Gehört: Babymetal „Metal Resistance“

PrintIch habe ein großes Herz für Musikacts, die mir bei der ersten Begegnung ein gepflegtes „What the Fuck“ entlocken. Leider kommt es heutzutage nicht mehr allzu oft vor. Ich kann auch schwer beschreiben, was genau mich entsprechend triggert, aber ab und zu brauche ich einfach das Gefühl, dass da draußen jemand ist, der noch mehr spinnt als ich.
In diesem Fall würde ich das aktuelle japanische Musikphänomen Babymetal am ehesten mit Die Antwoord vergleichen, der herrlich durchgeknallten südafrikanischen Dance-Hip-Hop Formation. Schwer zu sagen, was genau diese Assoziation in mir aufbeschwört, aber kurz nachdem sie mir zum ersten Mal erschien, outete sich Die Antwoord Rapper Ninja auf Instagram als Babymetal Fan. Ich wusste wir verstehen uns, Ninja.
Für alle, die es vielleicht noch nicht mitgekriegt haben: Babymetal ist ein japanisches „Girl-Metal-Vokal- und Tanz-Trio“ (sagt Wikipedia), das musikalisch Elemente des J-Pop mit Heavy Metal paart. Die drei weiblichen Mitglieder Su-Metal, MoaMetal und YuiMetal sind zwischen 16 und 19 Jahre alt und entstammen ursprünglich einer Untergruppe der Idol-Gruppe Sakura Gakuin. Traditionell müssen Sakura Gakuin Mitglieder die Truppe verlassen, sobald sie ihren Abschluss an der Mittelschule gemacht haben. Im Falle von Babymetal wagte man das Experiment, die Gruppe mit festen Mitgliedern weiter zu führen und der Erfolg stellte sich unweigerlich ein. Babymetal sind inzwischen nicht nur in Japan ein Phänomen, das Debütalbum „Babymetal“ belegte letztes Jahr unter anderem Platz 1 in den Metal- und Rockcharts von iTunes in den USA.
Mit ihrem zweiten Album „Metal Resistance“ gehen Babymetal jetzt noch einmal in die Vollen. Zur Feier der Albumveröffentlichung gab es ein Konzert in der ausverkauften Londoner Wembley Arena (zur Info: da passen knapp 13.000 Leute rein). Diese Woche gaben Babymetal ihr Live Debüt im US TV bei Stephen Colbert und ließen das amerikanische Fernsehpublikum zu gleichen Teilen ratlos und begeistert zurück.
Noch nicht ganz dem Schulalter entwachsene Mädchen mit Zöpfen und in an Schuluniform erinnernden, leicht Fetisch angehauchten Kostümen singen melodiösen J-Pop zu krachiger Metal-Untermalung und tanzen dazu synchron. Das kann man natürlich ganz locker unter „Die spinnen, die Japaner“ verbuchen. Tatsächlich handelt es sich bei Babymetal aber um eine musikalische Mischung, die erstaunlich gut funktioniert. Denn Babymetal lebt nicht nur von der Performance der drei wirklich putzigen Mädels, sondern auch von der musikalisch unglaublich versierten Band. Und der Spaß den alle Beteiligten dabei haben, zeigt sich besonders gut in den Live Performances, wie zum Beispiel dem bereits legendären Auftritt in Colberts Late Show.

Und was kann man jetzt zum frisch erschienenen zweiten Album „Metal Resistance“ sagen? Entspannte Hintergrunduntermalung darf man natürlich nicht erwarten. Und hartgesottenen Heavy Metal Fans wird es bei den piepsigen Gesangspassagen vielleicht die Schuhe ausziehen. Leute wie ich, die sich gerne an gut gemachtem musikalischen Quatsch erfreuen, kommen jedoch voll auf ihre Kosten. Ein bisschen fehlt mir auf „Metal Resistance“ höchstens der ein oder andere ganz große Kracher, wie der bei Colbert performte Hit „Gimme Chocolate!!!“ aus dem Debütalbum. Zum Frühsport funktioniert das Album zum Beispiel sehr gut. Und wenn der Wahnsinn des Alltags mich mal wieder übermannt, kann ich sogar Entspannung im Hören von Babymetal erfahren – beruhigt von dem Gefühl, dass es Dinge da draußen gibt, die auf wunderschöne Weise noch viel bekloppter als mein eigenes Leben sind.

VÖ:01.04.2016

Gehört von: Gabi Rudolph