Jetzt ist es erschienen, „Remember Roses“, das erste Album der israelischen Band Lola Marsh. Aber schon seit einer Weile treiben Yael Shoshana Cohen und Gil Landau gemeinsam ihr musikalisches Unwesen. Sie begeisterten im Vorprorgamm von AnnenMayKantereit, spielen Shows, veröffentlichen Videos und Songs und sind, ganz nebenbei, furchtbar gerne in Berlin. Im Interview zeigen sich diese zwei gut aussehenden Menschen auch noch von ihrer nettesten, fröhlichen Seite. Und das, obwohl sie auf dem Weg zum Termin noch ein unangenehmer Zwischenfall ereilt hat.
Ihr hattet einen Unfall auf dem Weg hierher!
Gil: Ein kleiner Auffahrunfall, nichts richtig schlimmes. Alles in Ordnung..
Yael: Ich habe mich nur so erschrocken, weil ich gerade geschlafen habe.
Gut, dass euch nichts passiert ist.
Gil: Nein, nein, alles gut.
Wie ich gehört habe, gefällt es euch sehr gut hier in Berlin.
Yael: Und wie! Es ist eine der besten Städte. Ein bisschen ähnlich wie Tel Aviv.
Und ihr seid oft hier.
Gil: Ja, letztes Jahr waren wir fünf oder sechsmal hier.
Yael: Unsere letzte Show hier war super toll. Ganz viele Leute, sehr begeistertes, liebenswertes Publikum. Ich habe gehört, dass man über die Berliner sagt, sie wären schwer zu Begeistern. Über die Leute in Tel Aviv sagt man das übrigens auch. Aber wir haben das nicht so empfunden.
Jetzt ist euer erstes Album erschienen. Ich habe euch aber schon vorher als sehr präsent empfunden. Hier und da ein neuer Song, dann wieder eine Show…
Gil: Wir machen das hier schon eine ganze Weile.
Yael: Seit fünf Jahren schon.
Gil: Die letzten zwei Jahre waren sehr intensiv. Ein verrücktes Abenteuer.
Yael: Es hat mit uns beiden angefangen, inzwischen gibt es eine ganze Lola Marsh Familie, die mit uns arbeitet. Dann hatten wir zuerst ein Label in Israel und jetzt hier. Es wächst und wächst.
Gil: Und es macht furchtbar viel Spaß.
Die Geschichte, wie ihr euch getroffen hat ist ja ganz klassisch. Ihr habt euch gegenseitig spielen und singen gehört und dachtet, das passt zusammen. Aber ist es, wenn man einmal angefangen hat, schwer, seine Musik über die Grenzen der Heimat hinaus bekannt zu machen?
Yael: Wir hätten niemals gedacht, dass wir so weit kommen.
Gil: Wir hatten viel Hilfe. Unser Label in Israel ist sehr engagiert. Wie Yael schon sagte, wir waren erst ein Duo, dann kam die Band dazu. Bei der zweiten Show, die wir mit der Band gespielt haben, kam unser Label und wollte uns direkt unter Vertrag nehmen. Ich erinnere mich noch genau an den Tag. Wir dachten cool, machen wir. Aber das Ausmaß des Ganzen war uns damals noch nicht klar. Dass wir irgendwann täglich an unserer Musik arbeiten würden. Es wurde unser aller gemeinsamer Traum und wir haben gemeinsam dran gearbeitet.
Yael: Als wir angefangen haben, haben wir noch eine Menge anderer Sachen nebenbei gemacht. Ich war Kellnerin, Gil Gitarrenlehrer. Jetzt leben wir von der Band und für die Band. Es fühlt sich so richtig an. Genau das möchte ich jeden Tag machen.
Gil: Ich muss sagen, dass wir es von Anfang an sehr ernst genommen haben. Wenn wir eine Show oder eine Probe hatten, habe ich alles andere abgesagt.
Yael: Absolut. Es war nicht einfach, aber es hatte immer Priorität.
Gil: Egal ob es Geld eingebracht hat oder nicht. Wir haben einfach dran geglaubt.
Yael: Wir haben uns fünf mal die Woche getroffen, geschrieben und aufgenommen. Am Anfang haben wir alles selber gemacht. Jetzt wissen wir es sehr zu schätzen, wieviele Leute mit uns arbeiten. Manchmal hat man gemischte Gefühle, es ist ja dein Baby und es fällt einem manchmal schwer, es loszulassen. Aber wenn man einmal verstanden hat wie entlastend es sein kann Dinge abgeben zu können, damit man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann, dann hat mal viel gewonnen.
Ich denke, man muss vor allem die richtigen Leute finden, die verstehen was man will und entsprechend für einen handeln.
Yael: Ganz genau.
Gil: Auch hier bei Universal, wir fühlen uns sehr gut aufgehoben. Es fühlt sich so an, dass sie wirklich die Musik mögen und an uns glauben. Wir ziehen hier alle an einem Strang.
Heutzutage muss man auch mehr Hingabe denn je investieren. Bei all dem was es da draußen gibt ist es doch schwer, seine Nische zu finden.
Yael: Manchmal ist es sehr anstrengend.
Gil: Ich brauche langsam wirklich mal Urlaub (lacht). Ohne Telefon, ohne E-Mails, ohne alles.
Yael: Ohne Social Media!
Gil: Nichts, einfach gar nichts! Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.
Wie hält man die Energie denn überhaupt hoch, in Zeiten wie diesen?
Yael: Das ist eine sehr gute Frage (lacht). Wir sind immer müde.
Gil: Ich arbeite immer noch daran und suche ständig nach Wegen, wie ich neue Energie hernehmen kann.
Yael: Manchmal haben wir ganz viel, manchmal hängen wir mächtig durch. Wenn wir touren, sind wir meistens mit Freunden zusammen. Das gibt uns viel Energie.
Gil: Ich habe es schon ein paarmal gehört von Bands, die mit uns zusammen auf Tour waren. Sie sagen, bei Lola Marsh ist die Stimmung irgendwie anders. Ich kenne es nicht anders, aber die Stimmung ist wirklich immer sehr gut.
Yael: Im Bus lachen wir eigentlich die ganze Zeit. Ich bin das einzige Mädchen (lacht).
Gil: Und wenn jemand mal für sich sein möchte, ist das auch okay. Wir sind nicht wirklich verrückt. Vielleicht als Musiker, aber nicht als Menschen.
Yael: Wir sind total verrückt, nimm sie doch nicht so auf den Arm (lacht).
Man spürt aber sofort, dass ihr eine gute Energie miteinander habt. Wenn man euch etwas fragt, merkt man, dass ihr gleichzeitig das Gleiche antworten wollt.
Yael: Wir sind total synchronisiert (lacht). Aber als Menschen sind wir eigentlich total unterschiedlich.
Gil: Wir streiten uns viel! Das gehört mit dazu. Die Arbeit ist sehr intensiv. Wir sehen uns jeden Tag, stundenlang. Manchmal ist es hart, manchmal großartig, manchmal möchte ich sie umbringen.
Yael: Manchmal möchte ich ihn umbringen!
Aber die Reibung braucht es doch auch, um miteinander kreativ zu sein, oder?
Yael: Das stimmt. Wir fordern uns gegenseitig heraus, unser Bestes zu geben.
Gil: So einen Partner zu haben ist für mich sehr wichtig.
Yael: Manchmal ist es eine Herausforderung, einen gemeinsamen Weg zu finden. Aber man muss es schaffen. Wir sind beide sehr dramatische Charaktere.
Gil: Wenn wir streiten, dann so richtig!
Wenn ihr jetzt euer Album nehmt und die Arbeit daran. Was sind die Punkte, in denen ihr euch schnell einig seid und welche die, bei denen ihr am meisten kämpfen müsst?
Yael: Wenn wir gemeinsam einen Song schreiben, haben wir sehr ähnliche Vibes. Sobald er fertig ist, kämpfen wir mehr. Was die Produktion angeht, haben wir manchmal unterschiedliche Ansichten.
Gil: Es ist aber immer eine Frage der Kommunikation.
Yael: Und es hängt vom Song und unserer Tagesform ab.
Gil: Davon, wie man morgens aufgestanden ist. Wir sind doch einfach total verrückt.
Du hast das Album auch selbst produziert, Gil.
Yael: Er ist der Produzent!
Gil: Aber wir haben mit vielen Leuten zusammen gearbeitet, die uns geholfen haben. Es war ein langer Weg. Vor drei Jahren haben wir angefangen. Erst haben wir mit einem Producer gearbeitet, aber das war nicht gut.
Yael: Am Ende haben wir gelernt, dass Gil schon die ganze Zeit diese Vision hatte.
Gil: Aber ich brauchte Hilfe bei vielen Dingen… Oh mein Gott, die Akustik in diesem Raum ist furchtbar!
Yael: Verrückter Musiker!
Gil: Jetzt lacht ihr mich aus, oh nein! (lacht).
Interview: Gabi Rudolph