Kitty, Daisy & Lewis Durham, das Geschwister-Trio aus London, fasziniert nicht nur durch seinen konsequenten Retro-Style, sowohl optisch als auch musikalisch, sondern auch durch seine Familienbande. Bei ihren Live-Auftritten werden die drei sowohl von Mutter als auch Vater auf der Bühne unterstützt, Vater Graeme Durham an der Gitarre und Mutter Ingrid Weiss am Kontrabass. Die Frage, wie man so viel geballte Familienpower auf die Dauer aushält, mag mit Sicherheit diejenige sein, die den Geschwistern am häufigsten in Interviews gestellt wird.
Unglücklich wirken die drei nicht, als wir in einer Kreuzberger Kneipe miteinander plaudern. Eher wie drei zum Teil noch recht frisch dem Teenager Alter entlaufene junge Erwachsene, die sich gern gegenseitig auf den Arm nehmen und noch lieber miteinander um die Wette kichern. Bezaubernde Zahnlücken. Und eine Haarpracht, die Pocahontas vor Neid erblassen ließe.
Ihr seid ja mit Musik aufgewachsen. Überall im Haus Instrumente, die ihr nach Herzenslust spielen durftet. Was waren eure Berufswünsche als Kinder? Oder wolltet ihr schon immer Musiker werden?
_Lewis: Dass wir Musiker geworden sind war eher ein Zufall. Es war nicht so, dass wir es geplant hatten und deshalb eine Band gegründet haben, wir sind einfach damit aufgewachsen, Musik zu machen, ganz natürlich.
_Daisy: Wir dachten immer, dass wir irgendwann normale Jobs machen würden, keiner wusste, dass wir als Band enden würden. Ich wollte immer Maskenbildnerin werden. Oder einfach in einem Büro arbeiten (kichert).
_L: (zu Kitty) Du wolltest immer Ägyptologin werden.
_Kitty: Ja. Irgendwann wollte ich auch Erfinderin werden, aber meine einzige Erfindung war eine Frosch-Leine (Gelächter).
_L: Ich wollte Archäologe werden.
Aber dann habt ihr einfach mal ein Album aufgenommen.
_L: Ja.
Und inzwischen bereits ein zweites. Hattet ihr andere, oder auch höhere Erwartungen an euer zweites Album?
_L: Wir wussten nicht wirklich, was wir taten. Irgendwann, als wir die Songs geprobt haben waren wir an einem Punkt, an dem wir sie einfach nur scheiße fanden. Wir wollten direkt aufgeben und nicht mehr weiter proben. Viele der Songs wurden aufgenommen, während wir sie geprobt haben. Ich glaube, wenn wir sie jetzt noch einmal aufnehmen würden, würden sie viel besser werden. Wir waren ziemlich unter Druck und wollten es einfach fertig kriegen. Jetzt, da wir sie ein paar mal auf der Bühne gespielt haben, haben sie mehr Form angenommen.
Im Gegensatz zu eurem ersten Album gibt es auf „Smoking In Heaven“ keinen einzigen Coversong.
_D: Wenn man seine eigenen Songs schreiben kann, gibt es irgendwann keinen Grund mehr, alte Songs zu covern. Der Grund, warum auf dem ersten Album hauptsächlich Coversongs waren ist, dass wir damit aufgewachsen sind, diese Songs zu spielen. Wir wussten, wie man sie spielt und es war die erste Idee, die uns kam, als wir uns daran gemacht haben, ein Album aufzunehmen. Beim neuen Album hatten wir ein bisschen Angst, weil im Vergleich zum ersten so viele neue Stile drauf sind. „Messing With My Life“ zum Beispiel hat einen völlig anderen Vibe. Mal sehen, wie es funktionieren wird.
Euch live spielen zu sehen ist eine wahre Freude. Ihr seid alle drei Multiinstrumentalisten, bei jedem Song werden quasi die Instrumente neu verteilt. Habt ihr jeder ein Instrument, dem ihr euch besonders verbunden fühlt?
_D: Sie sind alle anders. Es hängt sehr davon ab, in welcher Stimmung du bist. Wenn ich nicht müde bin und viel Energie habe, liebe ich das Schlagzeug. Aber wenn ich eher etwas faul bin, mag ich es, gemütlich auf dem Klavier zu klimpern.
Besonders faszinierend ist es zu erleben, was mit dem Publikum passiert in dem Moment, in dem du, Kitty, zur Mundharmonika greifst.
_K: Ja, ich spüre das. Es ist ein gutes Gefühl.
Kannst du dir erklären, was daran so besonders ist?
_K: Ich denke, es ist einfach die Art, wie ich sie spiele. Und der Sound ist so anders. Er legt sich über alles.
Gibt es denn jemanden, mit dem ihr wahnsinnig gern einmal zusammen arbeiten würdet?
_L: Die sind alle schon tot.
Die zeitgenössische Musikszene interessiert euch also gar nicht?
_L: Mich nicht.
_D: Es gibt immer wieder einzelne Songs, die ok sind. Aber nicht wirklich. Das ist alles fake, keine wahre Musik.
_K: Ich mag Lady Gaga.
Das war ein Scherz, oder?
_K: Ja.
_L: Aber wer weiß, vielleicht wäre es okay. Man weiß es nie. Ich finde, es klingt alles gleich. Aber wenn man so jemandem eine richtige Band gibt, ändert sich das Ganze vielleicht. Wenn man nicht ständig diese digitalen Aufnahmen hört.
_D: Ursprünglich ging es in der Musik um die Band als Ganzes. Selbst wenn es um eine einzelne Person ging, gab es dazu immer eine Band, die den Sound definiert hat und dafür gesorgt hat, dass es sich gut anhört. Heute geht es nur um Personen, die singen und um das, was sie an haben.
Welche Zeichentrickfigur würdet ihr gerne einmal sein?
_K: Gute Frage. Ich glaube ich wäre am liebsten William aus „William’s Wish Wellington“. Der mit den Zauberstiefeln.
_D: Ich glaube, es würde Spaß machen eine Weile bei den Schlümpfen zu leben.
_K: Oder Popeye.
Und wie geht es nun weiter mit Kitty, Daisy & Lewis?
_D: Jetzt werden wir erst einmal viel touren und hoffen, dass die Platte gut läuft. Dass wir uns ein bisschen in den Charts nach oben bewegen.
_K: Ein bisschen in die Charts vielleicht? (Gelächter)
Zum Abschluss möchte ich dir, Kitty, eine Frage ausrichten, die meine fünf jährige Tochter mich gebeten hat, dir zu stellen.
_K: Oh, cool.
Sie möchte gerne wissen wie lange es gedauert hat, bis deine Haare so lang gewachsen sind.
_L: Die sind doch unecht!
_K: Oh… die sind so gewachsen, ich habe sie einfach nicht abgeschnitten. Das ist wohl ein bisschen außer Kontrolle geraten.
Lewis kämmt Kittys Haare mit den Händen und präsentiert mir dabei noch einmal, wie lang sie sind.
_K: Wie lang das jetzt gedauert hat kann ich gar nicht sagen. Neulich habe ich sie erst wieder geschnitten. So lang wie jetzt habe ich sie ungefähr seit einem Jahr. Davor war es ein bisschen kürzer.
_L: Ja, aber die Frage war, wie lang es gedauert hat bis sie so lang waren?
_K: Nicht lang. Sie wachsen sehr schnell.
Das wird meine Tochter deprimieren, ihre Haare wachsen so langsam.
_K: Oh, das tut mir leid. Sag ihr, es hat ewig gedauert.
Interview: Gabi Rudolph
Fotos (c) Jens Herrndorff