Bereits vor einem Monat bezauberte uns Multi-Instrumentalist Theodore bei seinem Konzert im Berliner Badehaus Szimpla (hier nachzulesen). Jetzt erscheint sein vielfältiges, zweites Album „It Is But It’s Not“ am Freitag, den 22.07.2016, endlich auch bei uns. Seine Musik berührt, ist aufwühlend und im nächsten Moment beruhigend. Er lässt einen sich verloren fühlen, nur um einen im nächsten Moment wieder einzufangen. Es pendelt sich irgendwo zwischen Klassik und Rock ein, aber ohne sich in irgendeine Genrebox ordnen zu lassen. Das ist eine Folge seiner vielen Einflüsse, die sich aus Pink Floyd bis Radiohead, seiner klassischen Klavierausbildung, die schon mit drei Jahren begann, und traditioneller griechischer Volksmusik zusammensetzen. Und seiner Einstellung zur Kunst, dass man Eigenes erschaffen und nicht nur einen anderen Musiker kopieren sollte, wie wir im Interview erfahren durften. Über das und noch viel mehr haben wir uns bei unserem Treffen im Foyer des Michelberger Hotels in Berlin unterhalten. Viel Spaß beim Lesen!
Was mich an deinem Album sehr fasziniert ist, dass es sich am Ende ganz anders anhört. Am Anfang ist es eher klassisch und dann driftest du in Rock ab, aber es passt trotzdem noch zusammen. War das von Anfang an so geplant?
Es sollte einen Kreis ergeben. Der erste und der letzte Song sind zwei Seiten der gleichen Medaille. In der Natur machen die Sachen nie einen genauen Kreis. Sie ändern sich zur gleichen Zeit. Sie sind eine Spirale. Deswegen heißt der letzte Song auch „Spiral“. Ich wollte meine verschiedenen musikalischen Interessen erforschen, die ich zu der Zeit hatte als ich das Album aufgenommen habe. Dann wollte ich wieder zurück zu meinen Wurzeln. Aber als ich dann endlich zurückkehren konnte, war ich in einer anderen Dimension. Ich wollte damit anfangen sowohl musikalisch als auch textlich nach mir selber zu suchen und sehen was ich damals ausdrücken wollte. Die Musik kommt aus verschiedenen Phasen. Musikalisch sieht man das bei „Eclipsed“, „It Is But It’s Not“ oder auch „Do You Know“.
Bevor du mit dem Album angefangen hast, hattest du schon das Konzept dafür – war es schwer dem zu folgen und nicht auch mal auszubrechen?
Ja, und ich bin ausgebrochen. Mein Konzept am Anfang war, dass ich versuchen wollte Gegensätze zu erforschen und wie der eine Gegensatz ohne sein Gegenstück keinen Wert hat. Aber während ich die Texte schrieb realisierte ich, dass die persönlichen Elemente, Ängste, Emotionen und alles was ich zu der Zeit durchlebte auch da waren. Ich habe versucht es zu vermeiden, dass diese auch auf dem Album landeten. Am Ende bin ich da doch ausgebrochen. Es hat zwei verschiedene Schichten in Bezug auf meine Themen: Das eine sind die philosophischen Fragen, die ich damals erforschen wollte, und dann die sehr persönlichen Gedanken, die ich hatte.
Das ist sehr interessant, dass du dich auch philosophischen Fragen widmest und nicht nur den „normalen“ Themen. Dieser Ansatz ist jetzt nicht so häufig.
Ich bin sehr inspiriert vom Universum und wie diese weltumfassenden Dinge funktionieren. Ich kann es nicht verhindern, die Sachen in Frage zu stellen und zu erforschen. Ich habe wirklich versucht diese Dinge zu verstehen, aber ich denke am Ende habe ich diese Fragen nicht beantworten können.
Das erste was ich von dir gesehen habe, war „It Is But It’s Not“, wie du in der Athens Concert Hall mit einem Orchester spielst. Als ich dann das Album gehört habe, war die Musik immer noch so episch. War es schwer diesen Sound zu erreichen?
Ja. Ich hatte diesen Sound schon seit Jahren in meinem Kopf und ihn schon lange versucht herzustellen. Bei meinem ersten Album habe ich es schon mal versucht, aber ich denke nicht, dass ich es geschafft habe. Jetzt bin ich erwachsener.
Es waren auch vier Jahre seit „7“, oder?
Genau, und ich habe inzwischen mein Studium beendet. Das hat auch geholfen. Außerdem war ich reifer, weil ich mehr Zeit hatte die Mechanik von Sounds, Musik und Arrangements zu erkunden. Ich wollte diesen großen Sound sehr, aber zur gleichen Zeit auch mit Stille spielen.
Mir ist aufgefallen, dass du in deinen Songs oft auf einen Höhepunkt hinarbeitest, der dann abfällt und der nächste Song startet. Wenn das passiert, habe ich immer das Gefühl, ich kann wieder atmen.
Ich habe versucht, die Musik auf die gleiche Weise zu gestalten wie ich auch Dinge absorbiere. Ich mag Wiederholungen sehr gerne und ich mag es sehr, die gleichen Bilder und gleiche Atmosphäre zu haben und dann einen Höhepunkt und eine große Explosion zu haben. Und sich danach wieder zu öffnen und zu verstehen was da passiert ist. Ich mag dieses Gefühl, wenn man seinen Atem für längere Zeit anhält und dann wieder durchatmen kann. Dieser erste Atemzug ist ein sehr interessantes und großartiges Gefühl.
Du hast auch schon Soundtracks für Filme und Theaterstücke geschrieben. Wie unterscheidet es sich, wenn du Soundtracks schreibst im Vergleich zum Schreiben deiner eigenen Musik?
Es unterscheidet sich sehr. Wenn man seine eigene Musik schreibt, dann ist man selber der Schöpfer. Du bist derjenige, der alle Elemente bestimmt und den Zweck deiner Schöpfung. Wenn man aber gefragt wird, ob man etwas für ein anderes Medium – egal ob Theater, Film oder Tanz – schreiben soll, dann hat man einem anderen Schöpfer zu dienen und sein Ziel zu folgen. Das ist eine große Verantwortung. Ich sehe das so: Man bedient die Idee von jemand anderem, aber versucht sie nicht zu übertreffen, sondern sie zu unterstützen und sie noch zu verbessern. Aber man hat auch die Gelegenheit der Musik mit kleinen Hinweisen und anderen kleinen Signaturen seinen eigenen Stempel aufzudrücken.
Wie schwer ist es zu lernen für andere zu arbeiten?
Man lernt das nie wirklich. Ich habe klassische Komposition und Filmvertonung studiert. Sie haben versucht es zu erklären und es mit beizubringen, aber am Ende des Tages kann es dir niemand wirklich beibringen. Es hängt davon ab, ob man in der Lage ist mit anderen Künstlern zu kommunizieren und sie zu verstehen. Ich will nicht lügen, es gab auch schon Fälle wo wir uns nicht wirklich verstanden haben. Es war Musik für einen Film und der Regisseur und ich hatten verschiedene Meinungen. Meine war nicht anders, weil ich mein eigenes Ding machen wollte, sondern weil ich dachte, dass es ihn besser dienen würde. Es ist nicht immer einfach, aber es macht viel Spaß.
Auch weil Regisseure mitunter ein bestimmtes Bild im Kopf haben wie es klingen soll?
Ja, das ist eines der nervigsten Dinge. In meinem ersten Filmprojekt habe ich mit einem Nachwuchsfilmkünstler gearbeitet, der in der gleichen Position war wie ich. Eines meiner Probleme war, dass sie wollten, dass die Musik genau wie ein anderer Soundtrack klingen sollte. Einmal habe ich mit jemanden gearbeitet, der einen sehr guten Job mit dem Film gemacht hat, aber er wollte, dass der Soundtrack wie Hans Zimmer klingen sollte. Ich mag Hans Zimmer, aber ich bin nicht Hans Zimmer. Auch wenn ich ihn mag und ein paar seiner Sachen verehre, will ich das nicht selber machen. Ich will meine eigenen Sachen machen. Es war dann schwer sich gegenseitig zu verstehen und zu sehen wie wir das angehen. Es ist nicht das schlaueste zu sagen „Ich will, dass es so klingt wie er“. Es ist ja auch so, dass Ennio Morricone oder Hans Zimmer große Figuren sind und sie hätten die Chance dazu nicht gehabt, wenn sie nicht jeden dazu gezwungen hätten, dass sie sie selbst bleiben.
Wenn man jemanden kopiert, dann ist man nur ein Nachahmer. Musik, Kunst und auch Wissenschaften würden sich nicht weiterentwickeln, wenn es nicht Menschen gäbe, die unkonventionell denken. Man sollte nicht danach handeln: „wenn die es so machen, werde ich es auch so machen“.
Genau. Das ist das Problem mit allem in der Kunst. Wenn man ein Video machen will und als Musiker mit einem Künstler arbeitet und dem Videoregisseur dann sagt, dass es wie ein Sigur Ros oder ein Radiohead Video aussehen soll, dann macht es keinen Sinn. Das gibt es ja schon und es ist unmöglich es besser als sie zu machen. Wenn man als Künstler einen Wert haben will, muss man einzigartige Sachen machen. Die werden dann die Grenzen verschieben. Natürlich kannst du auch von diesen Künstlern lernen und versuchen es besser zu machen.
Vielen Dank für das Interview, Theodore!
Theodores Album „It Is But It’s Not“ erscheint am 22. Juli 2016 bei uns.
Interview: Dörte Heilewelt, Photo: Petros Poulopoulos