Habt ihr euch jemals vorgestellt, ihr könntet fliegen? Euren besten Freund abholen und mit ihm abheben? Über Täler und Flüsse durch einen strahlend blauen Himmel segeln, der Sonne zuwinken und am einen Ende des Regenbogens wieder landen? Habt ihr nicht? Dann seid ihr wohl noch nicht in den Genuss gekommen, mit „Me and Michael“ – einem der zehn Songs auf dem neuen MGMT-Album „Little Dark Age“ – genau diese visuelle Assoziation in eurem Kopf auszulösen. Und nicht nur das bewirkt der Song. Mit watteweichen Synthesizern, saftig-reduzierten Drums und sentimentalem Gesang mit einer ordentlichen Portion Hall wird man in die 80s zurück versetzt. Selbst wenn man zu dieser Zeit noch nicht auf der Welt war, spürt man dieses wohlige Heile-Weltsgefühl und begreift, wie wunderschön das gewesen sein muss, zu Alphaville oder The Cure in der Diskothek seines Vertrauens unter einem glitzernden Lichtermeer die Hüften zu schwingen.
Das Musikvideo zu „Me and Michael“ ist verstörend-fesselnd und steht sinnbildlich für „Little Dark Age“, ein realitätsfernes Album, das nicht ganz ernst genommen, amüsiert und eine klangliche Sphäre erschafft, die im Vergleich zum letzten Album „MGMT“ wärmer und einladender gestaltet ist. Zwar nicht so eingängig wie einst „Electric Feel“, „Time To Pretend“ oder „Kids“ aus ihrem Debutalbum „Oracular Spectacular“, aber doch einprägsam und von Dauer. Andrew VanWyngarden und Ben Goldwasser, die sich erstmals bei ihrem Studium experimenteller Musik auf der Wesleyan Universität in Connecticut begegneten und für ihren Hang zu psychedelischer Bewusstseinserweiterung bekannt sind, schaffen es mit „Little Dark Age“ Synthie-Pop modern klingen zu lassen. Sei es in Gestalt eines marschierenden Beats und düster-voranschleichenden Arpeggiators beim Titelsong „Little Dark Age“ oder eines entschleunigten Funkinstrumentals mit lockenden Basslines bei „TSLAMP“. MGMT verbreitet viel Nostalgie ohne dabei ihren eigenen zeitlosen Charme zu verraten.
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Am 30. Januar waren MGMT in Berlin, um in Huxley‘s ausverkaufter Neuer Welt Teile des Albums schon vor Release auf die Bühne zu zaubern. Das Konzert ließ mich leider ein wenig enttäuscht zurück. Obwohl einige Songs der neuen Platte live durch ihre entspannt tanzbaren Beat sicherlich gut funktionieren könnten, wollte die Magie der Performance nicht so recht auf das Publikum überspringen. Enthusiasmus lösten die etwas träge-wirkenden Amerikaner nur mit ihren Evergreens von „Oracular Spectacular“ aus, sodass am Ende zwar die Vorfreude auf „Little Dark Age“ bestehen blieb, der Großteil der Zuschauer den Konzertsaal aber zwiegespalten verließ.
Gehört von: Finn Hackenberg