Fußball, Musik oder Schweine kastrieren? Ein Interview mit der Band „The Blue Van“

Der „Blue Van“ ist in Dänemark ein Transportauto, das geistig kranke oder verwirrte Menschen von zu Hause abholt und in die Nervenheilanstalt bringt. Steffen, Sören, Allan und Per von der dänischen Rockband The Blue Van wirken jedoch weder besonders verrückt noch irgendwie verwirrt. Sehr entspannt fläzen sie in ihrem Apartment in ihre Bettdecken eingewickelt vor dem Fernseher und gucken „Sponge Bob“, als wir sie in Berlin zum Gespräch treffen.

Seit wann gibt es The Blue Van? Ich habe gehört, dass Ihr sehr früh angefangen habt.

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Von links: Per, Allan, Steffen und Sören von The Blue Van

Steffen: Ja, als wir zwölf waren. Da haben wir aber nur ein wenig herum probiert, versucht herauszufinden, wie man Instrumente spielt. Eine richtige Band sind wir erst ein paar Jahre später geworden.

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, Musiker zu werden? Ihr seid ja alle, wie ich weiß, nicht unbedingt vor einem musikalischen Hintergrund aufgewachsen.

Sören: Wir kommen aus einer sehr kleinen Stadt, da ist die Auswahl an dem, was Du machen kannst, nicht so groß. Du kannst nach der Schule entweder Fussball spielen oder auf einer Farm arbeiten. Allan hat sogar eine Zeit lang Schweine kastriert. Das waren alles aber keine wirklich guten Alternativen, also haben wir angefangen, uns im Keller meiner Oma zu treffen und Musik zu spielen. Sie war komplett taub und hat sich nicht daran gestört. Wir haben uns das nicht ausgedacht, es ist die Wahrheit.

Allan: Als unser Schlagzeuger mit seiner Familie umgezogen ist brauchten wir einen neuen. Es gab keinen anderen in der Gegend außer Per, also ist er zu uns gestoßen. Ab da gab es The Blue Van dann wirklich. Die Kleinstadt, in der Sören und ich groß geworden sind, hat nur 200 Einwohner. Per kommt von einer Farm, da gab es niemand anderen als seinen Vater, seine Mutter und seine zwei Schwestern. Er hat dort jeden Morgen die Kühe gemolken. Steffen ist derjenige, der aus der Großstadt kommt.

Steffen: Ja, dort wo ich herkomme gab es immerhin 800 Einwohner.

Sören: Wir wussten, einen guten Leadsinger finden wir nur in der Großstadt (lachen).

Ich bin selbst in Bayern auf dem Land groß geworden, allerdings in einer Kleinstadt mit knapp 15 000 Einwohnern. Das fand ich schon sehr klein und wollte immer in die Großstadt. Wie ist es, wenn man in so einer kleinen Gemeinde aufwächst?

Allan: Man trifft jeden Tag auf der Straße die gleichen Leute und grüßt jeden. Als ich anfing mir die Haare wachsen zu lassen, haben mich die alten Damen auf der Straße plötzlich nicht mehr gegrüßt. Heute aber freuen sie sich, wenn wir nach Hause kommen, weil sie in der Zeitung über uns gelesen haben.

Wie war es dann für Euch, dort rauszukommen?

Per: Wir haben zu Hause gelebt bis wir 21 waren. Dann sind wir gemeinsam nach Kopenhagen gezogen und von dort nach New York. Das war schon ein ziemlicher Sprung, sehr überwältigend.

Eure Alben habt Ihr aber in Deutschland aufgenommen, in Hamburg genauer gesagt. Wie ist es dazu gekommen?

Per: Wir haben einen deutschen Manager, der in Dänemark lebt. Er hatte Kontakte nach Hamburg. „Man Up“ haben wir dort auch wieder aufgenommen, Hamburg ist inzwischen so etwas wie eine zweite Heimat für uns.

„Man Up“ ist euer drittes Album. Das magische dritte.

Per: Das „magische dritte“? (lacht) Im Gegensatz zum „harten zweiten“?

Na ja, man sagt doch immer, die erste Platte ist die aufregendste, die zweite die schwierigste. Wenn man über die hinauskommt, hat die dritte etwas Magisches.

Steffen: Das stimmt. Die zweite war in der Tat die schwierigste. Sie war nicht so erfolgreich, wie wir es gehofft hatten. „Man Up“ ist jetzt in der Tat „das magische Album“, weil wir damit zum Beispiel zum ersten Mal ins dänische Radio gekommen sind. Einige unserer Songs sind in amerikanischen Fernsehshows und in Werbespots gelaufen. Mit „Man Up“ haben wir genau das erreicht, was wir uns gewünscht haben. Mal sehen, wie es jetzt mit dem vierten Album wird. „Man Up“ ist in Dänemark ja bereits vor fast 1 ½ Jahren raus gekommen.

Einer der Songs des Albums heißt „I’m A Man“, das Album ja „Man Up“. Ist das ein Thema für Euch, wie es ist heutzutage ein Mann zu sein?

Steffen: Oh ja, wir haben da ein ernsthaftes Problem mit (großes Gelächter). Nein, Blödsinn, richtig ernst gemeint ist das natürlich nicht. Bei „I’m A Man“ ging es uns mehr darum, einen richtig altmodischen Blues Song zu schreiben, da passte der Text einfach gut dazu. In „Man Up“ geht es weniger um das Mann sein an sich. Das ist mehr ein Ausdruck, den man zu jemandem sagt, der die ganze Zeit herum jammert und sich beschwert: „Man Up – Reiß Dich zusammen!“

Sören: Außerdem passte der Titel ganz gut zu unserer damaligen Situation. Wir waren gerade aus den USA zurück gekommen, und unser amerikanisches Label war pleite gegangen. Uns ging es nicht viel besser, wir mussten mehr Steuern bezahlen als wir Geld hatten und haben am Ende wieder zu Hause bei unseren Eltern gewohnt. Es war eine Zeit, in der einfach nicht klar war, ob und wie es mit uns weitergeht.

Ihr macht nun schon so lange Musik, wie habt Ihr Euch musikalisch über die Jahre verändert?

Allan: Als wir unser erstes Album aufgenommen haben, wollten wir, dass es klingt wie eine Live-Platte. Bei „Man Up“ sind wir diesmal anders vorgegangen, wir haben zuerst das Schlagzeug aufgenommen und alles andere darüber gelegt.TBV_IMG_0246_color ny

Per: Beim ersten Album waren wir noch viel engstirniger. Wir wollten einfach nur wie The Kinks klingen. Bei „Man Up“ haben wir viel mehr zugelassen.

Steffen: Unser erstes Album klang damals total trashig. Das zweite war eher ruhig. Bei „Man Up“ wollten wir einfach, dass es richtig gut klingt, wenn man es auf der Stereoanlage voll aufdreht. Keine Kompromisse, haben wir uns diesmal gedacht. Einfach die beste Platte, die wir machen können. Wir haben viel gelernt, als wir „Man Up“ aufgenommen haben.

Per: Dafür sind wir in die alte Farm meiner Großeltern gezogen, die zwei Jahre lang leer gestanden hatte. Wir haben einfach das wichtigste repariert, zwei Wochen dort gelebt und das Album aufgenommen.

Das Ergebnis kann sich hören lassen. „Man Up“ von The Blue Van erscheint diesen Freitag, den 5. März nun auch ein uns in Deutschland. Wir wünschen den vier Jungs ganz viel Erfolg damit!

www.thebluevan.com

www.myspace.com/thebluevan