Vor 10 Jahren dominierten The Subways noch im Teenageralter mit ihrer Hymne „Rock & Roll Queen“ die Indie-Clubs und dieser Hit-Song sorgte für eine treue Fangemeinde. Vier Jahre ist es her, seit The Subways ihr eher durchwachsenes Folge-Album „Money And Celebrity“ veröffentlicht haben. Zurück melden sie sich nun laut Krawall machend mit der selbstbetitelten Platte „The Subways“. Ohne Majorlabel und ohne involvierte Produzenten zeigen die drei Bandmitglieder Billy Lunn, Charlotte Cooper und Josh Morgan, dass sie mehr drauf haben und starteten für dieses Album ein komplettes DIY-Projekt. Stolz und gut gelaunt erzählen die Drei von ihrer neuen Produktionsweise, treuen Fans und ihrer bisherigen musikalischen Reise.
Euer neues Album ist da! Und dieses Mal ist alles anders: Do it yourself, durch und durch.
Billy: Es ist ein so gutes Gefühl endlich alles fertig zu haben. Alles ist aufgenommen, mastered und ready-to-go. Dieses Mal haben wir uns etwas Besonderes ausgedacht. Die Fans, die das Album vorbestellt haben, haben direkt die ersten sechs Songs zum Download bekommen. Die anderen sechs kommen dann zur Veröffentlichung.
Das heißt, ihr habt schon ein Feedback von den Fans. Wie ist das Urteil bisher?
Billy: Unglaublich großartig! Dabei machen wir uns vorher immer so viele Sorgen. Man verbringt so viel Zeit mit dem Album, steckt so viel Arbeit rein und da wir dieses Mal alles selber gemacht haben, waren wir erst recht besorgt. Der Prozess war sehr ungewohnt. Da es das erste Album ist, was ich selber produziert habe, musste ich erst einmal viel lernen. Das Schreiben und Zusammensetzen der Songs fand auch anders als sonst statt. Josh lebt mittlerweile mit Frau und Kind in Frankreich und Charlotte mit ihrem Mann in Sheffield. Unsere Kommunikation war also ein bisschen eingeschränkter als sonst.
Das Album heißt schlicht und einfach „The Subways“. Dem Album den Bandnamen zu geben ist ja eher bei Debütalben üblich. Habt ihr euch dazu entschieden, weil ihr das Gefühl habt, dass dieses Album hundert Prozent The Subways repräsentiert, eben gerade weil ihr alles selber produziert habt?
Billy: Genau. Es ist hundert Prozent „The Subways“. Wir können niemand anderem die Schuld geben, wenn etwas damit schief läuft. (lacht) Wir sind verdammt stolz auf das Endergebnis. Jeder hat sein Bestes geben. Daher fühlt es sich besonders gut an, dass die Fans so positiv reagieren. Dadurch, dass sie schon sechs der Songs vor Albumrelease kennen, können sie auch schon bei den Konzerten mitsingen. Wenn man sonst neue Songs live spielt, ist das immer sehr nervenaufreibend, weil man die Reaktionen der Leute nicht so richtig abschätzen kann. Jetzt können wir es kaum abwarten den Rest der Songs auch noch zu veröffentlichen und den Leuten das komplette Album zu präsentieren.
Wie habt ihr die sechs Songs ausgewählt? Wolltet ihr schon ein bestimmtes Image des Albums rüberbringen?
Billy: Es war einfach zufällig. Meine Freunde, die alle Songs schon gehört haben, waren über die zweite Hälfte überrascht, weil sie damit gerechnet haben, dass alles ins Schema der ersten sechs veröffentlichten Songs passt. Aber irgendwie sind wir experimentierfreudiger geworden. Ein bisschen härter, verrückter und exzentrischer. Mal gibt es eine ruhige Ballade, nur um dann mit dem nächsten Song wieder einen Rock’n’Roll-Schlag ins Gesicht zu kriegen.
„Young for Eternity“ hat dieses Jahr zehnjähriges Jubiläum. Seit 2005 habt ihr eine lange musikalische Reise mitgemacht, auf der ihr sicher einiges gelernt habt.
Billy: Wir haben mit so vielen guten Produzenten zusammengearbeitet: z.B. Ian Broudie, Stephen Street, die uns über die Schulter geschaut haben und unser Selbstbewusstsein aufgebaut haben. Nach diesem Album habe ich gemerkt, dass wir das alles für uns machen können. Ich hab mir sogar schon neues Equipment besorgt, mit dem die nächste Platte aufgenommen wird. Die ersten Songs sind quasi in-the-making… Aber erstmal ist es auch gut aus dem Studio raus zu sein, denn das kann manchmal echt stressig werden. Unterwegs auf Tour zu sein bringt so viel mehr Energie. Jeden Tag in einer anderen Stadt aufzuwachen, vor einem Wahnsinnspublikum zu spielen… (wendet sich an die anderen beiden) Sagt mal, habt ihr euch mit mir im Studio eigentlich unwohl gefühlt? Habe ich zu viel gefordert?
Charlotte: Ach was, das hat total Spaß gemacht. Besonders weil wir uns diesmal viel Zeit nehmen konnten. Die Vocals in Billy’s Haus aufzunehmen war sehr entspannt.
Billy, du scheinst aber auf jeden Fall der dominante Teil der Band zu sein.
Billy: Jep, vor allem während der Interviews. Ich will immer alles erzählen. Ich bin ein Kontrollfreak.
Josh: Natürlich gibt es immer mal Streit während Aufnahmen. Aber wir kommen zu dritt echt gut klar und kennen uns mittlerweile sehr gut.
Billy: Wir vertrauen uns gegenseitig. Ich sage einfach nur: Hey Josh, du kennst deinen Part, spiel ihn so gut wie du kannst. Mach dein Ding. Ich lass dich mit dem Computer alleine, du kannst Play und Record drücken. Charlotte und ich sind Kaffee trinken gegangen, während er seine Drums aufgenommen hat. Danach war Charlotte dran und hat ihren Bassteil aufgenommen, ich meine Vocals und Gitarrensounds. Es war echt ein schöner Vorgang und fühlte sich sehr natürlich an. So hätten wir es wahrscheinlich von Anfang an machen sollen.
Charlotte: Wir mussten aber auch erst an diesen Punkt kommen und von all den vorherigen Produzenten lernen. Unser letztes Album haben wir in einem unglaublichen Studio in L.A. aufgenommen, das war echt cool. All diese Erfahrungen möchte ich nicht missen. Aber jetzt fühlten wir uns bereit.
Ihr wart damals ja noch so unglaublich jung, fast noch Teenager. Zurückblickend, welchen Ratschlag hättet ihr damals gerne von euch bekommen?
Billy: Relax!
Charlotte: Calm down! Aber total.
Billy: Selbst wenn ich den Ratschlag damals bekommen hätte, hätte ich mich umgedreht und gesagt: Fuck off. Nervosität scheint in dem Alter eine Grundeinstellung zu sein.
„Relax“, das kann man sich wahrscheinlich nicht oft genug sagen. Aber auf der Bühne zählt dann das Gegenteil. Eure Tour steht bald an, dann dürft ihr die Bühnen auseinandernehmen.
Billy: Genau, da heißt es dann: Loose your fucking mind! Zum Glück haben wir dieses Outlet auf der Bühne. Ansonsten müsste ich wahrscheinlich im normalen Leben ab und an mal durchdrehen. Auf der Bühne wird dieser Zustand zum Glück akzeptiert. (lacht)
Charlotte: Wir haben auch viele Termine in Deutschland bei der nächsten Tour anstehen. Viele der Locations kennen wir schon und wir freuen uns sehr drauf. Ich weiß, man denkt jetzt, dass ich das in jedem Land sage, aber Deutschland ist mein absoluter Favorit, wenn es um Konzerte geht. Wir haben echt coole Festival-Erfahrungen hier gemacht.
Josh: Ich liebe Japan total. Aber grundsätzlich spiele ich gern überall, außer in England. (alle lachen) Das ist zu Hause, das ist zu langweilig. Im Ausland auf Tour zu gehen ist doch viel spannender.
Euer Albumcover wurde von Zash Ore, einer Grafikdesignerin aus Budapest, gezeichnet: The Subways als Superhelden. In dem Booklet wird es dann sogar einen Comic geben. Was sind eure Superkräfte?
Billy: Meine Superkraft ist der Mega-Schrei.
Josh: Ich habe Magic Drumsticks.
Charlotte: Ich bringe die Erde zum Beben. Zash One hatte diese Zeichnung eigentlich für sich selber gemacht und dann auf unsere Facebookwand geposted. Als ich es entdeckt habe, war mir klar: Das muss aufs Album. Wir haben uns dann ein paar Mal mit ihr getroffen, und mussten für die Zeichnungen posen.
Wie hört ihr am liebsten Musik? Online, CD oder Vinyl?
Billy: Egal wie, hauptsache Musik. Vor kurzem habe ich meine Plattensammlung vom Dachboden geholt und weiß endlich wieder zu schätzen, wie unglaublich schön das Konzept von Vinyl ist. Die Verpackung, das Gewicht in deiner Hand, es ist so wertvoll. Das fühlt sich natürlich ganz anders an, als irgendwas was einfach in deinem Computer steckt. Man hört sich die bewusster an. Der ganze Prozess davor gehört dazu: die Platte reinigen, die Nadel genau aufsetzen, dann den ersten, warmen Ton durch die Lautsprecher hören… Es scheint alles so viel reiner. Nicht unbedingt akustisch, aber ästhetisch. Die heutige Technologie kann an diese besondere Erfahrung des Musikhörens einfach nicht herankommen.
Charlotte: Dafür bin ich anscheinend zu modern. Ich höre Musik auf meinem iPod, mit Spotify.
Billy: Ich will das Internet ja gar nicht schlecht reden! Es ist so cool, dass man jederzeit auf jegliche Musik Zugriff hat. Aus aller Welt. Nur so können wir ja auch überall Fans bekommen. Unsere ersten Demos wurden schon damals irgendwo in Belgien und Frankreich gehört, bevor wir überhaupt ein Label hatten. Danke Facebook. Danke MySpace.
Die meisten Leute hören sich eher selten ein Album vom Anfang bis zum Ende an. Gerade durch Spotify zum Beispiel wählt man ja eher Einzelne aus. Oder drückt Shuffle. Und hinzu kommt das endlose Skipping… Hättet ihr es lieber, wenn man sich „The Subways“ als Komplettpaket anhört?
Charlotte: Oh ja, das viele Shufflen… und auf einmal macht ein Album gar keinen Sinn mehr, weil die Tracks ja oft ganz bewusst in der Reihenfolge aufgenommen wurden.
Billy: Wieder ein Vorteil bei Vinyl. Man lässt die Nadel einfach auf der Platte und hört zu. Bei unseren Alben mache ich mir da aber nicht so viele Gedanken. Die Songs können isoliert voneinander auch funktionieren. Ein Album bringt einfach alle Songs aus einer bestimmten Zeitspanne zusammen. Wir haben nie ein Konzeptalbum gemacht. Es ist ja auch total normal, dass man nicht jedes Lied auf einem Album mag. Auf einer eigenen Playlist kann man sich ja dann seine Favoriten zusammenstellen.
Habt ihr denn für jede Playlist was dabei? Welche eurer Songs kommen auf die Party-Playlist? Die Sex-Playlist?
Billy: Für Parties: „We Don’t Need Money To Have A Good Time“ und „Rock’n’Roll Queen“. Unser zweites Album ist auf jeden Fall sexier. Zu der Zeit hatte ich auch glaube ich einfach unglaublich viel Sex. Das muss sich darauf ausgeprägt haben. (lacht)
„Rock’n’Roll Queen“ aus dem Album „Young for Eternity“ ist eure erfolgreichste Single und war damals eine der Indie-Hymnen für die Generation. Ich kenn niemanden, der nicht dazu getanzt hat. Welcher Song hat den gleichen Effekt für euch?
Charlotte: „Celebrity Skin“ von Hole. Und alles von Paramore.
Josh: „Girls And Boys“ von Blur.
Billy: Nirvana’s „Smells Like Teen Spirit“. Da dreh ich komplett durch. Dieser Song wird für den Rest meines Lebens zu meinem Soundtrack gehören. Wie cool, wenn einer unserer Songs so einen Effekt hat. Da fällt mir eine Geschichte ein: Als ich einmal nach einem Fußballspiel in einem Pub war, sah ich neben mir einen Fan des anderen Teams sitzen. Auf seinem Arm hatte er die Worte „Be my Rock’n’Roll Queen“ tättowiert. Ich hab ihn einfach angesprochen: „ich kann nicht glauben, dass du das Tattoo hast!“ Erst war er verwirrt: „Wieso denn?“ „Weil ich diesen Song geschrieben habe! Das ist mein Song!“ Was für ein Moment! Da realisiert man, wie viele Leute man mit diesem Song erreicht hat. Was für eine Ehre.
VÖ „The Subways“: 06.02.2015
The Subways Live in Deutschland:
10.02.15 – Stuttgart-Wangen, LKA-Longhorn
11.02.15 – Bochum, Zeche Bochum
17.02.15 – Dresden, Alter Schlachthof
20.02.15 – Berlin, Huxleys
21.02.15 – Erfurt, Stadtgarten Erfurt
22.02.15 – Nürnberg, Hirsch
02.03.15 – München, Tonhalle
10.03.15 – Köln, Bürgerhaus Stollwerck
Interview: Christina Heckmann
Foto © Greig Clifford