Kate Nash, Astra Berlin, 06.04.2025

Kate Nash war schon immer eine Freundin offener Worte. Vor fast 20 Jahren begann ihre Karriere mit ihrem bis heute größten Hit „Foundations“, in dem sie mit einer Beziehung abrechnete, von der man eigentlich gar nicht mehr weiß, warum man an ihr festhält. Ich habe Kate Nash zum ersten Mal 2013 getroffen, kurz bevor sie ihr drittes Album „Girl Talk“ herausbrachte. In unserem Gespräch machte sie kein Hehl daraus, dass es nicht ihre freie Entscheidung gewesen war, das Album als Independent Artist zu veröffentlichen, sondern sprach offen darüber, dass ihr Label sie hatte fallen lassen und was für weitreichende, vor allem finanzielle Konsequenzen das für sie hatte.

Zwölf Jahre und zwei weitere Alben später (das 2018 erschienene „Yesterday Was Forever“ und ihr aktuelles „9 Sad Symphonies“) ist Kate Nash immer noch da. Sie ist immer noch eine unabhängige Künstlerin und sie spricht offener den je über die Unzulänglichkeiten der Musikindustrie, die es Künstler*innen immer schwerer bis unmöglich machen, mit ihrer Musik ihr Leben zu bestreiten. An diesem Abend hält sie eine längere, ehrliche Rede darüber, dass sie von ihren Konzerten nicht nur nicht mehr leben kann, sondern dass sie auf Tour regelmäßig Verluste macht – so wie auch an diesem Abend.

Das Konzert in Berlin war zusätzlich doppelt vom Pech verfolgt. Eigentlich hätte es im Dezember stattfinden sollen, musste aber am selben Tag abgesagt werden, da Kate Nash zu krank wurde um aufzutreten. Sie versprach zurückzukommen und hielt Wort (auch etwas, das typisch für sie ist). Auch wenn das bedeutete, dass sie für ein einzelnes Konzert nach Europa kommen und damit wieder, als unabhängige Künstlerin, die ihre Band und Crew aus eigener Tasche bezahlt, Minus machte.

Es geht Kate Nash aber nicht darum, sich als ein Opfer der Musikindustrie zu inszenieren. Sie ist einfach nur, um es in ihrer Art gerade heraus zu sagen, stinksauer. Sie widersetzt sich dem Narrativ, dass wenn sie von ihrer Musik nicht leben kann, sie entweder nicht gut genug/nicht erfolgreich genug ist, man setze ein beliebiges White-Dude-Argument ein. Sie protestiert gegen die strukturellen Probleme die, wie sie auf der Bühne ebenfalls erklärt, es weniger wohlhabenden, aus der Mittelklasse stammenden Menschen erst gar nicht möglich machen, einen Fuß in die Musikindustrie zu bekommen. Sich selbst bezeichnet Kate Nash als privilegiert genug, um überhaupt noch auftreten zu können, weil sie das Glück hat, es sich leisten zu können.

Mit Sicherheit wäre ihr Aktivismus nur halb so kraftvoll und beeindruckend, wenn Kate Nash nicht so eine talentierte und kreative Künstlerin wäre, die in 20 Jahren Überlebenskampf im Musikbusiness nichts von ihren musikalischen Qualitäten, ihrer Persönlichkeit und ihrem Witz eingebüßt hat. Um das Loch in der Tourkasse zu stopfen, verkauft sie aktuell auf OnlyFans Fotos von ihrem Hintern. Weil sie, wie sie sagt, als Frau mit ihrem Körper verdammt nochmal machen kann was sie will. Und was außerdem, wie sie augenzwinkernd hinzufügt, ziemlich gut läuft.

Was man sich an diesem Abend für Kate Nash hätte wünschen können: ein Publikum, das ein wenig mehr Interesse an den großartigen Songs aus ihrem neuen Album „9 Sad Symphonies“ gezeigt und etwas weniger stur auf die altbekannten Hits aus dem Debüt „Made of Bricks“ gewartet hätte. Was ich mir persönlich gewünscht hätte: dass die Männer um mich herum, die so wenig Gespür für die Grenze zwischen ihrem und meinem Tanzbereich hatten, einen Song wie „Foundations“ lieber dafür genutzt hätten, über sich selbst zu reflektieren als die Frauen um sich herum nieder zu pogen.

Was ich Kate Nash für die Zukunft wünsche: Anerkennung, Respekt, Kohle, alles, was sie braucht um weiter zu machen und alles, was sie verdient. Und dass ihr OnlyFans Abenteuer sich am Ende wirklich auszahlt und sie nicht zu viele Nachrichten von Männern bekommt, die in ihren Tanzbereich eindringen.

Fotos @ Emilie Rudolph

www.katenash.com