Immer wenn man bei The National denkt, jetzt könnte es langsam langweilig werden, überraschen sie wieder mit einer tollen neuen Platte. Umso besser, wenn diese eigentlich gar nicht geplant war. „I Am Easy To Find“ begleitet den 24-minütigen Kurzfilm von Oscar-Gewinner Mike Mills, der Frontmann Matt Berninger sofort für das Projekt begeistern konnte. Die Musik der Band begleitet den 24-Minütigen Kurzfilm aber ist nicht als Soundtrack zu sehen. Beide Werke sind voneinander beeinflusst aber funktionieren unabhängig voneinander. Der rote Faden, der sich durch Film und Musik durchzieht ist das Thema, was es heutzutage bedeutet ein Mensch zu sein. Ein wohlweislich schwieriges Thema in der heutigen Zeit.
The National sind ein ähnliches Phänomen wie Arcade Fire. Sie hatten nie einen wirklichen Hit, und trotzdem haben sie in ihrer Karriere viele grandiose Songs produziert. Auch auf „I Am Easy To Find“ finden sich diese besonderen Songs wieder, die einen verzaubern und in eine eigene Welt entführen. Man kann sich so wunderbar in sie und mit ihnen fallen lassen. So schafft es die Band auch in ihrem zwanzigsten Jubiläumsjahr wieder zu überraschen und vor allem zu überzeugen. In einer Welt in der die Nachrichten fast täglich düsterer werden und man sich ernsthaft um die Menschheit Gedanken machen muss, wirken die Songs von The National fast heilend.
Besonders geprägt wird das Album durch die Vielzahl an weiblichen Künstlerinnen, die Berningers prägnanten Bariton auf ganz wunderbare Art unterstützen oder selbst den Lead-Part übernehmen. Dabei ist unter anderem Lisa Hannigan, mit der die Dessner Brüder auf dem People Festival in Berlin spielten, wo auch ein Teil des Albums aufgenommen wurde, sowie Sharon Van Etten, Mina Tindle, Kate Stables und der Brooklyn Youth Chorus. Für David Bowie Fans hervorzuheben ist Gail Ann Dorsey, die grandiose Bassistin, die David jahrelang auf Tour begleitet hat. Dass sich „I´m Easy To Find“ trotz der vielen Gäste jederzeit wie ein The National Album anhört, ist den virtuosen Masterminds Bryce and Aaron Dessner zu verdanken, die den Sound der Band maßgeblich kreiert haben.
Wen man The National live sieht, traut man Matt Berninger – der auf der Bühne teils zerstörerische Züge an den Tag legt, wenn er sich das Mikro an den Kopf schlägt oder unwirsch hin und her rennt- gar nicht so viel Sensibilität zu. Auf „I’m Easy To Find“ gibt es mehr als einen Song, der unter die Haut geht. Wie ein Geschichtenerzähler wirkt Berninger bei «“I’m Not In Kansas“. Sparsam instrumentiert knarzt sich seine Stimme durch den Song. Sakral wird es auf „Dust In Strange Light“, wenn ein engelsgleicher Frauenchor den Song eröffnet. Neben all der Harmonie kommen auch Tempowechsel nicht zu kurz, wie auf dem Song „Where Is Her Head“, der verhältnismäßig treibend nach vorne geht und sich auf jeder Jogging-Playlist als Motivationsschub befinden sollte – nicht nur wegen der Lyrics „I think I’m running away…“
Eingefleischten Fans sei gesagt: mit 63 Minuten ist „I Am Easy To Find” bisher das längste Werk der Band. Ein wunderbares Album bei dem man sich wünscht, dass es gar nicht mehr aufhört. Endlich eine Platte, bei der man nicht Cherry Picking nach dem besten Song betreiben muss, sondern dass man gerne in einem Stück anhört und genießt. Heutzutage ist das ja leider eine Seltenheit.
Wer die neuen Songs live hören möchte kann die Band aus Ohio, die unermüdlich auf Tour zu sein scheint, ab Sommer auf ihrer Deutschlandtour sehen. Wir werden natürlich auch wieder dabei sein und schauen, ob sich Matt Berninger wieder das Mikro an den Kopf haut oder entfesselt singend durch die Zuschauermenge tobt. Beeilt euch, die Show in Hamburg ist bereits ausverkauft.
The National live:
15.07.2019 Jahrhunderthalle, Frankfurt
16.07.2019 Stadtpark, Hamburg – ausverkauft
26.11.2019 Columbiahalle, Berlin
27.11.2019 Columbiahalle, Berlin
01.12.2019 RuhrCongress, Bochum
02.12.2019 Palladium, Köln
04.12.2019 Zenith, München
05.12.2019 Porsche Arena, Stuttgart
Gehört von: Kate Rock