateliff & The Night Sweats ihr Publikum dann in die kühle Nacht.
Beim Warten auf die Vorband, Reverend Deadeye, fiel eines direkt ins Auge: ein weißer Drahtbügel mit Weste und einer Krawatte hing am Mikrofonständer. Ein Dekoelement? Mit nichten. Die beiden Bandmitglieder, Gitarrist und Sänger Reverend Deadeye und Schlagzeuger Brother Al, kamen in Unterhemd auf die Bühne und zogen sich erstmal schick an. In all den Jahren das erste Mal, dass sich eine Band auf der Bühne Klamotten anzieht und nicht auszieht. Nach diesem Ritual folgte eine feine Mischung aus Gospel, Blues und Rock’n’Roll. Der Musik hört man auch direkt die Wurzeln des Reverends, dem Sohn vom Sohn eines Pastors, an. Ein Hauch von religiösen Themen und die Auseinandersetzung mit dem Teufel liegt da nahe und nach dem Konzert kann man noch Zeichnungen von ihm kaufen – allesamt angefertigt auf Bibelseiten.
Die vergangene Tour von Nathaniel Rateliff und den Night Sweats verpasst? Keine Panik! Schon im Herbst kommen sie nach Deutschland zurück:
03.11.2016, Berlin, Astra
05.11.2016, Köln, Luxor
06.11.2016, München, Technikum
https://www.revdeadeye.com/
https://www.nathanielrateliff.com/
Fotos & Worte: Dörte Heilewelt