Bei Fink hat man das Gefühl, dass er sich permanent auf einer musikalischen Reise befindet. Seit 2014 ist der britische Musiker Wahlberliner, und vielleicht ist es auch die Abwesenheit von der Heimat, die ihn dazu inspiriert, musikalisch immer wieder zu neuen Ufern aufzubrechen. 2017 veröffentlichte er das Album „Fink’s Sunday Night Blues Club, Vol.1″ , auf dem er seine eigene Definition des Blues auslotete. Sein im gleichen Jahr erschienenes Album „Resurgam“ fasste er uns gegenüber im Interview stilistisch als „Punk mit einem kleinen p“ zusammen. Nun hat Fin Greenall aka Fink sein neues Album „Bloom Innocent“ veröffentlicht, das sich wie eine weitere Etappe seiner Reise anhört und gleichzeitig wie der nächste logische Schritt in seinem Schaffen.
„Bloom Innocent“ ist ein ruhiges, nahezu sphärisches Album geworden, das sich viel Zeit lässt und in dem Fink sich weiter von gängigen Songstrukturen entfernt. Während der mehr als 8-minütige Opener auf „Resurgam“ noch die Ausnahme war, dauern auf „Bloom Innocent“ alle Songs im Schnitt 6 Minuten, eher mehr. Bereits der zweite Song „We Watch The Stars“ macht deutlich, dass das hier vorherrschende Stilmittel die langsame Entwicklung ist. Die ersten fünf Minuten steht fast ausschließlich Finks Stimme im Vordergrund. Dass diese Art der Ruhe für ihn eine Art Luxus ist, den er sich mit den Jahren erarbeitet hat, beschreibt Fink selbst wie folgt:
„I wanted to make a record which had a lot of musical moments on it. Cause that’s kind of what I am into at the moment. Therefore on the new record there is a lot of big outros and five minutes sort of splash downs and big musical moments with lots and lots happening. Maybe after the song or in the middle of the song. And I’m very much inspired by the fact that I don’t have to do focused tracks anymore. I don’t have to do radio edits anymore. Not because I’m like above it or beyond it, but I’ve got my own label, I’m part of an independent label, Ninja Tune, and I’m a hundred percent independent artist. So I don’t need to, if I don’t want to.“
In seiner Fusion aus Langsamkeit und Intensität hat „Bloom Innocent“ etwas meditatives, nahezu spirituelles. Dass Fink eine Faszination für Spirituals hat wurde vor allem natürlich auf „Fink’s Sunday Night Blues Club, Vol.1“ deutlich, die Inspiration hieraus scheint sich aber auch auf „Bloom Innocent“ weiter durchzuziehen. Das heißt aber nicht, dass alle Songs rein sphärischer Natur sind oder einem gleichförmigen Tempo unterliegen, wie zum Beispiel das rhythmische „Out Loud“ zeigt. Auch ist „Bloom Innocent“ kein komplett düsteres Album geworden, vor allem im Vergleich zu „Resurgam“. Es wirkt eher wie eine zärtliche Meditation, sinnierend und irgendwie versöhnlich, manchmal einlullend wie ein „Rocking Chair“, den Fink zuletzt besonders reduziert besingt: „Rainy days, rainy days make me sit back in my rocking chair“. Und selbst wenn hier der Downer kurz vor Schluss kommt – „The sun will come back, you won’t come back“ – bleibt der Eindruck, dass hier ein weites Spektrum an Emotionen seine Berechtigung hat. Und dass Finks Bedürfnis, klassische Songstrukturen weiter zu dekonstruieren sich nicht negativ auf den Hörgenuss auswirkt.
„Bloom Innocent“ ist ein sehr persönliches Album geworden, das sich nahezu perfekt in die derzeitige Jahreszeit pflanzt. Mit Fink in einem Schaukelstuhl zu sitzen und auf die Rückkehr der Sonne zu warten, hat bei aller Düsterheit auch etwas Tröstliches. Und wer weiß was der Frühling bringt – vielleicht sogar eine neue Liebe.