Greyson Chance wurde 2010 im zarten Alter von 12 Jahren durch sein Cover des Lady Gaga Songs „Paparazzi“ quasi über Nacht berühmt. Nach einer längeren Schaffenspause meldet er sich nun mit seinem neuen Album „portraits“ zurück. Im Interview hat uns der junge Musiker verraten, wie er die frühe Berühmtheit erlebt hat, was ihn beim Songwriting inspiriert und was seine musikalischen Träume sind.
Du hast gerade dein neues Album „portraits“veröffentlicht. Wie ist die Platte entstanden und wie geht es dir damit?
Ich bezeichne „portraits“ immer als mein Debütalbum, denn so fühlt es sich für mich einfach an. Das Album ist für mich das Ergebnis jahrelanger harter Arbeit und es zeugt zudem von meiner Kraft und Willensstärke. Viele Leute im Musikbusiness haben mir gesagt, dass meine Zeit vorbei sei, aber auf die hab ich nicht gehört. Ich habe einfach weiter Songs geschrieben und versucht, authentische Musik zu erschaffen. Dabei ist dann „portraits“ entstanden.
Was hat dich beim Songwriting für dieses Album inspiriert?
Ich hatte verschiedene Inspirationsquellen bei diesem Album. Die erste hängt mit meiner Studienzeit zusammen, als ich mir eine komplette Auszeit von der Musik genommen hatte. Ich habe diese Pause wirklich gebraucht, um wieder zu mir selbst zu finden. Aus diesen zwei Jahren habe ich extrem viel mitgenommen. Meine zweite Inspirationsquelle war die Tatsache, dass ich mich innerhalb eines Jahres zum ersten Mal verliebt hatte und mir dann das Herz gebrochen wurde. Ich denke, diese Dichotomie zwischen den Gefühlen der Verliebtheit und Zerissenheit kommt auf dem Album gut rüber. Ich hoffe, die Hörer spüren das. Zu guter letzt wollte ich mit diesem Album auch beweisen, dass ich ein ernstzunehmender Musiker und Songwriter bin und keine Eintagsfliege.
Welcher deiner Songs geht dir besonders nahe und warum?
Das ist eine schwere Frage, weil ich mich all meinen Songs auf unterschiedliche Art und Weise verbunden fühle. Im Moment würde ich wahrscheinlich sagen „west texas“. Diesen Song habe ich über meine Mutter geschrieben und ich muss jedes Mal an sie denken, wenn der Song läuft. Ich verdanke ihr alles.
Wie bist du zur Musik gekommen? Was ist deine erste musikalische Erinnerung?
Ich war schon von Kindesbeinen an von Musik umgeben. Ich erinnere mich daran, wie mein Vater früher viele Vinyl Platten aufgelegt hat, hauptsächlich Soul- und Jazz-Schallplatten von Ray Charles, Etta James, The Supremes, Duke Ellington und Sam Cooke. Mich hat es fasziniert, wie Musik einfach zu jeder Zeit die Stimmung verbessern könnte. Ich erinnere mich auch nicht an eine Zeit in meinem Leben, in der ich nicht gesungen hätte. Später kam dann noch das Klavierspiel dazu, ich habe einige Jahre lang Unterricht genommen und dann wurde dieses Instrument ein Teil von mir. Der Rest ist Geschichte.
Erinnerst du dich daran, wie du dich gefühlt hast, als deine YouTube Cover 2010 plötzlich durch die Decke gingen? Konntest du den ganzen Hype damals überhaupt begreifen?
An diese Zeit meines Lebens habe ich tatsächlich nur verschwommene Erinnerungen. Ich war ein normales Schulkind aus Oklahoma und dann war ich plötzlich – vom einen Tag auf den anderen – ein Künstler und hatte eine Karriere vor mir. Die Menschen lieben die Umschreibung „über Nacht“, aber auf mich trifft sie wirklich zu. Ich erinnere mich in diesen frühen Jahren an nicht so viel, ich weiß nur, dass das alles sehr überwältigend war und ich konnte schon in jungen Jahren die Welt bereisen. Mit 14 war mein erster Reisepass komplett voll, das ist doch verrückt.
Wer sind neben Lady Gaga deine musikalischen Vorbilder?
Bei „portraits“ waren meine größten Einflüsse Sylvan Esso, Seinabo Sey und Bon Iver. Vom Songwriting-Aspekt her – nicht unbedingt vom Klang her – habe ich beim Schreiben viel Joni Mitchell und Brandi Carlile gehört; beide Frauen sind unglaublich gute Geschichtenerzählerinnen.
Wenn du die freie Wahl hättest, mit wem würdest du gerne mal zusammenarbeiten?
Ohne Frage mit Sylvan Esso. Das ist easy.
Was sind deine musikalischen Ziele? Hast du Träume, die du gerne noch erreichen würdest?
Mein größter Traum ist, dass ich meine Geschichte mithilfe meiner Musik immer erzählen kann. Ich möchte nie wieder aufhören, Songs zu schreiben. Ich bin damals zurück an die Universität gegangen, um meine Berufung zu finden und habe daran gezweifelt, ob das bei mir wirklich Musik ist. Dass das falsch war, weiß ich jetzt. Mir ist klar, dass ich Kunst erschaffen muss. Und egal, ob ich nun Millionen Zuhörer habe oder nur ein paar wenige in einer Bar, ich möchte meine Geschichte bis an mein Lebensende durch meine Songs erzählen.
Welche Songs hörst du denn aktuell? Hast du irgendwelche Tipps für uns?
Das neue Album von Esperanza Spalding is einfach genial und ich liebe auch die neue Anderson Paak CD. Die neuste Tourist Platte macht zudem extrem süchtig. Er erschafft einfach die schönsten Synthie klänge. Planst du, demnächst in Europa/Deutschland auf Tour zu gehen? Mal schauen… ich glaube, ich bin im Herbst in Europa unterwegs.
Last but not least: Was kommt dir in den Sinn, wenn du an Deutschland denkst?
Deutschland ist eines meiner liebsten Reiseziele, am liebsten bin ich in Berlin. Jeder scheint dort so happy zu sein und die Stadt hat eine Lebendigkeit, die man woanders so nicht findet. Ich würde dort gerne einmal hinziehen, vielleicht mache ich das ja.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei deinen weiteren Plänen!
Interview: Marion Weber & Mirjam Baur