Vogelgezwitscher und Blätterrauschen inmitten von Synthieklängen. Stumpfe Schläge auf Tom Tom und Bass Drum, dahinter drei Lehramtsstudentinnen, deren Gerissenheit man hinter schüchtern blicken Augen, umrahmt von Hornbrille und leicht geröteten Wängchen, besser nicht unterschätzt. Au Revoir Simone sind wieder da und schließen mit ihrem neuen Album „Move In Spectrums“ fast nahtlos an ihren grandiosen Vorgänger „Still Night Still Light“ an. Doch irgendwas ist diesmal anders.
Vielleicht liegt es schon allein daran, dass die drei New Yorker Girls lange vor der Invasion der vielen popkulturellen Modeerscheinungen der letzten Jahre (instagram, Twitter und alles dazwischen) seit 2003 den Soundtrack zu selbigen schreiben und damit irgendwie frischer als viele Dream-Pop-Electro-Bands neueren Datums klingen.
Da macht sich beim ersten Hören noch ein bekanntes wohliges Gefühl breit, mit dem Opener „More Than“, der in ähnlichem Stil, wie „Another Likely Story“ vor vier Jahren funktioniert. Ihr „All Or Nothing“ der neuen LP heißt „Crazy“, und darin klingt nicht nur der Refrain, in dem die Zeile „uh, you girls, you drive me crazy“ achtmal wiederholt wird, verdächtig vertraut. Erika Forster, Annie Hart und Heather D’Angelo verstehen es ohne Frage noch immer ganz hervorragend, Unbequemes klanglich so zu verfremden, dass der Hörer meinen könnte, es wäre alles eine einzige Wolke. Dass die nicht immer unschuldig weiß vor sich her treibt, hört man spätestens in der zweiten Runde des Hörens, oder in der Single „Somebody Who“, in der die Leere des Alltags eine Beziehung von innen zu zerfressen scheint. Die im schaurig-schönen „We Both Know“ auch gleich mal zu zerbrechen scheint.
Es scheint, als hätten die drei als eine von David Lynch’s Lieblingsbands die vierjährige Bandpause voll und ganz der Bewältigung ihrer eigenen Krux gewidmet – und nun mit „Move In Spectrums“ vollständig verarbeitet. Und das klingt ehrlich, kantig und ungehalten, auf Au Revoir Simones ganz eigene verträumte Art.
VÖ: 20.09.2013
Gehört von: Julia Köhn