Katzenjammer zu treffen ist genau so, wie man es sich vorstellt. Es ist laut, es ist bunt und es wird viel gelacht. Auf dem Fußboden liegen geöffnete Koffer, in denen zwischendurch gewühlt wird. Als die Sonnenblenden erfolgreich herunter gelassen wurden und die Band zur Hälfte aufgeteilt wurde, kehrt ein wenig Ruhe ein und ich kann mich entspannt mit Turid und Marianne unterhalten. Ein Ausflug nach „Rockland“.
Das ist wirklich kein Scherz, nur wenige Tage bevor wir die Meldung bekommen haben, dass ihr 2015 ein neues Album veröffentlichen werdet, haben wir in der Redaktion über euch geredet. Wie schön es doch wäre, bald wieder von euch zu hören.
Marianne: Toll. Was für ein schöner Zufall.
Dann erzählt mal, was habt ihr in den vergangenen Jahren so getrieben? Außer dass ihr offensichtlich ein neues Album aufgenommen habt.
Marianne: Ich denke, es ist nicht übertrieben zu sagen, dass wir 2011 und 2012 nahezu komplett in Deutschland verbracht haben (lacht). 2011 haben wir sechs Wochen am Stück getourt. Dann waren wir für ein paar Wochen Zuhause, bevor wir wieder den ganzen Sommer getourt haben, immer noch die meiste Zeit in Deutschland und in Europa drum herum. Dann, nach ein paar Wochen Pause waren wir schon wieder in Deutschland und haben noch einmal die gleiche Tour gemacht wie im Frühjahr. Seit 2009 waren wir quasi die ganze Zeit unterwegs. Deshalb haben wir 2013 bewusst eine Pause gemacht. Aber so ist es, wenn man Musik macht und möchte, dass die Menschen sie hören!
Ich fand es schon erstaunlich, dass ihr es zwischen all den vielen Shows, die ihr gespielt habt, überhaupt geschafft habt, ein zweites Album raus zu bringen. Es sah so aus, als wärt ihr permanent am Arbeiten.
Turid: Ja, das fanden wir auch (lacht). Das zweite Album haben wir irgendwie zwischen… allem gemacht. Es war also genauso wie du sagst, dass es aussah. Ein paar Jahre kann man das machen. Das muss man sogar. Wenn du gehört werden willst, musst du all deine Energie und Aufmerksamkeit geben. Es ist harte Arbeit. Aber es ist es wert! Irgendwann brauchten wir dann aber eine Pause, um einfach mal wir selbst zu sein. Es war schön, sich rein auf das Songschreiben konzentrieren zu können.
Stimmt es wirklich, dass ihr am Ende 83 Songs geschrieben hattet, aus denen ihr für das Album auswählen konntet?
Marianne: Das stimmt, aber diese 83 Songs sind nicht alle in diesem einen Jahr entstanden. Alle von uns hatten noch ein paar von früher. Mit den Aufnahmen haben wir auch erst 2014 angefangen. 2013 war das Jahr, in dem wir hauptsächlich schwanger waren und geboren haben.
Oh, herzlichen Glückwunsch!
Beide: Danke! (Gelächter)
Turid: Wir hatten viel Zeit (lacht).
Marianne: Als ich sechs Wochen schwanger war, bin ich auf Solotour gegangen. Dann bin ich noch zum Songschreiben nach Nashville geflogen. Ich hatte nicht geplant schwanger zu werden. Turid war clever, sie hat das alles besser organisert. Bei mir war das mehr so oh, fuckedy-fuck! (Gelächter) Aber es ist gut, dass es genau so war wie es gekommen ist. Letztendlich ist ein Jahr immer noch eine lange Zeit um produktiv zu sein, wenn man will und sich die richtigen Zeitfenster sucht. Dann funktioniert es auch wenn man Kinder hat. Das Touren muss man anders organisieren, sodass man nicht mehr sechs Wochen am Stück unterwegs ist sondern vielleicht eine, dann zwei Wochen frei, dann wieder eine.
Wie war es in Nashville? Ich träume selber davon, einmal hinzureisen.
Marianne: Es war großartig! Ich war drei Wochen dort. Du solltest unbedingt hin fahren, es ist ganz sicher alles was du denkst und noch viel mehr. Das Songwriting dort war anders als ich es gewohnt bin. Es sind nicht so viele Songs dabei raus gekommen, die mir persönlich sehr nah sind. Man arbeitet mehr wie in einer Fabrik. Die Songs, die mir am meisten am Herzen liegen habe ich Zuhause geschrieben, ganz alleine oder mit einem Cowriter, der mir nahe steht. Aber es ist ein großartiger Ort, um sich Inspiration zu holen und Kontakte zu machen. Ich habe glaube ich 500 Songs dort geschrieben, die ich anderen gebe. Wir schreiben ja nicht nur, wenn wir Songs für unsere Band brauchen. Man lässt raus was drin ist, manchmal ist es ein Countrysong, manchmal einer, der zu Katzenjammer passt. In Nashville ist es so: Wir haben noch bis zwei Uhr Zeit, lass uns noch schnell drei Songs schreiben! (Turid lacht).
Ich finde Metropolen, die sich so klar auf die Musik konzentrieren, wahnsinnig faszinierend. Aber ich muss zugeben, am meisten möchte ich nach Nashville, weil ich großer Jack White Fan bin.
(Marianne und Turid seufzen synchron auf und lassen sich auf die Tischplatte sinken)
Turid: Jack White war uns eine große Inspiration für dieses Album! Man hört es vielleicht nicht auf Anhieb, aber es gibt viele Referenzen darauf, die auf ihn zurückgehen.
Deswegen mag ich „Rockland“ wahrscheinlich so besonders gern!
Turid: Tust du, wirklich? Oh, das ist schön!
Ja, es ist ein bisschen weniger verspielt. Etwas straffer, klarer im Sound.
Marianne: Zielstrebiger als die früheren beiden. Ich finde, man hört dem Album an, dass wir bald unser Zehnjähriges als Band feiern. Sieben davon haben wir nahezu am Stück live gespielt. Es ist das Ergebnis von einer langen Zeit zusammen, auf der Bühne aber auch unterwegs. Wir kennen uns schon sehr lange sehr gut und lernen uns immer noch besser kennen.Und ich denke, was unseren Sound so eigen macht ist, dass wir kein festes Band Line-Up haben. Wir haben nicht eine Schlagzeugerin, eine Leadsängerin, sondern jede macht alles. Wenn Turid Bass spielt, klingt das ganz anders als wenn ich es tue. Jede von uns hat einen ganz anderen Groove. Wir wollen eine Band sein, bei der man nicht weiß, was einen bei der nächsten Show erwartet. Oder beim nächsten Album. Oder sogar beim nächsten Song.
Wie habt ihr euch denn bei der Fülle an Songs dafür entschieden, welche es letztendlich auf „Rockland“ schaffen werden?
Marianne: Eigentlich war es gar nicht so schwer. Wir haben damit angefangen, dass jede von uns 5 Songs auswählt. Da waren schon erstaunlich viele dabei, auf die wir uns sofort einigen konnten. Aus diesem ersten Schwung haben es fünf oder sechs am Ende tatsächlich auf das Album geschafft. Dann haben natürlich das Label und die Produzenten noch etwas zu sagen. Uns war aber wichtig, dass wir die ersten sind, die mit der Auswahl beginnen. Wir hören gerne auf die Menschen, mit denen wir arbeiten, aber es ist wichtig, dass wir Vier die kreativen Köpfe bleiben. Danach ging es ein bisschen vor und zurück, aber es hätte viel schlimmer sein können.
Und jetzt ist es da. „Rockland“! Klingt nach einem verdammt guten Ort.
Turid: Ja, ist es auch!
Wenn ich sage, ich komme mit euch nach Rockland, was erwartet mich dort?
Turid: Ich habe so ein Bild vor Augen wie die grünen Schweizer Berge. Es ist doch grün in den Schweizer Bergen, oder? (lacht) Ein bisschen wie eine Hippie Kommune. Die Menschen spielen miteinander an einem schönen Ort.
Marianne: Ein musikalisches Nirvana?
Turid: Ja, genau! In den Lyrics geht es überhaupt nicht darum, aber das ist meine persönliche Vorstellung von Rockland.
Marianne: Ich habe da noch gar nicht drüber nachgedacht, obwohl es so naheliegend ist. Aber ich denke, ich sehe das ganze Album als ein eigenes Land. Ich denke, es ist ein etwas erwachsenerer Ort als die früheren beiden Alben, ein bisschen stabiler, auch wenn es die eine oder andere gefährliche Klippe gibt. Aber man kann sich dort frei bewegen, mit beiden Beinen auf dem Boden stehen und ganz man selber sein. Man hört auf diesem Album die Persönlichkeit jedes Mitglieds stärker als je zuvor. Und das ist für mich das Wichtigste an „Rockland“.
Katzenjammer sind demnächst wieder auf großer Deutschlandtour:
04.03.15 Köln –Palladium
05.03.15 Dresden -Alter Schlachthof
06.03.15 Berlin –Columbiahalle
07.03.15 Bielefeld –Ringlokschuppen
09.03.15 Hamburg -Grosse Freiheit
10.03.15 Mannheim –Maimarktclub
18.03.15 CH/Zürich –Kaufleuten
19.03.15 A/Wien –Arena
20.03.15 München –Tonhalle
21.03.15 Wiesbaden –Schlachthof
Interview: Gabi Rudolph
Foto: Lynn Lauterbach