Das sind unsere Lieblingsfilme und -serien aus 2020

Es war ein schreckliches Jahr für die Kinos, ein umso besseres für die Streaming-Dienste. Zu gucken gab es in 2020 auf jeden Fall eine Menge, wovon man auch in 2021 noch einiges nachholen kann – besonders die Filme, die aufgrund ihres ungünstigen Kinostarts viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen haben. Hier eine Auswahl unserer Favoriten des Jahres.

I May Destroy You

„I May Destroy You“ ist nicht nur die wahrscheinlich beste Serie des Jahres, sondern mit Sicherheit auch eine der wichtigsten. Drehbuchautorin, Schauspielerin und Regisseurin Michaela Coel macht in der von ihr konzipierten, geschriebenen und zum Teil inszenierten Serie, in der sie auch selbst die Hauptrolle spielt, den Diskurs darüber, wo sexuelle Selbstbestimmtheit aufhört und Missbrauch anfängt, komplett neu auf. Das ist genau die Auseinandersetzung mit dem Thema, die wir heute brauchen und gleichzeitig extrem pointierte, packende Unterhaltung. Außerdem ist es auch in 2020 noch (oder mehr denn je?) eine Wohltat, einer aus Ghana stammenden Frau dabei zuzusehen, wie sie derart kompromisslos und auch noch erfolgreich ihr Ding macht.

Little Women

Da mussten wir doch glatt nochmal nachgucken – ist Greta Gerwigs Adaption des Jugendbuchklassikers von Louisa May Alcott tatsächlich dieses Jahr gestartet? Die Zeit, in der man ohne groß darüber nachzudenken ins Kino gehen und sich einen Film ansehen konnte, kommt einem schon sehr weit weg vor. Am 30. Januar 2020 war es tatsächlich, und wir möchten an dieser Stelle noch einmal eindringlich daran erinnern, wie liebevoll, stark und eigenständig Greta Gerwigs Neuverfilmung war – sie wurde schon bei den diesjährigen Oscars genug vergessen. Unsere Kritik zu „Little Women“ könnt ihr hier lesen.

Waves

Der Kinostart des Films von Regisseur und Autor Trey Edward Shults wurde von der Corona-Pandemie stark getroffen. Statt ursprünglich geplant im März, kam er im Juli dieses Jahres in die Kinos, als die Zuschauer sich langsam und zögerlich wieder in die Säle wagten. Die Geschichte um eine schwarze Familie in Südflorida, in der der Sohn am Leistungsdruck zerbricht und die Tochter daraufhin ihren eigenen Platz im Leben finden muss, hätte zusätzlich kaum irreführender vermarktet werden können. So wurde der Film als „romantisches Drama“ bezeichnet und auch der Trailer ließ kaum erahnen, wieviel unverklärte, rohe Kraft in Shults zum Teil autobiografischem Drama steckt.

Kajillionaire

Noch ein Film, der von der Corona-Pandemie kaum härter hätte getroffen sein können – in den deutschen Kinos startete der neue Film von Allround-Künstlerin Miranda July nur wenige Tage, bevor die Kinos im Rahmen des zweiten Lockdowns schließen mussten. Aber wenigstens konnten wir ihn hier für wenige Tage auf der großen Leinwand sehen, wo dieses überbordende Kunstwerk über eine Kleinstganoven-Familie hingehört. In den USA kam er direkt als VoD auf den Markt. Unsere Kritik zu „Kajillionaire“ könnt ihr hier lesen.

Milla meets Moses

Shannon Murphys Langfilmdebüt ist eine so originelle wie universelle Liebesgeschichte, tragisch, humorvoll, liebenswert, mit einer besonderen Handschrift inszeniert und vor allem ohne jegliche Vorurteile erzählt. Unsere Kritik zu „Milla meets Moses“ (der im englischen Original viel passender „Babyteeth“ heißt) findet ihr hier.

Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution

Nie gehört? Schade, aber nachvollziehbar. „Misbehaviour“, wie der Film von Philippa Lowthorpe im Original heißt, schaffte es im Herbst für kurze Zeit in die deutschen Kinos und hätte eigentlich viel mehr Aufmerksamkeit verdient. Darin erzählt wird, nach wahren Begebenheiten, wie aus den feministischen Protesten während der Miss World Wahlen im Jahr 1970 in England die Frauenbewegung heranwuchs. Im Mittelpunkt des großartigen Darsteller*innen-Ensembles steht Keira Knightley als Historikerin und Frauenrechtlerin Sally Alexander. Perfekte Unterhaltung und ein lehrreicher Exkurs in ein wichtiges Kapitel Geschichte.

The Queen’s Gambit

Der Netflix-Streaming-Hit des Jahres darf auch hier nicht fehlen. Es ist einfach immer wieder ein Grund zur Freude, wenn Erfolg und Qualität Hand in Hand gehen. Die Mini-Serie mit Anya Taylor-Joy als fiktives Schach-Genie Elizabeth Harmon ist einfach spannend, unterhaltsam, gut geschrieben und genauso gut besetzt. Der heimliche Star ist hier aber die Stadt Berlin, die sich vor der Kamera in so illustre Orte wie Las Vegas, Mexico City und Moskau verwandelt.

Soul

Ein neuer Geniestreich aus der Pixar-Schmiede ist einfach das perfekte Geschenk zu Weihnachten. In „Soul“ versucht die Seele des Jazzmusikers Joe Gardner sich wieder mit seinem irdischen Dasein zu verbinden. Das ist genauso philosophisch wie es klingt und dabei gleichzeitig so leichtfüßig und lustig, dass auch jüngere Kinder ihren Spaß daran haben. Fast schon beängstigend, wie mühelos die Kreativköpfe von Pixar mal wieder alles richtig machen.

I am not okay with this

Es ist wirklich tragisch, dass die Netflix-Serie um ein junges Mädchen, das plötzlich Superkräfte entwickelt, keine zweite Staffel bekommen wird. Wir hätten wirklich zu gerne gesehen, wie es mit Syd und Stanley weiter geht. Warum die Serie nach der Graphic Novel von Charles Forsman kein weiterer Abklatsch von „Stranger Things“ ist und es darin eigentlich um viel mehr geht als jugendliche Superkraft-Mutanten, könnt ihr hier noch einmal in unserer Kritik nachlesen.

Niemals selten manchmal immer

Eliza Hittmans Drama um eine ungewollte Teenagerschwangerschaft und die Schwierigkeiten, in den USA unter würdigen Umständen eine Abtreibung zu bekommen, gewann bei der diesjährigen Berlinale den Silbernen Bären. Ein nahezu unerträglich unter die Haut gehender Film, der in seiner Ruhe und Sparsamkeit meisterhaft inszeniert und gespielt ist und eindringlich für die Wichtigkeit plädiert, dass Abtreibung in unserer Gesellschaft eine verfügbare Option bleibt. Damit könnte er, leider, im Jahr 2020 kaum aktueller sein.

Persischstunden

Während des zweiten Weltkriegs im von Deutschland besetzten Frankreich entgeht der Sohn eines Rabbiners knapp der Hinrichtung, weil er behauptet kein Jude, sondern Perser zu sein. Im Lager soll er Hauptsturmführer Klaus Koch persisch beibringen. Lars Eidinger und der argentinische Schauspieler Nahuel Pérez Biscayart laufen in dem Drama, in der ein Nazi und ein Jude in einer aus der Not heraus erfundenen Fantasiesprache miteinander kommunizieren, zu absoluter Hochform auf und der Film zeigt, dass Sprache und die damit verbundenen Barrieren letztendlich auch nur menschliche Konstrukte sind.