Bombay Bicycle Club im Interview: „Nichts kann das auf die Dauer ersetzen“

Was gab es Tränen, als Bombay Bicycle Club 2016 eine Pause auf unbestimmte Zeit ankündigten! Sollte es sogar das Ende der Band sein? Tatsächlich wussten die Jungs aus London lange Zeit nicht, wie es genau weitergehen würde. Jamie zum Beispiel hatte in der Zwischenzeit ein Studium aufgenommen, Ed als Toothless ein Soloalbum veröffentlicht, Suren arbeitete als Sessionmusiker für verschiedene Bands. Aber so ganz ohne einander ging es dann doch nicht, weshalb wir uns jetzt auf das neue Bombay Bicycle Club Album „Everything Else Has Gone Wrong“ freuen können, das diesen Freitag erscheint. Im Interview haben Ed und Suren uns erzählt, was für sie das Einzigartige an der Zusammenarbeit als Bombay Bicycle Club ist und was die Pause für einen Einfluss auf die Arbeiten am neuen Album hatte.

Da seid ihr ja wieder! Ich erinnere mich, wie ihr damals euren Hiatus angekündigt habt. Die Leute waren am Boden zerstört. Das muss doch ein sehr schönes Gefühl sein, zu spüren wie stark die emotionale Bindung zu eurer Musik ist. 

Suren: Die Emotionen damals, das war unglaublich. Aber auch als wir angekündigt haben, dass wir wieder zurück kommen werden. Wenn es da noch kleine Zweifel bei uns gab ob es die richtige Entscheidung ist, sie waren auf jeden Fall weg, als wir all die freudigen Kommentare auf unseren Social Media Profilen gelesen haben. 

Ed: Und nicht nur online. Wir haben gerade eine 10-Jahres-Jubiläum Show zu unserem ersten Album gespielt. Vor zehn Jahren haben wird das Album raus gebracht und vielleicht vor ein paar hundert Leuten gespielt. Wenn wir jetzt sehen wieviele Leute sich für unsere Musik interessieren, das ist wirklich besonders. 

Und dann kannst du davon ausgehen, dass du bei so einer Show sowohl Leute hast, die euch damals schon gehört haben als auch solche, die euch erst neu entdeckt haben.

Ed: Das ist auf jeden Fall etwas Besonderes, ja. Wir haben das Album geschrieben als wir Teenager waren, als es raus kam waren wir gerade mal 19. Die Songs handeln davon, wie wir uns als Teenager gefühlt haben. Jetzt sind wir alle Ende zwanzig, Anfang 30, und ich dachte automatisch, die Leute im Publikum müssten auch so in unserem Alter sein. Aber es sind auch immer viele Teenager da, die unsere Musik später entdeckt haben und sich ihr verbunden fühlen. 

2015 habt ihr beschlossen, dass ihr eine längere Pause machen wollt, richtig?

Ed: Verkündet haben wir es 2016, aber die Entscheidung stand zu dem Zeitpunkt schon seit gut einem Jahr. Wir haben uns ein bisschen Zeit gelassen es öffentlich zu machen. Vielleicht waren wir uns auch noch nicht ganz sicher, aber es war klar, dass jeder von uns andere Sachen machen will. Als wir es verkündet haben, hat Jamie bereits studiert. 
Aber gab es auch einen Punkt an dem ihr gedacht habt, Bombay Bicycle Club könnte tatsächlich für immer vorbei sein?

Suren: Oh ja, sehr sogar. Wir haben bewusst die Tür nie ganz geschlossen, aber wir hatten keinerlei Ahnung, was passieren würde. Wir haben tatsächlich einen Großteil unseres Equipments verkauft, das war ein seltsamer Prozess. Dann hat sich zum Glück herausgestellt, dass jeder von uns nur etwas Zeit für sich selbst brauchte, ohne die anderen, einen Alltag außerhalb der Band erleben musste. Wir haben die Band ja damals gegründet als wir gerade mit der Schule fertig waren . Wir mussten mal andere Leute sehen, andere Erfahrungen machen. Und jetzt wo wir das getan haben, sind wir wieder voll bereit füreinander. 

Ed: Das Gute ist, dass die Dinge, die wir in der Zwischenzeit gemacht haben, immer noch existieren. Vorher war das Ganze eine eher eindimensionale Angelegenheit. Wir haben alle sehr viel Zeit in andere Projekte gesteckt. Jetzt konzentrieren wir uns wieder auf die Band, haben aber immer noch andere Dinge, die wir nebenher machen können. Ich denke das hilft jedem von uns, auf lange Sicht gesehen motiviert zu bleiben. 

War euch denn als ihr in die Pause gegangen seid schon klar, was ihr in der Zwischenzeit machen möchtet? Zum Beispiel dass du, Ed, ein Soloalbum aufnehmen würdest?

Ed: Oh ja. Ich liebe es Musik zu machen. Es ist nur immer eine Frage der Zeit. Das Album, das ich als Toothless gemacht habe, hat zwei Jahre in Anspruch genommen. Diese Zeit hätte ich früher nie gehabt. Es war eine sehr wichtige Erfahrung für mich, überhaupt schon um zu sehen dass es oft viel schwieriger ist, alleine Musik zu machen. 

Wenn man alles zusammen nimmt, was ihr in der Zwischenzeit gemacht habt – Soloalben, Studium, Arbeit als Sessionmusiker – dann kommt einem die Pause gar nicht mehr so lang vor.

Ed: Das ist tatsächlich seltsam. Uns kam es wie eine lange Zeit vor, aber wenn man sich zum Beispiel die Arctic Monkeys ansieht, die lassen sich auch gerne mal fünf bis sechs Jahre Zeit zwischen zwei Alben. Es ist alles relativ. Ich denke, für uns war es lang, weil wir die ganze Zeit davor sehr produktiv waren. Dann fühlt sich so eine Pause gleich viel länger an. Ich denke immer noch viel darüber nach.

Was habt ihr zuerst angefangen, von den anderen zu vermissen? 

Suren: Ich habe in der Pause als Sessionmusiker mit verschiedenen Künstlern gespielt. Das war auf eine Art befreiend, weil ich mir weniger Gedanken machen musste. Meine Aufgabe war plötzlich in erster Linie, rechtzeitig zum Konzert da zu sein. Aber irgendwann… wir sind ja im Prinzip wie Brüder miteinander aufgewachsen. Nichts kann das auf die Dauer ersetzen. Ich mochte viele Leute mit denen ich auf Tour war sehr, aber dieses „Band of Brothers“-Gefühl, das wir miteinander haben, ist einfach etwas anderes (lacht). Ich denke, das habe ich am schnellsten vermisst. 

Ed: Als ich angefangen habe mein Soloalbum zu machen dachte ich, das ist großartig, ich kann alle Entscheidungen alleine treffen. Dann gab es Situationen, in denen ich unsicher war, zum Beispiel ob ein bestimmter Mix so gut ist. Und da ist mir plötzlich aufgefallen: ich habe niemanden, den ich um seine Meinung fragen kann. Es ist niemand da, dem ich so richtig vertraue. Oder wenn es darum ging, eine Idee für ein Video zu entwickeln. Alles musste von mir kommen. Unsere Band ist darauf aufgebaut, gemeinsam mit Menschen kreativ zu sein, denen man vertraut. Ich habe gespürt, wie sehr ich die Meinungen der anderen schätze, und ich hoffe sie schätzen meine genauso. Außerdem macht gemeinsam auf Tour zu sein viel mehr Spaß. Ich möchte jetzt auch nicht zu negativ klingen. Ich habe es geliebt, dieses Soloalbum zu machen, und irgendwann werde ich auch noch eins machen. Aber wenn man etwas lange Zeit hat, dann fängt man an es als selbstverständlich anzusehen. Vielleicht haben wir alle diese einzigartige, besondere Verbindung die wir zueinander haben ein bisschen zu selbstverständlich hingenommen. 

Ich weiß nicht ob ihr das nachvollziehen könnt, aber ich finde ja, dass „Everything Else Has Gone Wrong“ sich irgendwie sehr entspannt anhört. Sowohl von der Produktion her, als auch von der Atmosphäre, die es vermittelt.

Ed: Oh, es ist definitiv ein viel entspannteres Album. Jeder von uns ist mit all den Erfahrungen, die er in der Zwischenzeit gemacht hatte im Hintergrund, zurück gekommen und ist viel entspannter an die ganze Sache ran gegangen. Sogar wie das Album aufgenommen wurde. Unsere Musik war zuletzt ziemlich elektronisch. Auf diesem Album hört man buchstäblich Menschen, die im selben Raum zusammen Musik machen. 
Suren: Wenn man wie wir unser voriges Album „So Long, See You Tomorrow“ gemacht haben vergleicht mit diesem Album, das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich glaube nicht, dass bei den Aufnahmen von „So Long, See You Tomorrow“ je mehr als zwei von uns gleichzeitig zusammen in einem Raum waren. Alles ist sehr individuell entstanden, jeder hat seine Parts für sich aufgenommen. Wir haben das Album selbst produziert und haben uns dabei ganz schön gehen lassen, vielleicht ein bisschen zu sehr. Dass wir dieses Mal so entspannt waren, hatte auch viel mit unserem Produzenten John Congleton zu tun. Er arbeitet sehr instinktiv, denkt nicht zu viel über die Dinge nach. Wenn der erste Take gut geworden ist sagt er oft: sehr gut, nehmen wir, weiter geht’s. Während wir da stehen und uns immer noch fragen, ob das jetzt wirklich gut so war (lacht). Auf die Art sind wir erstaunlich schnell vorangekommen. Und es ist etwas dabei raus gekommen, von dem ich denke dass es frischer klingt als das letzte Album. Die Arbeitsweise war sehr instinktiv.

Ed: Ich stimme in allem zu.

Du hast zum ersten Mal auch Songs beigesteuert, die du alleine geschrieben hast.

Ed: Es sind zwei Songs auf dem Album, die ich geschrieben habe. Sie waren ursprünglich nicht für Bombay Bicycle Club gedacht, ich hatte sie eigentlich für mein nächstes Soloalbum geschrieben. Die Band ist auf die Songs aufmerksam geworden, besonders Jamie, also haben wir sie benutzt. In ihrer Essenz haben sie zu dem gepasst, was wir mit dem Album ausdrücken wollten. Ich bin letztendlich auch nicht so festgelegt, wofür ich Songs schreibe. In den letzten vier Jahren habe ich sehr daran gearbeitet zu lernen Songs zu schreiben, und ich bin froh, dass sie ein Zuhause gefunden haben. Es war aber nichts worauf ich es bewusst angelegt habe, es hat einfach gepasst. 

Foto © Josh Shinner

www.bombaybicycle.club