Es war ein sehr poppiges Jahr, 2009. Unter meinen Lieblingsplatten tummeln sich dieses Jahr erstaunlich viele Major-Releases. Ein paar Überraschungen gab es aber auch. Ein Überblick ohne Ranking oder sonstiges System.
MIKA – The Boy Who Knew Too Much
Ja, ich mag MIKA. Ich mag seine Storchenbeine, sein durchdringendes Falsett und sein (hart erarbeitetes) bombastisches Selbstbewusstsein. Ganz davon abgesehen hat er dieses Jahr einen herrlichen Nachfolger zu seinem Erstling „Life In Cartoon Motion“ abgeliefert. An dessen Erfolg kann er, rein was Verkaufszahlen angeht, mit „The Boy Who Knew Too Much“ zwar nicht anknüpfen, weshalb der Durchbruch zum globalen Superstar wohl noch ein Weilchen warten muss. Fans auf der ganzen Welt aber hat er ja bereits, und die verehren ihn mehr denn je. Zu recht, wenn man sich Songs wie „Touches You“, „Good Gone Girl“ oder „By The Time“ anhört. Mit viel Spaß und beschwingter Leichtigkeit haut er uns seine Popperlen um die Ohren. Was soll ich sagen, meine iTunes-Zähler erklären den Rest. Ich liebe ihn einfach.
Paolo Nutini – Sunny Side Up
Eigentlich die grosse Überraschung des Jahres für mich. Paolo Nutini hat mich bis zu diesem Jahr nur mäßig interessiert – „Sunny Side Up“ änderte das auf Anhieb. Irgendwo zwischen Sixties-Soul, Cat Stevens und Johnny Cash findet Paolo auf diesem Album seinen ganz eigenen Weg, und einen sehr bezaubernden obendrein. Die charmanteste Platte des Sommers, zu der man auch im Winter noch verzückt das Tanzbein schwingen kann, weit in die Höhe oder ganz zaghaft in inniger Umarmung mit der/dem Liebsten.
Florence & The Machine – Lungs
Florence Welsh singt, als wäre der Teufel hinter ihr her. Trotz aller Exzentrik, wallender Kostüme und nicht minder wallendem rotem Haar vergisst sie dabei nie, uns zu unterhalten, und so ist „Lungs“, das Debutalbum von Florence & The Machine voller leicht versponnener, aber eingängiger Melodien, die einem sofort in Mark und Bein und nicht mehr aus dem Kopf gehen. Davon abgesehen ist Florence eine großartige Sängerin, was sie dieses Jahr auch live unter Beweis stellte. Im nächsten Jahr ist sie wieder auf Tournee, und auf ein neues Album hoffe ich natürlich auch. Da geht noch einiges, da bin ich mir sicher.
The Dead Weather – Horehound
So viel zum Thema Supergroup. Wenn Mitglieder so illustrer Bands wie The White Stripes, The Kills, The Raconteurs und Queens Of The Stone Age zusammenkommen um gemeinsam Musik zu machen, sollte man annehmen, dass nicht viel schief gehen kann. Ist in diesem Fall auch so. „Horehound“ ist ein erstaunlich rohes Album dafür, dass alle Mitglieder von „The Dead Weather“ schon so lang im Musikgeschäft tätig sind. Und ja, ich habe ein Faible für Jack White, auch wenn er bei The Dead Weather hauptsächlich Schlagzeug spielt und den Gesang meist Alison Mosshart überlässt. Nachdem ich von all der Popmusik beim iPod hören nur noch Persilblümchen vor den Augen hatte, brachten mir The Dead Weather dieses Jahr den Rock’n Roll zurück – düster, laut und sexy. Dafür danke ich ihnen.
The XX – XX
Viel ist dieses Jahr geschrieben und geredet worden über die jungen Londoner Musiker, die sich zu The XX zusammengefunden haben. Und man muss es ihnen lassen, sie haben wirklich ein außerordentlich schönes Debutalbum abgeliefert. Minimalistisch aber eingängig, tiefgründig und, wie in dem wunderbaren Song „VCR“ auf ihre jugendliche Art herrlich romantisch. „I think we’re superstars, you say you think we are the best thing.“ Viel Glück für 2010 wünsche ich The XX. Dann werden Oliver Sim, Romy Madley Croft und Jamie Smith 20 Jahre alt. Ich bin mir sicher, sie haben noch eine Menge vor sich.
Weitere Überraschungen lieferten: Martha Wainwright. Die Schwester von Rufus Wainwright veröffentlichte auf „Sans Fusils, Ni Souliers, A Paris“ ihre eigenen Live-Interpretationen einer Sammlung von Edith Piaf-Songs. Ich bin kein Chanson-Fan, aber was Frau Wainwright da abliefert, fetzt. Bell X1. Die irische Band veröffentlichte dieses Jahr mit „Blue Lights On The Runway“ das Album, durch das ich endlich auf sie aufmerksam wurde. Paul Noonans Stimme geht runter wie Öl. Depedro. Jairo Zavalas neuestes Projekt führte mich erstmals an Latin und Folk heran. Ein sehr schönes Album, zu dem man nächtelang Caipirinhas trinken möchte. Und dann waren da auch noch Tokio Hotel. Die haben sich mit „Automatisch“ klammheimlich in meinen iTunes Top 25 auf Platz 5 geschlichen.
Insgesamt war 2009 ein spannendes Musikjahr. Aber auch 2010 wirft vielversprechende Schatten voraus: Midlake, Vampire Weekend, die isländische Band Seabear, das belgische Bandprojekt The Go Find, die australische Band-Neuentdeckung LittleRed und viele andere bringen bereits Anfang des Jahres großartige Platten heraus. Und sogar von Lali Puna wird es im April Neues geben. Ich lade schon mal meinen iPod auf.