Hiermit bitte ich um Absolution. Um Absolution bei allen Bands, die ich bisher verschmäht habe, weil ich ihren Namen nicht mochte. Da war ich bis jetzt konsequent, sehr konsequent. Wenn hinter einem Namen, der mir nicht zusagt, auch noch eine Deutschsprachige Band steckt, war es bisher fast unmöglich, Zugang zu meinem kleinen Musik-Herz zu bekommen. Da hilft meist sogar gutes Zureden von Freunden, auf deren Musikgeschmack ich normalerweise vertraue, nichts. Da bleibe ich gerne mal stur, zumindest bisher. Dann wird man allerdings gleich zweimal eines Besseren belehrt und muss zerknirscht zugeben, dass man wohl mit einer vorurteilsbehafteten Einschätzung, einzig und alleine aufgrund des Namens, gründlich falsch gelegen hat.
Eine Band, die fast durch das Namens-Raster gefallen wäre, nennt sich Wanda. Wer muss nicht bei diesem Namen sofort an Jamie-Lee Curtis und John Cleese denken? Vielleicht liegt das aber auch eher an meinem Jahrgang, dass ich an einen lustigen Film denken muss und nicht an den mitreißenden Austro-Pop der fünf Wiener, die von ganz viel Amore und von Bologna singen. Zum Glück kam bei dieser Band aber erst der Song und dann der Name. Sonst hätte ich mich auch hier wacker davor verschlossen, Bekanntschaft mit der Musik zu machen. Und das wäre sehr, sehr schade gewesen, denn mittlerweile gröle ich ausgesprochen gerne mit meinen Mädels: „Wenn jemand fragt wohin du gehst, sag nach Bologna! Wenn jemand fragt wofür du stehst, sag für Amore, Amore!“
Zwei Bands, denen ich bisher standhaft meine Zuneigung verwehrt habe, sind UNKLE und Bilderbuch. Mit standhaft meine ich wirklich standhaft, man könnte es auch trotzig nennen. Das sie sich nun doch meine Aufmerksamkeit, ja fast sogar meine Zuneigung erkämpft haben, liegt an zwei Festivals.
Neulich auf dem Sziget Festival in Budapest erzählt mir Blogger Kai, mit dem wir uns das Appartement teilen, von UNKLE. Auf die Frage ob wir uns abends die Band anschauen werden, verneinen meine Freundin und ich gleichermaßen desinteressiert. Ich frage den jungen Mann ob das nicht die Band ist, die so eine Hardrock ähnliche Krachmusik macht, bei der der Sänger immer so brüllt. Ich werde irritiert angeschaut. Am Küchentisch bekommen wir dann „Burn My Shadow“ übers iPhone vorgespielt. Ich werde stutzig. Das ist doch eigentlich ein Stil, der mir ziemlich gut gefällt. Dann sind das auch noch Briten, ein weitere Pluspunkt. Wie konnte diese Musik bisher völlig unbeachtet an mir vorbei ziehen? Bisher hatte ich mit UNKLE immer diese bestimmte Assoziation: Schublade auf, Schublade zu. Neugierig geworden, google ich die Band, ich kann es kaum glauben, dass sie bereits mit dem Who is Who vieler Künstler gearbeitet haben, die ich sehr verehre. Von Thom Yorke über Richard Ashcroft, Mike D und Josh Homme ist alles dabei. Ok, ich muss mir die Platten anhören. Und siehe da, UNKLE haben nun einen festen Platz in meiner Playlist. Und das nächste Konzert lasse ich mir auf keinen Fall entgehen. Danke Kai, fürs Auge öffnen.
Das nächste einschneidende Aha-Erlebnis hatte ich gerade erst auf dem Lollapalooza. Bei der Planung mit meinen Freunden, welche Band wir uns anschauen, wurde ich von zwei Seiten förmlich bedrängt, dass wir unbedingt zu Bilderbuch müssen. Zack, da war er wieder, mein Vorurteilsmechanismus: alberner Name und Deutscher Gesang – Nö! Ich wurde wieder trotzig. Eine Band mit so einem kindischen Namen kann doch keine coole Mucke machen. Ich habe mich breit schlagen lassen, wurde quasi überstimmt und fand mich dann direkt in der vierten Reihe bei Bilderbuch wieder. Nun ja, was soll ich sagen. Die vier Jungs aus Oberösterreich haben ziemlich gerockt und mich von Sekunde zu Sekunde mehr überzeugt. Eine coole Show, die ein bisschen an Falco erinnert, sämtliche Rock-Klischees werden charmant zelebriert mit einer ordentlichen Brise Österreichischem Schmäh. Die Songs bestechen durch ziemlich gute Texte und extrem gute Melodien. Tja, was soll ich sagen, der Name ist nicht Programm und ich musste meine Meinung erneut kräftig revidieren.
Wahrscheinlich ist meine bisherige Verweigerung gegenüber Bandnamen die mir nicht zusagen, mein natürliches, selbst auferlegtes Selektions-System. In dem Dschungel an neuen Bands und neuen Songs findet man sich ja kaum noch zurecht. Also muss man ein Weg finden zu selektieren. Mir dämmert es, dass ich dieses System kräftig überdenken muss, zu groß ist die Gefahr, dass mir dabei die ein oder andere wirklich gute Band durch die Lappen geht. Außerdem sind Vorurteile ja auch ziemlich uncool.
Hiermit bitte ich also alle Bands, die ich bisher aufgrund ihres Namens verschmäht habe aufrichtig um Entschuldigung. Ich gelobe Besserung! Lasst euch trotzdem gesagt sein: denkt über euren Bandnamen gut nach. Wählt einen Namen, der zu euch und eurer Musik passt und nicht in die Irre führt.
Yours sincerely,
Kate Rock