Rau und ungeschliffen wie ein Rohdiamant kommt das zweite Solo-Album von Carl Barât, nach den Dirty Pretty Things und The Libertines, daher. Grund ehrlicher, englischer Garage Rock. Carls musikalische Vorbilder The Clash blitzen an vielen Stellen revoluzzer-mäßig durch.
Nachdem die meisten Songs geschrieben waren, suchte Barât sich per Online-Anzeige seine Band zusammen, die Jackals. Als er gefragt wurde, warum er diesen ungewöhnlichen Weg gegangen ist, sagte er, er hat sich echte Young Bloods gesucht, die voll bei der Sache sind und echte Leidenschaft für die Musik mitbringen, keine Musiker-Kumpel, die schon vorbelastet sind und ihre Päckchen und Egos mit in die Band bringen – er wollte eine Gang. Nach ein paar Auditions im Amersham Arms in Süd-London hatte er seine Jungs zusammen. Am Ende machten Billy Tessio (Gitarre) Adam Claxton (Bass) und Jay Bone (Drums) das Rennen.
Nach Gang und wilden Nächte klingt die Musik dann auch. Ein bisschen nach Revolution, ein bisschen nach Strasse. Etwas Punk Attitüde hier und da und weniger poetisch als The Libertines, obwohl die Texte durchaus von gleicher Qualität sind.
Nicht nur bei den Texten kommen immer wieder Vergleiche zu Carls weitaus populäreren Band The Libertines. Besonders bei „The War Of The Roses“. Ein Song bei dem es um Drogen und Mädchen geht. Wenn er mit rauer Stimme singt „You’re The Greatest Friend To Me, You’re The Only Friend To Me“ ist man leicht versucht an seinen Kumpel Pete Doherty zu denken, den er selbst als seinen „brother from another mother“ bezeichnet.
Natürlich sind diese Vergleiche nachvollziehbar, allerdings auch ein bisschen schade. Denn Verstecken muss sich „Let It Reign“ wirklich nicht. Jedoch wird das Album immer dazu verdammt sein, eine Überbrückung des Workaholic Carls zu sein, bis er mit seinem Buddy Pete, der nach seiner Rehab in Thailand nur so vor neu gewonnener Kreativität zu strotzen scheint, das lange erwartete neue Libertines Album raus bringen kann.
Auf jeden Fall scheint Barât seine eigene Depressionen überwunden zu haben und bester Dinge zu sein. Das Album klingt straight forward, gepfeffert mit einem ordentlichen Schuss Optimismus. Carl selbst sagt, dass er nach der ersten Platte ein toter alter Mann war. Vater zu werden und seine Liebe zu finden, hat ihn wieder einen Sinn sehen lassen. „Ich bin zuversichtlicher und kreativer geworden“. So führt er voller Selbstbewusstsein seine Gang durch melodiös treibende Songs wie die erste Single „Glory Days“, ein Stück über die 306 Englischen Soldaten, die im ersten Weltkrieg Fahnenflucht begangen haben, über den Protest-Song „Beginning To See“ bis hin bis zu dem eher melancholischem Titelsong “Let It Reign“. Es ist ihm ein abwechslungsreiches und überzeugendes Album gelungen, das sicherlich auch live sehr viel Spaß machen wird.
Dafür hat sich Carl kleine Clubs raus gesucht, in alter CBGB-Club Manier. Dort wo man mit dem Publikum fast auf Augenhöhe ist. Wo man jede Reaktion der Fans spürt aber auch die Fans jede Reaktion der Band spüren. Dort wo man ein paar Songs lang zusammen eins sein kann, um eine kleine Revolution zu starten. Ende Februar kommt er mit seinen Jackals auch für drei Konzerte nach Deutschland:
25. Februar 2015 – Köln, MTC
26. Februar 2015 – Hamburg, Molotow
27. Februar 2015 – Berlin, Bang Bang Club
VÖ: 13.02.2015
Gehört von: Kate Rock