Gehört: Gentlemen & Assassins „Mother Says We’re Innocent“

Während Amanda Palmer in allen Ohren liegt, kann man sich ja auch mal schauen, was die andere Hälfte der Dresden Dolls, Brian Viglione, macht. Eine Sache, die er in den letzten Jahren gemacht hat, ist, zusammen mit Sxip Shirey und Elyas Khan eine Band namens Gentlemen & Assassins zu gründen. Vor kurzem ist ihr erstes Album „Mother Says We’re Innocent“ erschienen, dass wie bei Amanda Palmer über Kickstarter finanziert wurde.

Es ist schon gut zwei Jahre her, dass wir euch Sxip Shirey hier vorgestellt haben und wenigstens versucht haben, seinen Sound zu erklären (hier und hier). Er erschafft Geschichten, die ohne Text auskommen und seine Tinte ist ein Haufen mitunter merkwürdiger Instrumente wie eine dreifach Penny Whistle, diverse Glocken, Glasschüsseln mit Murmeln und Fahrradklingeln. Im ersten Moment klingt das wie eine gruselige Geräuschkulisse, aber Sxip gelingt es daraus überaus interessante Musik zu schaffen. Zusammen mit Elyas Khan und Brian Viglione wird dem Ganzen eine Art Folk Rock Punk Rahmen gegeben.

Der Gesang, die Stimme, von Elyas ist sehr schwer zu beschreiben – sie ist mit niemanden wirklich vergleichbar. Er ist geboren in London mit Wurzeln in Indien und irgendwann nach New York gezogen. Er hat der Punkszene angehört. All das vereint sich in seiner Stimme. Oder wie man auch lesen kann: „melted fucking chocolate over bourbon„ – eine bessere Beschreibung findet man nicht. Die passenden Wörter müssen erst noch erfunden werden oder anders gesagt: man muss sich selber ein Bild davon schaffen. Neben seiner Stimme spielt er wahlweise Bass oder Gitarre.

Jeder von ihnen bringt etwas unnachahmliches mit und daraus kreieren sie einen einzigartigen Sound. Ihre Musik ist nicht alltäglich. Der Gedanke, dass man die Melodien schon mal irgendwo gehört hat, kommt nicht auf und das ist schon fast eine Seltenheit in der heutigen Zeit. Bei „Grandpa Charlie“ zum Beispiel hört man durchaus die Referenz an eine Zeit als unsere Großeltern noch jung waren, aber es ist eben nur eine Referenz und kein Kopieren der Melodie von damals. Manchmal kann ich förmlich sehen wie er durch die Straßen von New York wandert. Das moderne New York zeigt sich in der Rockversion von Sxips Song „I Live In New York City“. „Istanbul“ ist ebenfalls ursprünglich von Sxip und zeichnet ein Bild der Stadt, das auch funktioniert, wenn man noch nicht da war. Es zeigt eine Vermischung von Tradition und Moderne, die ein wenig im Konflikt zu stehen scheinen und doch nebeneinander existieren können. Ein paar Songs von Elyas‘ Band Nervous Cabaret wurden auch in einen neuen Mantel gehüllt, u.a. zwei meiner persönlichen Lieblingssongs „Instant Lady“ und „Mel Gibson“. Die Texte von Elyas zeigen auf seine ganz eigene Art auf was in der Welt vor sich geht und manchmal mit einem Augenzwinkern wie bei „Mel Gibson“.

„Mother Says We’re Innocent“ ist einfach eines der besten und faszinierendsten Alben, die dieses Jahr bisher zu bieten hatte. Ende der Woche kann man Gentlemen & Assassins live sehen – zwar kann Viglione selber nicht dabei sein, aber mit Romain Vincente gibt es einen würdigen Ersatz am Schlagzeug. Aus eigener Erfahrung heraus kann ich ihre Liveshows jedem nur wärmstens empfehlen, es sind wahre Soundexplosionen. Beide Konzerte sind in Berlin.

20. September, Wild at Heart

22. September, Knochenbox

Einen kleinen Eindruck gibt dieses Video einem Auftritt im letzten Jahr in Paris. Man beachte das Sxipenspiel – nur eines der faszinierenden Instrumente von Sxip Shirey:

https://gentlemen-assassins.com/

Gehört von: Dörte Heilewelt