
Beim diesjährigen SWR3 New Pop Festival in Baden-Baden steht die aufstrebende Soul-Pop-Künstlerin Vella auf derselben Bühne, auf der vor 21 Jahren ihr Idol Amy Winehouse aufgetreten ist. Entdeckt wurde sie ursprünglich auf TikTok, heute ist sie eine Vollblut-Songwriterin, die Soul, Pop und Rock miteinander verbindet. Kurz vor der Veröffentlichung ihres Debütalbums spricht Vella mit uns über ihre Reise von den Kindheitsbühnen zum viralen Erfolg, die Kraft des Songwritings und darüber, was Fans von ihrem bisher persönlichsten Werk erwarten dürfen.
Hey Vella! Ich freue mich sehr auf dieses Gespräch. Lass uns ganz an den Anfang zurückgehen: Wie und wann bist du eigentlich zur Musik gekommen? Und wann war dir klar, dass es mehr ist als ein Hobby und du es wirklich beruflich machen willst?
Ich habe mit sechs Jahren angefangen zu singen. Einer der Ersten, der das bemerkt hat, war mein Vater, der Musiker ist und Klavier spielt. Wir haben sogar gemeinsam Videos aufgenommen und sie auf YouTube gestellt. Ich erinnere mich noch so lebendig daran – schon damals wusste ich: Das ist es, was ich mein Leben lang machen will. Außerdem war ich Teil einer Tanzgruppe. Das hat mir wahnsinnig geholfen, auf der Bühne sicher zu werden. Da habe ich gedacht: „Ja, ich will vor Tausenden, vielleicht Millionen von Menschen weltweit auftreten.“ Auf der Bühne zu singen fühlt sich für mich einfach selbstverständlich an. Dass ich das tun darf, ist ein riesiges Geschenk.
Schön – du hast deinen Traum früh erkannt und ihn dir erfüllt!
Ja. Ich bin wirklich dankbar für das Fundament, das ich durch meinen Vater und durch die Gruppe hatte. Schon so früh Erfahrungen zu sammeln, hat einen riesigen Unterschied gemacht.
„Jetzt erzähle ich meine Geschichte, jetzt teile ich meine Gefühle, damit sich Menschen darin wiederfinden können.“
Dein großer Durchbruch kam über TikTok. Erst hast du Coversongs hochgeladen, dann deine eigenen Songs. Wie hat sich dieser Wechsel für dich angefühlt – plötzlich deine eigene Musik mit der Welt zu teilen?
Es war einfach unglaublich. Ich liebe es, meine Gefühle mit allen zu teilen, die zuhören. Songwriting war für mich ein Safe Space, den ich vorher nicht hatte. Als ich dann diese Plattform hatte, habe ich entschieden: Jetzt erzähle ich meine Geschichte, jetzt teile ich meine Gefühle, damit sich Menschen darin wiederfinden können. Ich wollte, dass meine Musik verbindet und inspiriert. Dieser Schritt hat sich wie ein Befreiungsschlag angefühlt. Er hat mir eine Möglichkeit gegeben, Dinge auszudrücken, die ich durchlebt habe – und gleichzeitig Räume für andere zu öffnen, die sich darin wiedererkennen: „Oh mein Gott, das kenne ich. Das bin ja ich.“
Du hast viel positives Feedback über Social Media bekommen. Aber bedeutet der Blick auf Klickzahlen oder Streams nicht auch großen Druck?
Ich versuche das auszublenden. Man kann sich da schnell verlieren und anfangen zu zweifeln: Warum hat dieses Video nicht funktioniert? Bin ich nicht gut genug? Diese Gedanken bringen nichts, also halte ich mich fern davon. Solange ich singen und meine Stimme zeigen kann, ist das alles, was zählt. Zahlen können dich in einen richtig schlechten mentalen Loop ziehen – das vermeide ich.
Lass uns über Songwriting sprechen. Du bist sehr involviert – wie läuft dein Prozess ab? Fängst du mit einer Melodie an, mit Text oder mit einem Gefühl?
Meistens beginnt es auf zwei Arten: Entweder habe ich eine Melodie-Idee oder eine Inspiration – ein Gefühl, ein Konzept, das ich ausdrücken will. Habe ich zuerst die Melodie, frage ich mich: Welches Gefühl passt dazu? Habe ich ein Gefühl, höre ich darauf, was meine Stimme mir dazu sagt. Es ist immer ein Hin und Her zwischen Melodie und Bedeutung. Steht die Melodie, finde ich die Worte, die sie tragen.
Hast du eine Lieblingszeile aus einem deiner Songs?
Es gibt viele, aber eine fällt mir sofort ein. Sie stammt aus der einzigen Ballade auf meinem kommenden Album, die ich mit meinem Freund Ben Weiland geschrieben habe. Die erste Zeile lautet: „You can give me a handful of dead roses, but I would still keep running back to you.“ Es geht darum, jemandem treu zu bleiben, der dich schlecht behandelt – alles zu geben, obwohl du weißt, dass du nicht das Gleiche zurückbekommst. Diese Zeile packt all diese traurige Hingabe in ein kleines, kraftvolles Bild.
„Emotional war es eine große Herausforderung, weil ich mich sonst oft als starke, selbstbewusste Frau präsentiere – Female Empowerment, Mauern hoch.“
Sehr stark – das transportiert viel. Apropos Album: Was kannst du uns darüber verraten? Wann erscheint es und was erwartet uns?
Es erscheint schon bald – am 26. September! Ich bin wahnsinnig aufgeregt. Dieses Album ist ein Stück meines Herzens. Emotional war es eine große Herausforderung, weil ich mich sonst oft als starke, selbstbewusste Frau präsentiere – Female Empowerment, Mauern hoch. Aber dieses Album hat mich gezwungen, verletzlich zu sein: Traurigkeit, Wut, Angst. Heraus aus der Komfortzone. Dabei habe ich gelernt, wie viele Emotionen ich eigentlich aufschreiben kann. Die Songs hängen alle zusammen, aber sie zeigen verschiedene Facetten: Eine Midtempo-Ballade, ein Uptempo-Song über dieselbe Person, aber mit anderer Stimmung. Das Album ist wie ein Stammbaum voller Geschichten. Man muss es nicht von vorne bis hinten hören, um es zu verstehen, alles verbindet sich auf unterschiedliche Weise.
Also hast du dich verletzlich gezeigt…
Absolut. Es ist ein neues Kapitel, und ich freue mich, dass die Leute diese Seite von mir kennenlernen. Ich bin stolz, aber auch ein bisschen ängstlich, weil es so anders ist als das, was ich bisher veröffentlicht habe.
Wie würdest du deinen Musikstil beschreiben? Deine Stimme ist sehr soulig, aber du hast dich in den verschiedensten Genres versucht. Wie bringst du das alles zusammen?
Ich würde sagen: Soul-Pop mit einem Hauch Rock und einer gewissen Kante. Soul ist meine Basis – ich bin mit starken Stimmen wie Tina Turner, Janis Joplin, Amy Winehouse und anderen aufgewachsen, die Soul und Rock verbunden haben. Meine Stimme hat dieses raue Timbre, das gut zu Rock passt, aber ich liebe es auch, die weichen, Falsetto-artigen Seiten zu zeigen. Die Balance aus Kraft und Zartheit ist mir wichtig – genau das liebe ich.
Und diese Balance hilft sicher auch bei Live-Auftritten?
Genau. Auch die Stimme braucht Pausen. Wenn du nur Power-Songs singst, bist du irgendwann kaputt. Ich habe das schon erlebt, dass ich nicht darauf geachtet habe und meine Stimme verloren habe. Midtempo-Songs und Balladen zwischen den kraftvollen Songs machen ein Set nachhaltiger und spannender.
Wie fühlt es sich für dich an, deine Songs live zu performen?
Für mich ist Live-Spielen absolut selbstverständlich, weil ich auf der Bühne groß geworden bin. Ein einstündiges Set? Der Himmel! Je länger ich auf der Bühne stehe, desto wohler fühle ich mich. Wenn mir jemand kurzfristig sagen würde: „Spiele jetzt sofort ein einstündiges Konzert“, wäre ich sofort bereit. Die Leute fragen oft, ob ich nervös bin. Klar, ich habe ein bisschen Lampenfieber, aber es fällt mir leicht, weil es mein Lieblingsort ist. Live zu performen ist das Schönste auf der Welt.
Heute Abend spielst du im Rahmen des SWR3 New Pop Festivals in einer der schönsten Locations überhaupt, dem Theater Baden-Baden. Was dürfen wir erwarten?
Viele Emotionen, starke Vocals, eine kraftvolle Show – und die Gelegenheit, mich als Künstlerin wirklich kennenzulernen. Ich freue mich sehr darauf.
Wir sind gerade in Deutschland – was fällt dir als Erstes dazu ein?
Definitiv Schnitzel und Bier (lacht). Aber auch die Architektur – die Gebäude hier sind wunderschön. In den USA sieht man oft bunt gemischte Blöcke, aber hier wirken die Häuser eindrucksvoller. Und mir fällt der Style der Leute auf, besonders in Städten wie Berlin – die Mode inspiriert mich.
„Lass dir nicht reinreden. Mach, was sich richtig anfühlt, und sei so echt wie möglich.“
Wenn du an die Zukunft denkst: Was steht neben dem Album noch an? Planst du eine Tour oder arbeitest du an weiteren Projekten?
Ich arbeite bereits an einem neuen Projekt, und es wird definitiv weitere Shows in Europa geben – darauf freue ich mich riesig. Aber erstmal freue ich mich auf heute Abend.
Welchen Rat hast du auf deinem Weg bekommen, der dir am meisten geholfen hat?
Vor allem zum Thema Social Media habe ich einen guten Rat bekommen: Kümmere dich nicht darum, was andere denken. Wenn du deine Musik promotest, Videos postest, deine Stimme teilst: lass dir nicht reinreden. Mach, was sich richtig anfühlt, und sei so echt wie möglich. Wenn ich das beherzige, wachse ich am meisten. Konstruktive Kritik ist super – aber sinnloser Hate? Weg damit. Mach dir keine Gedanken um deinen Körper, dein Aussehen oder darum, wer du sein sollst. Veröffentliche Musik, die du liebst. Nur das zählt.
Du bist noch sehr jung und schon an diesem Punkt… das ist beeindruckend!
Ja, ich war schon in Headspaces, in die ich besser nicht geraten wäre. Aber zu lernen, gute Kritik anzunehmen und den Rest zu ignorieren, hat mir geholfen, ganz bei mir anzukommen.
Eine letzte Frage: Welcher Song läuft bei dir gerade auf Dauerschleife?
Da gibt es viele – es fällt mir schwer, mich auf einen festzulegen (lacht). Aber momentan höre ich ständig einen Song von einer Band namens Odyssey. Er heißt „Our Lives Are Shaped by What We Love“. Den spiele ich rauf und runter.
Da werde ich definitiv reinhören. Vielen Dank für das Gespräch. Und alles Gute fürs Konzert!
