Interview mit Die Heiterkeit – Believe The Hype

Beim diesjährigen Berlin Festival haben wir mit Die Heiterkeit aus Hamburg über ihr Erfolgsrezept gesprochen und dabei von Stella, Stefanie und Rabea einiges über Zufall, Look und Unverbiegbarkeit gelernt. Pünktlich zum Tourstart möchten wir Euch das Gespräch nicht länger vorenthalten!

Ihr seid gerade erst von der Bühne des Berlin-Festivals gekommen und hattet dort einen relativ schwierigen Slot, gleichzeitig mit Of Monsters And Men und dazu auch noch am frühen Nachmittag. Wie war’s?

Die Mädels lachen.

Rabea: Also, wie du gerade schon meintest, um 15 Uhr zu spielen macht glaub ich nie so hundertprozentig Spaß, grenzwertig war’s, aber naja, es waren ja immerhin ein paar Leute da, wir haben schon befürchtet, dass niemand da unten steht.

Ihr bekommt ja im Moment unglaublich viel Aufmerksamkeit von der Musikpresse und das so ziemlich von heute auf morgen. Traut ihr dem?

Stella: Ja, ich glaub für uns ist es mehr gewachsen, als man es von außen sieht. Wenn man da selber drin steckt, merkt man ja, dass die Leute schon darüber geredet haben, bevor wir überhaupt irgendwas gemacht haben. Man merkt da dann nicht so den Unterschied ob jetzt zehn Leute darüber reden oder hundert. Man kriegt ja immer nur die eine Person mit, die gerade darüber schreibt.

Aber woran liegt es denn, dass auf einmal jeder deutsche Musikjournalist Die Heiterkeit feiert? Was ist an euch so toll?

Stella: Unsere Persönlichkeit. (Lachen)
Rabea: Wir sind einfach nett.
Stella: Und gutaussehend

Aber hat es denn auch was damit zu tun, dass ihr euch von den anderen aktuellen deutschen Acts doch relativ stark abhebt?

Stella: Es liegt daran, dass wir eigentlich nichts können.
Rabea: Es liegt schon so ein bisschen am anders sein, würde ich sagen. Es ist nicht so das gewöhnliche, was man sonst von irgendwelchen Pop-Akademien gewohnt ist, weil wir eben selbst machen, was wir machen wollen. Das scheinen die Leute irgendwie zu mögen.

Euer Album heißt ja Herz aus Gold. Habt ihr eins? Liegt das daran, dass ihr so verflucht unnahbar seid?

Stella: Weiß ich nicht, also, wir sind halt ganz nett. Und unser Herz ist bestimmt sehr groß, größer als bei anderen Bands und eben Gold.
Rabea: Ja, und wir haben ja auch den Song „Auf dem Gipfel des Erfolges“ auf dem Album. Da gibt es eine Zeile „Mein Herz ist aus Gold, vielleicht, es ist aus Silber, auf jeden Fall“, und vielleicht wird aus dem „mein Herz ist aus Gold, vielleicht“ kein vielleicht mehr, wenn man sich den Albumtitel verinnerlicht, sondern…
Stella: Wir wollten uns selbst überzeugen damit. Also es ist nicht vielleicht aus Gold, sondern tatsächlich.

Ihr habt eben gesagt, ihr macht das, was ihr machen wollt. Was sind denn noch so Träume, die ihr gerne verwirklichen würdet?

Stella: O2-World ausverkauft

Ironie lässt sich später schwer rauslesen.

Stefanie: Man guckt halt, was passiert. Wir machen ja das, was wir wollen, gerade schon. Wir hatten ja keinen Masterplan oder so, sondern haben einfach das gemacht, was wir wollten, und versuchen das, so gut es geht, einfach durchzusetzen wie wir es haben wollen und was da jetzt noch kommt muss man halt sehen. Es gibt kein bestimmtes Ziel, wo wir hin wollen, sondern wir wollen uns einfach treu bleiben und machen, was wir wollen.
Rabea: Ja, ich glaub es ist insgesamt so ein Selbstläufer. Wir haben nicht unbedingt Ziele und denken uns nicht, wir wollen jetzt irgendwie in einem Jahr das und das geschafft haben und so und so viele Alben verkauft haben, sondern wir gucken halt erst mal, was passiert.

Wenn ihr euch im deutschen Musikumfeld so umschaut, was habt ihr für ein Gefühl, wie die deutsche Band 2012 sein muss, um erfolgreich oder gut zu sein?

Stella: Ich glaube Selbstbewusstsein. Man darf halt nicht so duckerisch sein, sich selbst die ganze Zeit erniedrigen, indem man die ganze Zeit versucht, sich irgendwo ran zu hängen und irgendwo Support zu spielen, sondern man muss einfach das Selbstbewusstsein haben, das man eben sagt, machen wir halt nichts anderes, wir können auch nichts anderes und nicht so dieses Mitläufertum.
Stefanie: Man sollte keinen anderen Erfolgsrezepten hinterher laufen, man muss halt eben so bei sich bleiben. Das macht ja auch die Masse der Sachen, es soll ja auch alles verschieden sein. Wenn man sagt, so und so mⁿsst ihr das machen und so und so wollen wir das haben, dann ist es ja wieder gleich und das will man ja nicht.

Welche Bands aus Deutschland machen es denn richtig?

Stella: Wir! (Lachen) Naja, Tocotronic gibt’s schon ziemlich lange, die müssen irgendwas richtig gemacht haben.
Rabea: Ja, ich weiß nicht, das ist ja auch so eine weit gefasste Frage, also alle Bands, die man kennt, müssen ja irgendwas richtig gemacht haben.
Stella: Ja, Panik. Die machen alles richtig.
Rabea: Und Fehlfarben irgendwie auch, die gibt’s auch schon lange.

Kann eine Band aus Hamburg überhaupt scheitern?

Stefanie: Das will man natürlich nicht wahrhaben, aber ich glaube das hilft schon, wenn man die Musik macht, die wir machen. Dann liegt auf der Hand, dass man die Leute in Hamburg eher trifft, als anderswo. Aber es reicht nicht aus, nur aus Hamburg zu kommen, um erfolgreich zu sein.
Stella: Schaden tut’s auf jeden Fall nicht.
Stefanie: Es ist schon ein Unterschied, ob man sagt, man kommt aus Braunschweig oder aus Hamburg.
Rabea: Die Erwartungshaltung kann aber auch hinderlich sein. Wenn man schlecht ist und aus Hamburg kommt leidet die ganze Stadt mit.

Ruft ihr euch morgens untereinander an, um euch daran zu erinnern, dass ihr schwarze Sachen anzieht?

Stella: Ne, wir haben auch manchmal andere Farben an. Blau zum Beispiel oder Weiß. Rabea ist halt die einzige, die Weiß tragen kann, weil sie so braungebrannt ist.

Das „Manchmal“ findet aber eher selten auf der Bühne statt, oder?

Stefanie: Wir werden das öfter gefragt, aber wir sind vorher schon so rumgelaufen und ändern das jetzt nicht, weil wir auf der Bühne stehen.
Stella: Bei mir ist das auch immer ne praktische Sache. Ich bin so blass, dass ich kaum Farben tragen kann, ohne dass ich aussehe wie der wandelnde Tod.

Drei Mädchen zusammen unterwegs: Geht das gut?

Stefanie: Gab’s noch nicht, damit haben wir aber auch noch nicht so viel Erfahrung, so lange sind wir ja noch nicht zusammen unterwegs und allzu lange auf Tour waren wir auch noch nicht.
Rabea: Man weiß ja dann auch schon, wenn eine Person das und das sagt, dann ist sie nicht gut drauf, dann lässt man sie besser in Ruhe. Dann kann man das irgendwie so, sich aus dem Weg gehen.
Stefanie: Das ist ja auch eine Frage von gegenseitigem Respekt, wenn man sich gegenseitig einschätzen kann

Wie habt ihr euch kennen gelernt?

Stella: Stefanie und ich haben uns in einer Bar kennengelernt und Rabea und ich…
Rabea: Schon über die Musik so ein bisschen, also zumindest…

Und es war dann direkt klar, dass ihr zusammen Musik machen wollt?

Stefanie: Ja. Zuerst haben wir zu zweit Musik gemacht, Stella und ich, also haben ausprobiert, wie sich das anhört und dann kam Rabea relativ schnell dazu und wir haben gleich gemerkt, dass funktioniert relativ gut.

Wenn ihr jetzt eine neue Platte machen würdet, was würdet ihr im Vergleich zu „Herz aus Gold“ anders machen?

Stella: Ja, also wir haben ja schon vor einem Jahr aufgenommen. Natürlich haben wir uns dann durch das ganze Spielen weiterentwickelt, sodass man heute auf andere Sachen mehr Wert legen würde, als damals, aber nur Kleinigkeiten.
Stefanie: Ne, aber nichts großartig anders, würde ich sagen.

Das sehen offenbar auch alle anderen so. Ist der Hype vielleicht ein bisschen übertrieben?

Stella: Gar nicht, es gibt unter jedem guten Kommentar direkt so Hasskommentare, das ist manchmal ziemlich krass. Da muss man nur mal bei Zeit-Online gucken. Da sind 66 Kommentare, drei sind gut und der Rest ist richtig hassgeladen. „beleidigend für Deutschland“ oder „Ein Paar Titten machen noch keine Musik“, das war so ziemlich der Gipfel von allem.

Die Heiterkeit auf Tour:

10.10.2012: Berlin, Monarch
19.10.2012: Köln, King Georg
27.11.2012: Nürnberg, Club Stereo
28.11.2012: Stuttgart, Schocken
29.11.2012: München, Feierwerk
30.11.2012: Wien, B72
9.12.2012: Rees-Haldern, Haldern-Pop-Bar
10.12.2012: Frankfurt am Main, Mousonturm

Interview: Lara Muhn
Foto: Timmy Hargesheimer