
Für ein paar Stunden kam an diesem Dienstag Abend in Berlin zu Ehren von Fontaines D.C. tatsächlich die Sonne raus. Nachdem es den ganzen Vormittag, wie die meisten Tage in diesem zum Glück noch jungen August, Bindfäden geregnet hatte, konnte das nicht als selbstverständlich hingenommen werden. Und vielleicht trug das Wetter auch seinen Teil zu der begeisterten, gelösten Atmosphäre bei, die an diesem Abend in der Berliner Zitadelle herrschte. Wir dürsten alle nach ein wenig Sommer, und wie könnte man den besser feiern als mit Livemusik unter freiem, trockenem Himmel.
To be fair, Fontaines D.C. hätten ihr Publikum wahrscheinlich auch bei strömendem Regen im Griff gehabt. Die irische Band erfreut sich inzwischen einer nahezu religiösen Fangemeinde. Und es gibt auch nichts daran zu rütteln, dass Frontmann Grian Chatten und seine Kollegen zu den wenigen klassischen Rockbands der letzten Jahre gehören, die sich nach und nach das Potential erspielt haben, viele Menschen vor großen Bühnen zu vereinen. Und das ohne große, persönliche Ansprache – Chatten ist vielleicht der wortkargste Frontmann der jüngeren Musikgeschichte.
Selbst für die inzwischen bekannte Pro Palästina Haltung der Band bedarf es an diesem Abend keiner großen Worte. Bis auf die über die Keys drapierte Flagge übernimmt das meiste davon das Publikum selbst, während Chatten die „Free, free Palestine“ Rufe schweigsam mit dem Pochen seines Mikrofonständers untermauert. „Dann nehmt doch die Flüchtlinge bei euch auf!“ ruft eine Frau irgendwann von weiter hinten. Darüber hinaus bleibt es beim friedlichen Konsens. Direkt neben mir, versonnen mitsingend, steht Greta Thunberg.
Es ist aktuell eines der großen Streitthemen auf Social Media, ob Artists ihre Reichweite dazu nutzen müssen, sich zu positionieren. Beim Glastonbury Festival war zuletzt die Diskussion, wer sich wie geäußert hat und wer gar nicht, fast schon präsenter als der Diskurs über die Qualität der Performances an sich. Wichtig und richtig ist, dass der Raum offen ist und auch so bleibt. Fontaines D.C. haben an diesem Abend bewiesen, dass es möglich ist.
Und zum Thema „Qualität der Performance“: am Ende sind es diese verdammt guten Songs, wegen der wir alle gekommen sind. Und die druckvolle Energie, mit der Fontaines D.C. sie darbieten. Es ist mit Sicherheit nicht die Zeit für puren Eskapismus, in der wir uns aktuell befinden. Aber es geht auch genauso wenig ohne das Gefühl, für ein paar Stunden aus dem eigenen Kopf heraus zu rutschen. Fontaines D.C. gehören zu den Bands, die dafür den Soundtrack liefern – bedeutsam und mitreißend zugleich.
Gleiches gilt übrigens auch für SPRINTS, die ebenfalls irische Vorband an diesem Abend. Die macht sich auch ganz hervorragend auf einer Bühne von der Größe wie der, die sie für Fontaines D.C. warm spielen durften.






