Die New York Times hat die Live-Performance der amerikanischen Indie-Band Hundred Waters so bezeichnet: “a watercolor wash of possibilities, a suspension of time, an embrace of textural experiment and open-ended expectations.” Zu Recht. Die Musik von Hundred Waters ist nicht von dieser Welt. Wo auch immer sie herkommt, sobald Nicole Miglis‚ mit ihrer zarten Stimme zu singen beginnt, wird man dorthin mitgenommen. Hundert Wasser fließen, ein Song geht in den nächsten über, unklar wann einer aufhört und der nächste beginnt, so dass keine Zeit für Applaus bleibt, nur genießen. Weiträumige Songs, die sich ausstrecken.
Die vier Musiker aus Florida weben flüchtige, elektronische Netze, die mit Sängerin Nicole Miglis’ Gesang mühelos wie Ölfarben auf einer Leinwand vermischt werden. Nicole’s Blick hängt in der Leere, während sie leidenschaftlich und doch leicht singt. Dort auf der Bühne sieht sie unglaublich anmutig aus, trägt ein zartes Spitzenblümchenkleid im Asia-Look, dazu schwere, schwarze Stiefel, die zu helfen scheinen, dass sie auf dem Boden bleibt. Die Leichtigkeit der Sounds lassen einen abheben. Gitarrist Trayer Tryon’s Haare hängen im Gesicht, was nur zu sehen ist, wenn er seinen Kopf zurückwirft, voller Hingabe. Hundred Waters „make those feelings go away“. Zwischenzeitlich kniet Nicole vor dem Keyboard, spielt Querflöte, rechts und links stehen Paul Giese und Trayer am Elektropult und greifen ab und zu zur Gitarre, Zach Tetreault beherrscht das Schlagzeug. Die eindrucksvolle Lichtshow verstärkt die faszinierende Atmosphäre. Nach dem A Capella zu dem Album Opener „Show Me Love“ flüstert ein Mädchen im Publikum: „I’m getting too emotional, I can’t do this anymore„, aber lächelt mit geschlossenen Augen, während ihr Tränen die Wange herunterlaufen. Das Publikum scheint in Trance zu sein, genau wie die Band, die Bühne einnehmend, aber im Kopf irgendwo anders. „It’s all in my head“, das Publikum beobachtet fasziniert in Ehrfurcht diesen magischen Abend mit Hundred Waters.
Fotos: Markus Werner