„Hi, ich bin Max Jury, 22 Jahre alt und aus Des Moines in Iowa. Ich habe eine französische Bulldogge, die ich sehr vermisse und die übrigens nach Emmylou Harris benannt ist“, so stellt sich der amerikanische Singer-Songwriter Max Jury vor. Mit 6 beginnt er mit dem Klavierspielen, später bringt er sich selber das Gitarrenspielen bei, und das erste Songwriting entsteht im zarten Alter von 13 Jahren. So jung und schon beweist er sich als eine Musikerseele, die wunderbar talentiert Lieder schreibt, inspiriert von den ganz Großen wie Bob Dylan, Gram Parsons, Gilbert O’Sullivan und James Blake bis hin zu Paul Simon. Im Vorprogramm von Lana Del Rey begeisterte er mit seinen sanften Songs ein riesiges Publikum, so dass keine Reue über das abgebrochene Studium aufkommen musste. Am wohlsten fühlt Max sich allerdings in den kleineren Bars, wie auch das Posh Teckel in Berlin, das sich für seine kleine Show am Abend des 10. März bis zum Anschlag füllt. Vorher nimmt sich der Sänger ein wenig Zeit für ein gemütliches Gespräch auf dem Sofa.
Max, du hast eine richtige musikalische Ausbildung hinter dir, und zwar beim Berklee College Of Music. Allerdings hast du zweimal dein Studium abgebrochen. Erzähl mir die Geschichte.
Also, ich bin in Des Moines, Iowa aufgewachsen und bin für mein Musikstudium nach Boston gezogen. Das habe ich aber nach einem Jahr abgebrochen, um zu versuchen als Musiker mehr Gigs zu spielen. Das war ohne Geld und Unterstützung ein bisschen schwierig, so dass ich zurück nach Iowa zu meinen Eltern gezogen bin. Dort bin ich dann auch wieder für ein Jahr an die Uni gegangen, habe aber schnell gemerkt, dass es mir keinen Spaß gemacht hat und bin dann wieder nach Boston gegangen, um das Musikstudium wieder aufzunehmen. Während der Zeit dort habe ich dann ein Angebot bekommen meine Musik zu veröffentlichen und bin auf Tour gegangen. Somit war es wieder vorbei mit dem Studium.
Hast du das Gefühl, dass deine Herangehensweise an das Musikmachen durch das Musikstudium verändert wurde? Dass deine Kreativität gestoppt wird, wenn du zu viel über Theoretisches nachdenkst?
Das ist auf jeden Fall ein Problem, was immer wieder auftaucht. Ich habe in der Zeit in Berklee so viele wichtige Leute kennengelernt wie zum Beispiel meinen Bass-Spieler und Gitarrenspieler, mit denen ich ein Zimmer geteilt habe. Deswegen würde ich die Zeit nie bereuen. Aber zu viel über Musik nachzudenken kann die kreative Energie einschränken.
Annie Clark von St Vincent ist auch in Berklee gewesen. Sie sagt dazu, dass man irgendwann einfach alles vergessen muss, was man gelernt hat und einfach anfangen muss Musik zu machen. Da hat sie wirklich recht.
Es geht mehr um „Learning by doing“…
Genau, es geht darum auf Tour zu gehen, Songs zu schreiben und zu lernen, was funktioniert und was nicht. Ich glaube, man kann keine Kunst wirklich im Klassenzimmer lernen.
Schreibst du viel, wenn du unterwegs bist? Oder wann hast du am häufigsten das Bedürfnis zu schreiben?
Am produktivsten bin ich, wenn ich nach einer Tour wieder zurück nach Iowa komme. In den paar Wochen danach habe ich Zeit über alles nachzudenken, was passiert ist und kann entspannen und schreiben.
Heute Abend spielst du im Posh Teckel, einer kleinen Bar in Neukölln. Deine Musik passt sehr gut in eine solche intime und entspannte Location.
Ich freue mich sehr darauf. Die Bar ist total gemütlich und perfekt für meine Musik. Es passen nicht sehr viele Leute rein, aber das ist auch gut so für die Atmosphäre. Ich glaube kaum, dass man meine Musik ihn großen Arenen hören kann.
Allerdings hast du schon sehr große Konzerte gespielt. Im Vorprogramm von Lana Del Rey hattest du mehrere tausend Zuhörer. Wie war das?
Ein Sprung ins kalte Wasser. In Des Moines hatte ich zuvor immer so vor 10 bis 20 Leuten gespielt. Auf einmal stand ich vor 4000 Menschen auf der Bühne in Chicago. Es hat mir geholfen, weniger schüchtern zu sein, wenn es um die Performance geht. Früher hatte ich da einige Probleme mit, aber heute bin ich bei großem Publikum nicht mehr so nervös. Die Atmosphäre von kleinen Konzerten gefällt mir allerdings besser.
Wie reagieren die Leute auf deine Musik?
Also ausgebuht wurde ich noch nicht. Die Reaktionen waren meistens echt positiv. Einmal habe ich aber etwas Fieses in einer Konzertreview gelesen. Da ging es um ein Festival in Detroit, bei dem ich einen Song von Neil Young gespielt habe und einer schrieb: „Never play this song again.“
Autsch. Sowas findet man dann raus, wenn man seinen eigenen Namen googelt…
Du bist sehr inspiriert von der Musik aus vergangenen Zeiten. Gram Parsons, Neil Young, Bob Dylan, The Kinks,… Gibt es auch moderne Musiker, die dir zusagen?
Auf jeden Fall. Beyoncé’s „Drunk In Love“, „Yeezus“ von Kanye West, Timber Timbre mit „Hot Dreams“, das sind alles Sachen, die ich gerade höre.
Oha, das war jetzt überraschend. Interessante Kombi. Von welchem Künstler bewunderst du die Bühnenpräsenz?
Mick Jagger! Otis Redding!
Wirst du uns heute Abend auch etwas in der Art davon bieten?
Ha, das wär’s. Nein, ich bin auf der Bühne zu sehr ich selber und eher ruhig. Aber ich arbeite daran. (lacht)
Deine eigenen Songs sind so schön simpel. Was ist dir wichtig beim Songwriting, welche Charakterzüge sollte ein Lied deiner Meinung haben?
Mir gefällt die „Less is more“-Einstellung, wenn es ums Songwriting geht. Es sollte bloß nicht irgendetwas draufgepackt werden, was nicht unbedingt da sein muss. Egal, ob es um die Stimme oder Instrumente geht. Was die Texte angeht, schreibe ich darüber, was in meinem Kopf passiert. Das meiste ist autobiografisch, beziehungsweise eine Kombination zwischen etwas, was wirklich passiert ist, und ein bisschen Ausgeschmücktem, um es interessanter zu machen.
Erlebst du diese Momente, von denen du singst, dann auf der Bühne nochmal?
An den meisten Abenden ist man auf Autopilot gestellt und man singt die Songs mehr mit Konzentration auf die Musik als auf den Inhalt. Aber manchmal, wenn man eine Zeile singt, dann kommen die Erinnerungen hoch und die Leute sind auf einmal bei dir.
Du hast zwei EP’s veröffentlicht. „All I Want (The Sonic Factory Sessions)“ und „Something In The Air“. Bist du bereit für ein Debütalbum?
Im Moment bin ich dabei ein Label zu finden. In London habe ich mein Management und Publishing, aber ich bin nicht als Künstler gesigned. Ich habe ungefähr fünf neue Songs und noch mehrere ältere Songs, die sind alle bereit. Mal sehen was passiert. Vielleicht kommt erstmal noch eine EP. Der neueste Song von mir ist die Single „Home“, gerade erst auf Soundcloud hochgeladen. Ich kann es auf jeden Fall kaum erwarten mein erstes Album rauszubringen.
Macht es dir Angst, dass es alles nicht funktionieren könnte?
Ja, ein bisschen schon. Eine Zukunft in der Musikindustrie ist ja sehr unvorhersehbar. Ich hoffe sehr, dass es sich in den nächsten zwei Jahren alles in die richtige Richtung für mich entwickelt.
Hast du einen Plan B?
Nein.
Besser so. Das wird klappen.
Interview: Christina Heckmann
Fotos © Marieke Lyda