Die Dänische Band Veto hat in nur wenigen Monaten gleich zwei EPs, „Sinus“ und „Point Break“, veröffentlicht. Im Zuge dessen hatten wir zum zweiten Mal das große Vergnügen, uns mit zwei von ihnen an einen Tisch zu setzen und über die neuen Veröffentlichungen zu reden (hier geht es zum ersten Mal). Diesmal trafen wir zwei der fünf Mitglieder: Sänger und Elektrofrickler Troels Abrahamsen und Gitarristen David Krogh Andersen.
Es war schon ein wenig überraschend, dass Veto zwei EPs innerhalb so kurzer Zeit und nur knapp ein Jahr nach dem Vorgängeralbum „Everything Is Amplified“ veröffentlichten, da sonst ein paar Jahre zwischen den einzelnen Alben lagen. Darauf angesprochen fragt Troels zurück: „Warum veröffentlicht man zwei EPs? Wir fanden es war ein nettes Format, also haben wir eine weitere veröffentlicht.“ Hört man sich die beiden EPs nacheinander an fällt etwas direkt auf, ihr Sound hat sich verändert. „Ich denke, dass die Strukturen auf ‚Point Break‘ sehr verschieden zu denen auf ‚Sinus‘ sind. Auf ‚Sinus‘ haben wir die Arrangements so wie früher gemacht und bei ‚Point Break‘ haben wir sie auf eine neue Art erstellt.Sie ist viel improvisierter und die Strukturen sind lockerer, nicht so mathematisch“, erklärt Troels den Unterschied. Da stellt sich die Frage, ob es einen Grund für diese Veränderung gibt. „Das wissen wir nicht, es hat sich einfach geändert“, antwortet er, “es ist etwas, dass wir vorher noch nicht so oft gemacht haben und wir dachten, es wäre lustig ein wenig mehr mit Improvisationen zu arbeiten und das zu tun, was einem gerade in den Kopf kommt anstatt vorher einen großen Plan davon zu haben, was man machen will, wenn man sein Instrument greift“. David ergänzt: “Wir haben herausgefunden, dass es einfacher für uns ist auf diese Weise zu schreiben. Es hat sich natürlicher angefühlt. Und wir haben auch ein wenig schneller gearbeitet, nicht ein halbes Jahr.“ Hatten sie vor „Point Break“ immer einen Masterplan, nach dem sie gearbeitet haben? „Nein“, sagt Troels, “aber wir haben viel über die Arrangements geredet.“ „Wir haben viele Korrekturen an den Songs gemacht. Wir sind vor und zurück gegangen und haben alles mögliche ausprobiert“, fügt David hinzu.
Das Ergebnis dieser neuen Arbeitsweise zeigt sich zum Beispiel im Song „Battles“, bei dem sich mir die Frage stellte, wie falsch ich wohl mit meiner Gospel-Assotiation liege. „Du liegt überhaupt nicht falsch“, beruhigt mich Troels, “das war es, was wir uns gedacht haben. Ich denke, wir hatten dieses Robert Johnson Ding im Kopf, als wir den Song gemacht haben. Es war eigentlich Jens, der den Basspart mitbrachte, das Fundament des Songs, und dann meinte ich, dass er dieses Gospel Blues, Railway Blues Ding hat. Es war ein ganz anderer Weg als der übliche für uns, normalerweise ist er sehr sperrig und kompliziert, aber diesmal wusste jeder genau, was er zu tun hat und wo er sein Ding auf dem Stück platzieren musste.“
Es gibt einen weiteren Punkt, in dem sich „Point Break“ von den Vorgängeralben absetzt. Während auf den Covern von „There’s A Beat In All Machines“, „Crushsing Digits“, „Everything Is Amplified“ und „Sinus“ ein starker Hang zu geometrisch klaren Strukturen zu verzeichnen ist, besticht das von „Point Break“ auf den ersten Blick mit einer Farbexplosion. Das liegt nicht an einem Wechsel der Künstler, die waren die gleichen wie bei „Crushing Digits“ und „Sinus“, Niels Fyrst und Andreas Peitersen. „Sie hatten die gleiche Herangehensweise wie vorher, aber vielleicht haben sie die gleiche Beliebigkeit einbezogen, die wir auch in der Musik haben“, sagt Troels. „Es sieht zwar nach Chaos aus, aber es ist ein absolut kontrolliertes Chaos.“ Wenn man nachzählt, sind es sechs Farben und die EP hat sechs Songs, das scheint kein Zufall zu sein, oder? „Wir haben das Artwork nicht gemacht, das waren Nils und Andreas, die es auch normalerweise machen und das war definitiv kein Zufall. Auf ‚Sinus‘ gibt es diese Stäbe auf dem Cover und die Länge von einem Stab entspricht der Länge des Songs. Es gibt für jeden Song einen Stab“, antwortet Troels. „Ich mag die Art wie Nils und Andreas arbeiten. Sie haben diese komplexen und merkwürdigen Ideen, wie sie an das Artwork herangehen. Sie machen nicht einfach irgendwas und fragen dann, ob es zu der Stimmung passt. Sie versuchen, dass die Musik das Artwork und das Endergebnis beeinflusst. Das macht es etwas schwerer, die Abgabetermine einzuhalten. Normalerweise hat man das Artwork viel früher als das Master, aber dieses Mal hatten wir zuerst das Master und dann das Artwork. Sie sind komplizierte Menschen bei der Zusammenarbeit, aber das Endergebnis ist so viel besser als alles andere.“
Das kontrollierte Chaos fällt erst auf, wenn man die EPs als Vinyl in der Hand hatte. Erst als Bassist Jens Skov Thomsen sie mir später am Merchandisestand zeigt und erklärt: „Da ist ein Poster drin, auf der einen Seite sieht man das komplette Artwork vom Cover bei ‚Point Break‘, und auf der Rückseite sind alle Punkte sortiert und man sieht, dass es für jeden Song exakt die gleich Anzahl von Punkten gibt.“ Erst beim kombinierten Artwork für die Doppel-EP „Sinus Point Break“ endet das Artwork im „heillosen Chaos“ wie Troels es nennt. „Es ist einfach nur verrückt, aber ich denke, sie haben da etwas Gutes am Laufen“.
Veto gehört zu den Bands, die sich über Jahre hinweg eine solide Fanbase aufgebaut haben. Spielten sie 2009 noch im damaligen Berliner Bang Bang Club, füllten sie beim letzten Konzert in Berlin Anfang Februar 2013 das um einiges größere Lido. Sie selber wissen nicht was sie zu erwarten haben, wenn sie nach Deutschland kommen. „Es ist schön hierher zu kommen, weil wir nicht wirklich wissen was uns erwartet. Wir lesen keine deutschen Musikmagazine, also wissen wir nicht wirklich was mit uns hier passiert“, sagt David. In Dänemark ist es etwas anders. Nach der Veröffentlichung von „Everything Is Amplified“, hat sich die Anzahl der Konzertbesucher halbiert. „Ich denke, die Leute haben ein zweites ‚Crushing Digits‘ erwartet und das war wirklich nicht das, was wir zu der Zeit machen wollten. Für uns hat es sich richtig angefühlt ‚Everything Is Amplified‘ zu machen“, erklärt David den Verlust. „Aber ich denke, wir hatte die Idee, dass unsere künstlerischen Entscheidungen den kommerziellen Teil beeinflussen würden. Das wurde zerschlagen. Wir waren also vorbereitet. Wir haben aber unter anderem unsere Social Media benutzt, um unseren Fans mitzuteilen, was wir mit der Musik machen würden, so dass wir alle auf der gleichen Wellenlänge waren als wir dieses komplett andere Album veröffentlicht haben. Ich denke, das hat ein wenig geholfen, aber wir haben offensichtlich ein paar Hörer, nicht Fans, verloren.“ , ergänzt Troels. Aber es hat auch etwas Positives, findet Troels:“Man hat nicht mehr diesen gewaltigen Hype um unseren Namen. Es ist jetzt ein angenehmeres Arbeitsklima als vorher.“
Für Freunde und Fans des gepflegten Elektrorocks verlosen wir 2 x 2 Tickets für die kommende Deutschlandtour. Schickt uns eine E-Mail mit dem Betreff „Veto“ an gewinnen@fastforward-magazine.de und gebt an, in welcher Stadt ihr gerne mit von der Partie wärt. Viel Glück!
20.03. Flensburg, Volksbad
25.03. München, Strom
26.03. Stuttgart, Club Schocken
27.03. Weinheim, Café Central
Vor kurzem veröffentlichten Veto auch ein Video zu meinem persönlichen Favoriten von „Point Break“:
Interview: Dörte Heilewelt