Wir haben in letzter Zeit viel darüber gesprochen. Ursprünglich waren wir beide auf der Musikschule und hatten uns gegenseitig schon lange als Sängerinnen und Performerinnen bewundert. Ich habe angefangen Songs zu schreiben, wusste aber noch nicht, in welche Richtung das gehen würde. Ihr ging es ähnlich, sie wusste, sie wollte auftreten und Musik machen, aber auch ihr war noch nicht klar wie genau. Eines Abends haben wir uns durch gemeinsame Freunde getroffen und haben festgestellt, dass wir die gleiche Musik mochten, die gleichen Einflüsse hatten. Wir wollten eine Show in der Caféteria machen, bei der wir das White Album der Beatles interpretieren, wie es eine Girl Band machen würde. Wir haben uns ein paar mal getroffen, aber die Show hat es nie gegeben. Der einzige Song, den wir arrangiert haben war „Happiness Is A Warm Gun“. Wir hatten lange Zeit nicht wirklich diese Dynamik miteinander: okay, wir gründen jetzt diese Band, dann erobern wir die Welt und machen das jahrelang! Es ging eher darum, sich ab und zu zu treffen und einfach Musik miteinander zu machen. Dann sind wir gemeinsam nach New York gezogen und ich hatte alle möglichen Jobs, in Bars, als Nanny, als Touristenführerin im Madison Square Garden… Und irgendwann habe ich gedacht: es muss einfach mit der Musik hin hauen. Sonst würde ich nicht immer noch diese ganzen Scheiß Jobs machen und hätte einen Plan B. Ich hatte nie einen. Ich glaube, das war mein Weg mir selbst zu sagen, dass das mit der Musik passieren muss, weil ich nicht für den Rest meines Lebens Barfrau bleiben wollte. Wir haben einfach weiter gemacht und nicht zurück geguckt. Und hier sind wir! Auf der anderen Seite der Welt, teilen unsere Musik mit Menschen und trinken Bier. Es ist wundervoll.
Haben deine Eltern in dieser Zeit Stress gemacht? „Kind, lern etwas Ordentliches!“
Nein, gar nicht. Sie sind selber Künstler. Sie haben es völlig verstanden. Ich bin froh, Eltern zu haben, die es immer verstanden haben und mich voll unterstützt haben. Alle Bandmitglieder haben das Glück, dass unsere Eltern hinter uns stehen. Das ist schon etwas Besonderes.
Als Jess und Du angefangen habt miteinander zu singen, stand schon früh fest, dass ihr hauptsächlich unisono singen werdet?
Ja. Als wir unsere Version von „Happiness Is A Warm Gun“ erarbeitet haben, haben wir auch eine Aufnahme davon gemacht, es gab ein Aufnahmestudio an der Schule, das man benutzen konnte. Wir haben überlegt, wie machen wir es, wir wollen eigentlich beide gerne Leadsängerin sein (lacht). Wie könnte das funktionieren? Irgendwann während der Aufnahme haben wir einfach beide die Melodie gleichzeitig gesungen. Das klang ziemlich cool, wie eine zweispurige Aufnahme. Das wirklich Coole war, dass wir es auch live machen konnten. Manchmal singen wir auch Harmonien, aber wir sind dabei geblieben, weil es irgendwie einen besonderen Effekt hatte.
Ist es nicht großartig, dass etwas so Einfaches einen so großen Effekt erzielt? Man kann es, wenn man eure Musik auf Platte hört im ersten Moment gar nicht sagen, warum eure Songs so eine Power haben, es fällt einem erst wirklich auf wenn man wirklich darauf achtet.
Ja! Und interessant ist, dass unsere Stimmen einzeln auch völlig anders klingen. Wenn wir gemeinsam singen ist das wie eine dritte, andere Stimme. Ich glaube, ich kann auch nicht wirklich mit vielen anderen Leuten gut unisono singen. Tatsächlich ist es gar nicht so leicht. Wenn man nur ein kleines bisschen auseinander liegt, hört man es sofort, mehr als wenn man Harmonien singt. Es ist wirklich ein großer, glücklicher Zufall. Eigentlich klingen wir sehr unterschiedlich, aber wenn wir zusammen kommen, funktioniert es. Ich glaube auch, ehrlich gesagt, dass ich so etwas noch bei niemand anderem wirklich gehört habe.
Ich auch nicht! Und ich mag es, dass es diesen starken Effekt hat, ohne dass man sofort sagen kann, woher er kommt. Außerdem schätze ich es sehr, dass Ihr viel Wert auf euren Stil, Euer äußeres Auftreten legt. Ich habe eine große Affinität zu Künstlern, denen der visuelle Aspekt zu ihrer Musik wichtig ist.
Es ist interessant, wie sehr dieser Aspekt mit den Jahren verloren gegangen ist. Ich war immer ein großer David Bowie Fan. Jess und ich lieben 60ies Soul und 50er Rock’n’Roll, Aeras, die für einen bestimmten Look stehen. Es entführt dich in eine andere Welt und bringt den Künstler und dich als Zuschauer auf eine andere Ebene. Irgendwann gab es auf der Bühne immer mehr Menschen in… Flanellhemden (lacht). Es geht doch nichts über eine ordentliche Portion Glamour auf der Bühne!
Interview: Gabi Rudolph
Foto: Lynn Lauterbach