Interview mit Dominic Byrne, Gitarrist und Frontsänger der Australischen Band Little Red.
Wenn ich mich das nächste Mal mit jemandem in Australien zu einem Skype Gespräch verabrede, werde ich mich vorher doppelt vergewissern, ob ich die Zeitumstellung richtig berechnet habe. Zu meinem Interview mit Dominic Byrne von der australischen Band Little Red saß ich zwei Stunden zu früh vor dem Computer – zur unangenehm verschlafenen Zeit von sechs Uhr morgens. Spätestens bei Beginn der Konversation war ich dann wach, denn Dominic Byrne entpuppte sich als gut gelaunter Gesprächspartner, der am Ende genau so viel über das Leben in Berlin und die hiesige Musikszene erfahren wollte wie ich über das Debutalbum „Listen To“ seiner Band.
„Listen To“ ist in Australien bereits vor 1 ½ Jahren erschienen, nun nehmen Little Red Europa ins Visier. Dass ihr Debutalbum am 26. Februar auch bei uns in Deutschland veröffentlicht wird, war Dominic bis zu unserem Gespräch gar nicht bewusst. „You know, I’m a musician, I just make the music“, lacht er und freut sich aber offensichtlich über diese neue Perspektive. Und schon sind wir mitten drin im Gespräch.
Wie bist Du als Kind mit Musik in Berührung gekommen? Kommst Du aus einer musikalischen Familie?
Nicht im klassischen Sinne. Meine Mutter hat ein klein wenig Klavier gespielt. Meine Brüder und ich haben alle irgendein Instrument als Kinder gelernt, aber ich war der einzige, der dabei geblieben ist. Meine Eltern sind aber leidenschaftliche Konsumenten, wenn es um Musik geht. Sie hatten damals schon eine riesige Plattensammlung. Von daher hat es meine Mutter nicht gestört, als ich ihr gesagt habe, dass ich Musiker werden und damit meinen Lebensunterhalt bestreiten will. Sie hat sich darüber gefreut.
Bist Du über die Plattensammlung Deiner Eltern auch mit der Musik in Berührung gekommen, die den Sound von Little Red beeinflusst?
Zum Teil, ja. Aber eigentlich ist das mehr im Zusammensein mit den anderen Jungs passiert. Wir kennen uns ja seit der Highschool, und da saßen wir einfach viel zusammen und haben Musik gehört. Da führte dann eins zum anderen. Von den Beatles kannte ich zum Beispiel nur die bekannten Nummer Eins Hits, sie näher zu entdecken war ein absolutes Aha-Erlebnis. Ich persönlich stand unglaublich auf die Beach Boys, weshalb ich unbedingt mehrstimmigen Gesang haben wollte. Von dort kamen wir dann auf Elvis und so ging es immer weiter. Letztendlich haben wir uns in erster Linie für Rock’n Roll entschieden, weil er einfach zu spielen ist, wenn man jung ist und schnell loslegen will (lacht).
Auf „Listen To“ verbindet ihr nun Rock’n Roll mit Harmoniegesang. Doo Wop-Punk habt Ihr das selber einmal genannt.
Ja, dabei bin ich kein von Natur aus begabter Sänger. Aber ich wollte immer einer sein, deshalb habe ich hart dran gearbeitet. Wenn man mal auf der Gitarre eine Note daneben greift, das fällt beim Rock’n Roll nicht so auf. Aber wenn der Gesang nicht richtig gut sitzt, wird’s peinlich. Wir haben an der Platte am Anfang so lang gearbeitet, aber als es dann ans Aufnehmen ging, ging alles plötzlich total schnell. Das meiste haben wir live aufgenommen, Instrumente und Gesang zusammen, deshalb findet man auf der Platte auch noch eine Menge Fehler, wenn man genau hinhört. Nur beim Gesang, da waren wir ziemlich perfektionistisch.
Wie man in dem Video zu „Coca Cola“ sieht, seid Ihr auch ausgezeichnete Tänzer. Habt Ihr dafür viel in Eurem Probenraum geübt?
(lacht) Oh danke schön! Ja, ehrlich gesagt haben wir dafür sehr viel geübt, allerdings nicht nur in unserem Probenraum. Unsere Regisseurin Jasmin Tarasin hatte den Tanz in dem Jean Godard Film „Bande à parte“ gesehen und ihn uns gezeigt. Vor den Dreharbeiten waren wir auf Tour und haben wirklich überall geprobt. Hinter der Bühne vor dem Auftritt, sodass man uns regelmäßig für eine neue Boyband gehalten hat, aber auch in den Clubs, wenn wir nach dem Konzert ausgegangen sind. Wie Du siehst, nehmen wir die wichtigen Dinge sehr ernst (lacht).
In Australien ist Euer Debut ja schon seit einer Weile auf dem Markt. Wie sind Eure Pläne für die Zukunft und den Rest der Welt?
Australien ist ein kleiner Markt. Wir würden wahnsinnig gern durch Europa touren. Ich möchte einfach viel von der Welt sehen. Amerika wäre toll, Deutschland auch! Ende letzten Jahres haben wir eine Reihe von Shows in England gespielt, das war großartig. Ich liebe es, live zu spielen, besonders die eher kleinen Shows, wo die Leute richtig durchdrehen, auf die Bühne springen und Crowdsurfen. Jetzt werden wir erst einmal ein zweites Album aufnehmen, das wird vom Sound her etwas anders als das erste werden. “Listen To“ hat ja diesen Sixties Rock’n Roll Vibe, das neue Album wird, sagen wir, ein wenig moderner klingen. Zur Zeit arbeiten wir am Arrangement der Songs, aber im Studio sind wir noch nicht, das wird in etwa einem Monat so weit sein.
Gibt es berühmte Kollegen, mit denen Du gern einmal zusammen arbeiten würdet?
Hm, gute Frage. Das Problem ist, ich arbeite eigentlich gar nicht so gern mit anderen zusammen, außer mit den Jungs, an die ich gewöhnt bin (lacht). Ich würde mich bestimmt seltsam benehmen. Vor allem wenn ich an einige Musiker denke, die heutzutage berühmt sind. Kanye West würde ich wahrscheinlich eine Gitarre in die Hand drücken und sagen „Spiel mal was!“ (lacht). Nein, im Ernst, am liebsten würde ich mit einem richtig guten Arrangeur zusammen arbeiten, John Williams zum Beispiel, der diese großartigen Filmmusiken macht. Das Problem ist, dass es heute gar nicht mehr so viele spannende Persönlichkeiten gibt, die wirklich herausstechen. Auch Bands funktionieren heutzutage mehr als Kollektiv, viele Frontsänger zum Beispiel sind eher introvertiert. Karen O von den Yeah Yeah Yeahs fällt mir jetzt spontan als Gegenbeispiel ein, aber allgemein finde ich es schwierig, Idole zu haben, wie damals Elvis Presley zum Beispiel.
Das stimmt. Es gibt auch nicht viele, die Stöckelschuhe tragen und so Gitarre spielen können wie Prince.
Da hast Du absolut recht. Ich würde mich das nicht trauen (lacht).
„Listen To“ von Little Red erscheint am 26. Februar auf Lucky Number im Vertrieb von Roughtrade. Einen Gratisdownload des Songs „Waiting“ gibt es hier.