Das neue Album „Alias“ der Londoner Band The Magic Numbers fällt erst einmal durch schwarz-weiße Passbilder auf. Darunter findet man auch die Geschwisterpaare der Band Romeo (Gesang, Gitarre) und seine Schwester Michele Stodart (Bass, Gesang) sowie die Geschwister Angela (Key, Gesang) und Sean Gannon (Schlagzeug), die sich mit diesen neuen Album nahezu vier Jahre Zeit gelassen haben. Und man erkennt sehr schnell, die Musiker fallen wieder aus der Zeit. An dem Erfolg des mit ihrem Bandnamen betitelten Debütalbum (Doppel-Platin-Auszeichnung und drei Top-20-Hits in der UK) vor ca. 10 Jahren konnte das Quartett mit den folgenden zwei Alben leider nicht festhalten. Vor allem ihr letztes Album „The Runaway“ floppte jedenfalls unverdient. Während dieses Edel-Pop Album ein echtes Studioalbum war, kehren die Vier jetzt mit „Alias“ wieder zu ihren Wurzeln zurück und fangen die Energie ihrer Live-Shows ein, mit denen sie in England zu Stars und Kritikerlieblingen wurden.
„Alias“ ist eine Balance aus Folk, Pop, Rock und Soul und sowohl von kommerziellen Trends als auch beispiellosen Experimenten geprägt. Man findet darauf zupackend-griffige Rocksongs wie die Single „Shot In The Dark“, das ganz ungeniert kraftlos drauflos rockt, sowie aufbauende Balladen wie der Opener „Wake up“. Bereits zu Beginn merkt man, dass das Album speziell durch den vielseitigen Stimmungs- und Stilwechsel für die unentbehrliche Dynamik sorgt. Während die Band mit ihrem zweiten Song „You Know“ progressiv und ambitioniert avanciert, repräsentieren die Musiker mit „Thought I Wasn’t Ready“ einen Retro-Soul-Pop Song und mit dem Titel „E.N.D.“ einen eleganten Ausflug ins Disco Genre. Die Fünfziger Jahre werden natürlich auch nicht vergessen und mit der Streicher-Ode an „Roy Orbison“ geehrt. Mehr Abwechslung in einem Album ist eigentlich kaum möglich. Außer der mehrstimmigen Gesangsharmonie der Vier verläuft nichts offensichtlich oder vorhersehbar. Und am Ende wird es mit „Enough“ und „Black Rose“ dann auch noch düster und melancholisch.
The Magic Numbers lassen musikalisch wirklich alle Hüllen fallen. Von Zurückhaltung keine Spur – ob Prog-Pop Balladen, euphorischer Chorgesang oder hymnischer Indie-Rock. All diese abwechselnden Inspirationen könnten denken lassen, dass das Album durch viel Kraft und Krampf entstanden ist und ein großes Wirrwarr hinterlässt, aber die Geschwisterpaare gehen absolut geschmacksicher zu Werke und hinterlassen einen perfekt funktionierenden Eindruck. Ein Kritikpunkt der Platte wäre die Länge einzelner Titel, die mit knapp 6 Minuten bei vielen Zuhörern eine Grenze erreichen könnten. Ansonsten gefallen The Magic Numbers wieder uneingeschränkt.
VÖ: 15.08.2014
Gehört von: Anne Schubert