Die Hauptstadt der Musik hat mal wieder das große Los gezogen: ein exklusives Showcase im kleinen Rahmen der derzeit am meisten gehyptesten Band. Alt-J im Lido. Die Klangkünstler haben sich mit ihrem neuen Album „This Is All Yours“ an neue Experimente gewagt und es hat funktioniert, erneut und erst recht ein Geniestreich. Einige der Tunes garantieren, dein Trommelfell vor Glück zum Tanzen zu bringen. Es klingt anders als Gewohntes, aber es hört und fühlt sich gut an. Tickets für diesen Special Event im Lido gab es nur zu gewinnen, es war die heiß begehrte Veranstaltung am Mittwoch Abend, bei der sich jeder einen Eindruck von der Liveshow der drei Musik-Nerds aus Leeds machen wollte. Alt-J’s letzte intime Show bevor es um die Welt geht und größere Hallen erobert werden.
So kommt es, dass die Menge im Lido, die es auf die Gästeliste geschafft hat, dankbar und unheimlich entspannt ist und sich glückselig zu den Art Rock Sounds bewegt, die von Joe Newman, Gus Unger-Hamilton,Thom Green und dem neuen Gitarrentoursupport auf der Bühne produziert werden. Alt-J schaffen es, ihren vielschichtig arrangierten Sound auch live als symbiotisches Ganzes zu präsentieren. Nur das Genie beherrscht das Chaos. Genies sind hier wahrhaft am Werk.
Die Show beginnt mit „Hunger Of The Pine“, der Song mit dem Miley Cyrus Sample aus der Maschine. Jeder Sound sitzt perfekt, man konzentriert sich auf einen, dann überrascht der nächste, der einen weiter dahinträgt, tranceartig. Es fühlt sich an wie eine merkwürdige, meditative Zeremonie, in der die Menge mit geschlossenen Augen die Songs mitmurmelt.
Bei „Interlude I (The Ripe & Ruin)“ passiert ein symphatischer Patzer und Gus und Joe müssen das A Capella unterbrechen. Sie lachen, gemeinsam mit dem Publikum, was freudig über die Unterbrechung des Perfektionismus reagiert. Hätte man sich vorher noch über die fehlende Interaktion mit dem Publikum beschweren können, wirken die Jungs direkt zugänglicher, was direkt vom Applaus der Menge willkommen geheißen wird. Gus kündigt kurz mit wenigen Worten einige Songs an, es werden keine Geschichten zwischendurch erzählt, die Musik spricht eben den ganzen Abend für sich. Zu Anfang wirken die vier Musiker noch etwas starr, aber bei Alt-J geht es eben um jedes kleinste Detail. Hoch konzentrierte Gesichter, hier und da ein verschmitztes Grinsen von Joe Newman, dessen leuchtende Tennissocken mit Hanfblattaufdruck Aufmerksamkeit erregen, die nervöse Anspannung bei Thom Green, perfekte Handgriffe von Gus Unger-Hamilton. immer mal gibt es ein dankbares Lächeln über die Reaktion des Publikums. Der einzigartige, nasale Gesang von Joe ist einnehmend und brilliant.
Absolute Highlights sind die zwei aufeinanderfolgenden Songs aus der Nara-Trilogie, das zum Mitsingen anregende „Mathilda“ und das sexy „Every Other Freckle“.
„Breezeblocks“, der letzte Song der Zugabe, komplettiert einen perfekten Abend, so dass sich Band sowie Publikum gegenseitig die Songline „Please don’t go I love you so“ mantraartig entgegen singen. Fast anderthalb Stunden pure Glückseligkeit.
War dabei: Christina Heckmann