Kate Nash im Interview: „Ich möchte zufriedener, weiser und ruhiger werden“

Kate Nash war noch keine 20 Jahre alt, als sie mit ihrem Superhit „Foundations“ und ihrem Debütalbum „Made of Bricks“ das Lebensgefühl einer ganzen Generation junger Mädchen prägte. Sie sah niedlich aus, hatte aber diese sympathische Direktheit, von der man sich oft so viel mehr im eigenen Leben wünscht. Zehn Jahre sind seit dem Release von „Made of Bricks“ vergangen, und Kate Nash hat in der Zwischenzeit einiges erlebt. Erst als große neue Entdeckung der britischen Popmusik gefeiert, wurde sie nach der Produktion ihres dritten Albums „Girl Talk“ von ihrem Major Label fallen gelassen und sah sich gezwungen, die Veröffentlichung selbst mithilfe einer Crowdfunding Kampagne auf den Weg zu bringen. Kate Nash hat gelernt, Rückschläge einzustecken, aber auch, auf beeindruckende Weise, wie man an ihnen wächst. So wirkt sie heute zufriedener, kreativer und in ihrem Schaffen vielfältiger denn je. Im Moment ist sie im neuesten Netflix Serienhit „GLOW“ als die selbstbewusste Wrestlerin Rhonda zu sehen und erfüllt sich damit den Lebenstraum, endlich auch ihre Schauspielkarriere in Angriff zu nehmen. Und eine Jubliäumstour zu „Made of Bricks“ steht an, denn ein bisschen Nostalgie darf sein, auch wenn sie, wie sie sagt, eigentlich nicht der Typ dafür ist.
Ich habe große Sympathien für Kate Nash. Sie verbindet den Biss einer Kämpfernatur mit dieser natürlichen, britischen Sweetness, die ihr mit den Jahren nicht abhanden gekommen ist. Am Telefon erzählt sie mir von der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. „Lovely to catch up“, meint sie am Ende. Das finde ich auch! Meet Kate Nash 2017:

Wir haben uns zuletzt 2013 getroffen, als du mit deinem Album „Girl Talk“ auf Tour warst. Erzähl mal, was seitdem so passiert ist.

Ja, ich war bis 2014 mit „Girl Talk“ auf Tour. Dann bin ich nach Los Angeles gezogen und wollte mich mehr auf die Schauspielerei konzentrieren. Das hat mich schon immer interessiert, als Teenager war es eigentlich mein Ziel, Schauspielerin zu werden. Dann kam die Musik, das lief gut und ich war voll damit beschäftigt. Nach der „Girl Talk“ Tour war das erste Mal, dass ich die Zeit hatte, mich voll der Schauspielerei anzunehmen. Ich habe viel Zeit mit Schauspielkursen verbracht und für verschiedene Sachen vorgesprochen. Nebenbei habe ich, weil mir noch nicht so ganz klar war, was ich musikalisch für mich selber machen möchte, Songs für andere geschrieben, für Rita Ora zum Beispiel und andere Popstars. Das hat mich, was das Schreiben anging, in Form gehalten, bis ich die Produzenten gefunden hatte, mit denen ich für mich selbst zusammen arbeiten wollte. Ich war auch auf der Suche nach einem neuen Manager, das nimmt viel Zeit in Anspruch, bis man da jemanden gefunden hat, der wirklich passt. Und plötzlich war ich voll drin, habe über 30 Songs für mich geschrieben und ehe ich es gemerkt habe, saß ich schon an meinem fünften Album und hatte noch nicht einmal das vierte veröffentlicht. Das war der Zeitpunkt wo ich dachte, ich muss mich dringend um die Veröffentlichung meiner Musik kümmern (lacht). Aber dann habe ich eine Rolle bekommen in einem Pilotfilm für eine HBO Serie, „The Devi You Know“, über Hexen im 17. Jahrhundert. Das ist leider nicht in Serie gegangen, was sehr frustrierend war. Als ich dann soweit war mich wieder voll auf die Musik zu konzentrieren, habe ich für „GLOW“ vorgesprochen und die Rolle von Rhonda bekommen. Ich musste lernen, eine Wrestlerin zu spielen! Ich stand ich ein halbes Jahr vor der Kamera, also musste die Musik wieder warten.

Ist das der Grund, warum du jetzt erst einmal die EP heraus gebracht hast und noch kein Album?

Ja, es war einfach eine sehr zeitintensive Erfahrung. Aber eine wunderbare. Ich habe noch nie so lange so intensiv in einem Team gearbeitet. All diese großartigen Frauen. Wir sind sehr zusammen gewachsen und haben diese tolle Sache auf die Beine gestellt.

Ich finde „GLOW“ herrlich, es ist gerade eine meiner absoluten Lieblingsserien. Und ich finde, dass du die Rhonda wirklich toll spielst. Sie ist stark, aber auch liebenswert. Man hätte sie auch als eindimensionale, toughe Bitch anlegen können, aber sie hat so viele verschiedene Seiten.

Oh danke schön! Es freut mich sehr, dass du das sagst. Rhonda ist ein wunderbarer Charakter, ich mag sie wahnsinnig gern. Es hat so Spaß gemacht sie zu spielen! Sie ist so direkt, wirft sich voll hinein in das was sie tut, gibt einfach alles. Sie ist stark, hat aber auch eine verletzliche Seite.

Ich mag auch ihre Ehrlichkeit sehr, ihre Direktheit. Wie sie diejenige ist, die ein Verhältnis mit dem Regisseur hat, sich aber so gar nicht in die Rolle des Mäuschens fügt, die für Erfolg mit jemandem schläft und darüber hinaus die Klappe hält.

Ganz ehrlich, ich wäre gerne so wie Rhonda. Ich glaube, ich konnte ein bisschen von ihr lernen, aber ich wäre so gerne noch viel mehr so wie sie. Es war eine große Belohnung sie spielen zu dürfen. Das Filmgeschäft ist wirklich hart. Man steckt so viel Energie, so viel Herzblut hinein und muss immer wieder mit Ablehnung zurecht kommen. Diese ständige Ablehnung! Es ist nicht leicht damit zurechtzukommen.

Würdest du sagen, Schauspiel ist härter als Musik?

Die Industrie, die daran hängt auf jeden Fall. Man ist so viel mehr von anderen Leuten abhängig. Es hängen so viele Entscheidungen dran, bis man am Ende seinen Job machen darf. So viele Leute haben etwas zu sagen. Man wird ständig beurteilt, zum Teil sehr hart und muss sich sehr stark behaupten, um überhaupt etwas zu erreichen. In der Musik ist man unabhängiger.

Hat es dich auch musikalisch beeinflusst, dass du nach Amerika gegangen bist? Die Songs auf deiner neuen EP „Agenda“ sind ja wieder sehr anders als die auf deinem letzten Album „Girl Talk“, das einen sehr reduzierten Band-Sound hatte.

Ja, die Songs sind auf jeden Fall verspielter, ich hatte Lust, was die Produktion angeht, viel Neues auszuprobieren. Ich weiß nicht, ob der Ort, an dem ich mich befinde einen direkten Einfluss auf meine Musik hat. Das ist mir in dem Moment nicht wirklich bewusst. Aber er hat es natürlich auf mich als Mensch. Es gibt in Amerika so unglaublich viele verschiedene Orte, welche an denen ich sehr aufgeregt werde und andere die das Gegenteil bewirken, wo ich sehr ruhig und entspannt werde. Das hat einen Einfluss auf meine Seele und damit natürlich am Ende auch auf das, was ich kreiere.

Jetzt ist es zehn Jahre her, dass dein Debütalbum „Made of Bricks“ erschienen ist. Wie fühlt sich das an? Wühlst du gerade viel in Erinnerungen?

Ja, natürlich. Wobei ich jetzt nicht so der nostalgische Typ bin. Ich bin sehr stolz auf alles, was ich erreicht habe, aber ich bewege mich gerne nach vorne. Die Songs von damals liegen mir wahnsinnig am Herzen, ich habe eine enge Bindung zu ihnen. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich als Musikerin sehr gewachsen bin in der ganzen Zeit, ich habe so viel gelernt, letztendlich auch was mein Handwerk angeht. Ich glaube, wenn ich jetzt mit diesen Songs auf Tour gehe, werde ich die besten Versionen spielen, die ich je von ihnen gespielt habe. Darauf bin ich sehr stolz und das ist auch der Grund, warum ich diese Tour mache: weil ich so furchtbar Lust habe, die Songs zu spielen und dabei mein Bestes zu geben.

Kannst du dich noch an deine allererste Live Show erinnern?

Ich kann dir genau sagen, wann das war. Am 13. April 2006. Ich habe in einem Pub ein paar Songs gespielt. Gott, ich war so nervös!

Bist du heute noch nervös, wenn du auf die Bühne gehst?

Oh ja, definitiv. Aber ich liebe es, auf Tour zu sein. Es macht einfach so viel Spaß. Ich freue mich wahnsinnig darauf, unterwegs zu sein und für die Leute meine Musik zu spielen. Weißt du, es fühlt sich an, als würde mein Leben in bestimmten Phasen verlaufen. Ich glaube, wenn ich mit der Tour durch bin, das ist dann wieder ein Kreis, der sich schließt. Danach beginnt etwas Neues und ich bin gespannt, was es sein wird.

Also noch das Jubiläum feiern und dann auf zu neuen Ufern! Gibt es etwas, was du dir besonders wünschst für die Zukunft oder dir vorgenommen hast?

Ich glaube, als Künstler ist man nie wirklich zufrieden mit sich. Man beobachtet sich immer von außen und ist mit sich selber besonders kritisch. Und man schafft nie alles, was man sich vornimmt. Es gibt noch so viele Songs, die ich in meinem Leben schreiben möchte – so viel, was ich erreichen möchte! Ich bin nie zufrieden, möchte immer mehr. Deshalb glaube ich, dass meine Ziele für die Zukunft mehr persönlicher Natur sind. Mein persönliches Glück und das als Künstlerin müssen noch mehr zusammen wachsen. Ich möchte zufriedener, weiser und ruhiger werden. Lernen, das Leben an sich noch mehr zu schätzen!

Interview: Gabi Rudolph

Kate Nash live:

16.08.2017 Frankfurt, Zoom
17.08.2017 Düsseldorf, zaak
18.08.2017 Hamburg, Uebel &Gefährlich
19.08.2017 Berlin, Festsaal

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