Der Schnee fällt in Flocken, weiß steht die Stadt. Anstelle von Frühlingsgefühlen machen sich langsam aber sicher Winterdepressionen breit. Wären da nicht Polly, Billy und „Funtimes“, das Debütalbum der Heartbreaks aus der britischen Küstenstadt Morecambe. Und das klingt nach viel mehr Sonne, als man zunächst in England vermutet. Umso komischer, dass die Fertigstellung des ersten Albums so lange auf sich warten ließ.
„Liar, My Dear“ zum Beispiel, der Opener auf „Funtimes“, rotiert bereits seit drei Jahren auf youtube und gewann schnell prominente Fans wie Morissey, der die Jungs direkt mit auf Tour nahm, oder Carl Barat, den die Heartbreaks bei diversen Konzerten im Vereinigten Königreich unterstützten.
„Große Teile des Albums suhlen sich textlich in Schwermut, da war es ein schöner Kontrast, das Album ‚Funtimes‘ zu nennen“ erläutert Joe, Schlagzeuger und Songwriter (schon allein diese Kombination!) das Konzept ihres Debüts und stapelt dabei reichlich tief. Es ist viel mehr als der Abumtitel, der Sommerferien zu versprechen scheint. Zeilen wie „The rainfall in Morecambe embitters me, it soaks my hair and stings my cheeks“, deren Angenervtheit aus allen Poren strömt, klingen aus dem Mund des Sängers Matthew viel eher nach „The Friday sun bears down again as we drive with our friends“, wie die Lostprophets einst über ihren letzten Sommer sangen.
Ein wahrlicher Geniestreich auf der Platte ist das seit den letzten Tagen immer mal wieder im Indie-Radio zu hörende „Polly“, eine gesungene Interessenbekundung für die Schwester eines der Bandmitglieder: „Tell me about your kids now, Polly. I bet they’ve grown up, do they look much like you? Such a ridiculous situation. You know nothing of me and I know nothing of you“. Traurig eigentlich, wären da nicht diese „Und-jetzt-alle!-Momente“, in denen man das Lächeln auf den Lippen des Sängers förmlich spüren kann. Und das ist auf die Dauer ziemlich ansteckend. Schlagzeuger und heimlicher Kopf der Band Joe formuliert ganz treffend: „Es kontert die fehlgeleitete Wahrnehmung mancher Leute, wir seien mürrische Nordlichter“. Und weil sie eben das nicht sind, machen sie wie im Live-Dauerbrenner „Delay Delay“ auch nicht davor halt, Tipps dazu zu geben, wie man auf den richtigen Weg – dem, der zur sonnigen Seite des Lebens führt – gelangt. „Ich habe den Song geschrieben als offenen Brief an einen Freund, als Ratschlag, den Tag zu nutzen und nicht verpassten Chancen nachzutrauern“. Dieser Satz, gepaart mit der etwas großspurigen Behauptung der Band, die Heartbreaks wären die nächsten Arctic Monkeys, lassen den Zauber des Debüts zugegebenermaßen etwas verpuffen. Letztendlich ist das aber auch irgendwie egal, etwas Ehrgeiz hat ja noch niemandem geschadet. Der auf sich warten lassende Frühling könnte sich davon eine Scheibe abschneiden.
Gehört von: Julia Köhn
VÖ: 22.03.2013